Jabo hat geschrieben:Chinasky: Das Buch richtet sich an Erwachsene, für Kinder ist der Inhalt vielleicht noch im Struwwelpeter-Sinn geeignet. Was das Buch bezwecken soll: Alles von deinen genannten. Die Rezepte sind echt und sehr kulinarisch, das Design ist an illustrationsaffine Menschen gerichtet und die Texte sind in Richtung schwarzer Humor angesiedelt. Meine Frage an dich ist also, in welcher Hinsicht könnte dich das Buch eher interessieren? Da du sagst "uninteressant".
Ich vermute, hier liegt der Osterhase im Pfefferspray benebelt...
Da wird zuviel gewollt, angesichts des eher überschaubaren Umfanges des Buches.
- Rezepte echt und kulinarisch. Mag sein. Aber sie erscheinen mir nicht sehr übersichtlich. Was soll z.B. ein "gemächliches Anbraten" (letzter Satz beim Schlawiner-Rezept, hab die anderen jetzt nicht alle gelesen, was aufgrund der niedrigen Auflösung eh schwierig sein dürfte) sein? Rezepte sollten, wenn sie für mich einen Nutzen haben sollen, genau sein. Wenn man schon ein fertiger Koch sein muß, um Nutzen aus einem Kochbuch ziehen zu können - dann engt das den Publikumskreis schon mal ziemlich ein.
- illustrationsaffin Ja, schon. Aber bei Illustrationen geht's ja nicht nur um schöne Farben und lustige Effekte. Sondern auch darum, Sachverhalte zu verbildlichen. Nun schaue ich mir die Schlawinerschnitzel-Seite an und kann auf der kein Schnitzel entdecken. Auch keine Darstellung der Zubereitung. Nicht einmal die Zutaten werden gezeigt. Statt dessen gibt's eine Landschaft aus Obst, die sicherlich ganz nett vom Design her ist. Aber das erste Gesetz des Designs: "Form follows function" wird hier nicht beachtet.
- schwarzer Humor. Hhmm... Der ist mir an vielen Stellen zu bemüht und krankt schon an mangelhafter Rechtschreibung und Interpunktion. Es fehlen diverse Kommata, und Kinder mögen eine Plage sein, man spricht aber von "Blagen", nicht von Plagen. Auch ist es für Kinder keine "Arbeit", den Erwachsenen das Leben schwer zu machen - diese Funktion erfüllen sie ohne jeglichen Energieaufwand... Und was ist an "mama cum laude" schwarzhumorig? Verballhornungen von fremdsprachigen Zitaten sind nur dann witzig, wenn sie in ihrer neuen Form inhaltlich Sinn machen. Wahrscheinlich ist es der Text, der mir am wenigsten gefällt, weil ich die Formulierungen eben nicht wirklich witzig finde, sondern nur bei manchen Sprachspielereien (Schlawinerschnitzel fand ich am besten) kurzfristig lächeln mußte. Bei "schwarzem Humor" allerdings müßte man lachen und gleichzeitig sich verstohlen umblicken, ob man auch nicht dabei beobachtet wird, wie man über
sowas lacht. Um heute jemanden mit "schwarzem Humor" bezüglich des Kinder-Themas zum Lachen zu bringen, müßte man solche Evergreens wie "Wer Katzen tritt und laute Kinder, der kann kein schlechter Mensch sein." toppen.
Daß Kinder nerven können, daß sie rumbrüllen, nerven, kleckern, kotzen, spucken und andauernd alles vollkacken - das ist nicht witzig, das ist empirische Norm. Und ebenso normal ist es, daß man sie deswegen kurzfristig haßt und am liebsten pürieren und im Ausguß entsorgen würde. Diese Gefühle kennen sämtliche Eltern in diesem Land und sämtliche Bahnfahrer, die in Großraumwagons gern mal ungestört ein Buch oder eine Zeitung lesen würden. Was gibt's da zu lachen? Bessere Witz-Opfer als die Kinder sind die Leute, die sowas goldig finden oder immer noch über harmlose Kinder-Witzchen lachen und sich dadurch als denkbequem outen. Kinder als "Monster" zu bezeichnen und das witzig zu finden - das ist lächerlich. Denn Witze entstehen durch Pointen. Und ein Charakteristikum einer echten Pointe ist der Überraschungseffekt, der dadurch entsteht, daß man ein Phänomen anders als üblich betrachtet. Kleine Kinder als kleine Monster, Quälgeister usw. zu bezeichnen ist aber sowas von üblich...
Ah, ich merke gerade, wie ich hier in einen Verriß abdrifte, und das wollte ich eigentlich gar nicht. Vor allem, da meine Hauptkritikpunkte wenig mit der grafischen Qualität der Arbeit zusammenhängen und insofern für dieses Forum ziemlich offtopic sind. Wahrscheinlich hab ich mich da auch nur deswegen so reingesteigert, weil ich vor Kurzem mal meine alte Abi-Zeitung aus 'ner verstaubten Schrankecke vorgenommen und meinen damaligen Artikel nach knapp einem Vierteljahrhundert zum ersten Mal wieder gelesen hatte. Der bestand darin, daß ich die unterschiedlichen Lehrertypen gezeichnet und dazu dann bemüht witzische Anmerkungen geschrieben hatte, in dem Stil von: "Seltener in der freien Wildbahn ist inzwischen der Alt-68er anzutreffen..."
Damals fand ich mein Werk voll lustig und bekam ja auch ordentlich positives Feedback, während die Leute, die den Artikel doof oder langweilig fanden, wohl einfach zu faul waren, mir das jetzt auch noch zu verklickern. Jedenfalls war ich jetzt, beim neuerlichen Lesen, wahrlich erschrocken, wie peinlich, platt, dumm und stilistisch unter aller Sau meine Ausführungen eigentlich gewesen waren. Wie überhaupt all die Versuche, wo ich mal versuchte, witzig zu sein, mir heute, wenn ich sie nochmal mit etwas Abstand lese, immer betrüblich angestrengt und wenig zum Lachen anregend erscheinen. Daß ein Witz nicht wirklich lustig ist - das bekommt man kaum mal gesagt, weil die meisten Leute zu höflich und rücksichtsvoll sind, um es einem direktemang ins Gesicht zu sagen.
Aber wenn's darum geht, ein Buch zu kaufen, und sei's nur als Geschenk - dann sind die Leute halt gnadenlos ehrlich. Und ich würde Euer Buch eben nicht kaufen, weil ich den Humor einfach nicht witzig genug finde, um so ein Büchlein weiter zu verschenken. Denn sonst würde ich ja implizit von den Beschenkten verlangen, daß sie gefälligst darüber zu lachen/grinsen hätten. Umgekehrt könnten wiederum sie auf die Idee kommen, daß sowas also die Art von Humor sei, über den ich üblicherweise lache. Man muß an seinen Ruf denken...
So, das war eine ausführliche Begründung, weswegen ich mit dem Projekt nichts anfangen kann. Aber: Ihr wollt ja keine Kochbuchautoren werden, ebensowenig, wie Ihr eine Karriere als Komiker anstrebt. Es geht hier ja wohl eher um die visuell-gestalterischen Aspekte Eures Projekts. Und die finde ich nach wie vor gelungen, was die Kombination unterschiedlicher Mittel (Fotografie, Farbverläufe, Comicelemente usw.), die Seitenkomposition und die Farbideen angeht.
Technisch wäre da m.M.n. nicht viel zu meckern, höchstens noch, daß es gern noch abgedrehter, innovativer hätte sein können, beispielsweise indem nicht nur "irgendwelche" Landschaften, sondern ganz bestimmte wiedererkennbare Motive (Fujijama, Niagara-Fälle, irgendwelche Stadtansichten...) aus den Nahrungsmitteln gezeigt würden. Würde den Schwierigkeitsgrad natürlich in die Höhe schrauben, aber das tun neue/zusätzliche Ideen ja meistens.