Ich find das mal ein ehrgeiziges, cooles Projekt. Dennoch könnten da noch diverse Sachen verbessert werden.
Hast Du einen guten Profi-Comiczeichner in Deinem Bekanntenkreis, dem Du die einzelnen Panels vorlegen könntest? Denn es finden sich in sehr vielen davon kompositorische "Fehler", die, so denke ich, ein geübtes Auge sofort erkennen könnte. Nimm beispielsweise (da ist es am allderdeutlichsten) das Bild, wo man alle drei am Lagerfeuer sieht. Der Baum im Hintergrund streckt seine Äste gerade mal soweit, daß sie von dem Kopf des bl Typen nicht überschnitten werden. "Berührungsangst" ist da die erste Assoziation. Währenddessen "hockt" das Feuer quasi auf dem unteren Bildrand. Überhaupt drängen sich da um das Feuer herum die Formen und Überschneidungen, sodaß das alles sehr konfus wirkt. Erst beim näheren Hinschauen merkt man, daß das Bild da sogar noch weiter runter geht, aber von den drei anderen Panels überschnitten wird. Der Punkt dabei: die Story dreht sich eigentlich um das Gespräch der drei Männer. Das Feuer oder deren Füße sind eher irrelevant. Und dennoch passiert in der Feuer- und Fuß-Gegend für das Auge viel mehr als oben, bei ihren Gesichtern und Händen. Wobei... Faßt der mittlere Typ sich da gerade in den Schritt? Falls ja, und falls das für die Story von Belang ist, will ich nichts gesagt haben, falls es dagegen nur Zufall ist...
Als Zweites fällt mir auf, daß Du - jedenfalls sieht's so aus - über Entwurfskizzen drübergezeichnet hast. Würde ich nicht machen. Das "Inking" ist bei Comics meines Wissens ein separater Arbeitsschritt, häufig wird der sogar von Spezialisten erledigt, die an der kompositionellen Entwicklung des Panels gar nicht beteiligt waren. Aber gute Comiczeichner machen das natürlich selbst. Extrem gutes Beispiel ist unser lieber amadeus. Schau Dir mal im Work-in-Pogress-Thread im Artbattleforum an, wie der seinen vorletzten Battle-Beitrag gemacht hat. Das ist eigentlich klassisches Vorgehen, wie ich es mir vorstelle beim Comiczeichnen: Entwurfskizzen zeigt er nicht extra (ihm wäre es zuzutrauen, daß er schon gleich wußte, wie die Panels später aussehen/angeordnet werden sollen), aber eben die darauffolgenden drei Arbeitsschritte: 1. Ausgearbeitete Vorzeichnungen, 2. geinkte Lineart, 3. Kolorierung.
Ich erlaube mir mal, sein Bild hier zu posten:
Wichtig erscheint mir im Vergleich zu Deinen Zeichnungen, der Schritt von der ausgearbeiteten Vorzeichnung und der geinkten Lineart. Ich vermute stark, daß amadeus die Lineart auf einer komplett neuen Ebene angelegt hat, und von der Vorzeichnung am Ende nichts mehr übrig bleibt. Dadurch wirkt die Zeichnung an allen Stellen sicher und wie aus einem Guß. Falsche/korrigierte Linien kommen nicht vor.
Bei Deinen Zeichnungen sieht es dagegen aus, als hättest Du Dich während der Lineart-Phase immer noch mal korrigiert. Und da wird es halt häufig "strubbelig", unsauber, unsicher. Ich würde Dir raten, den Mehraufwand zu riskieren, und die Lineart wirklich komplett neu und nicht einfach über die Vorzeichnungen drüber zu machen.
Zum Cover: Das geht besser. Es sollte ein Eyecatcher sein und als Zeichnung/Bild besser als alles, was man im Comic drin findet.
Es ist aber eher schlechter als die meisten Panels. Und zwar, weil Du da komplett auf Lineart verzichtet hast. Man kann Comic-Cover natürlich klassisch painten und es muß nicht unbedingt Lineart da zu finden sein. Aber dann muß es auch gut gepaintet sein - und das ist es leider noch nicht. Es gibt da Dutzende von Stellen, wo es anders besser aussähe. Fängt mit der Farbigkeit an, geht über kompositorische Schnitzer (Himmel blitzt zwischen den Fransen ihres Umhangs und der Hintergrundarchitektur durch, abgebrochenes Schwert endet praktisch am unteren Bildrand etc.) zu Kontrast-Problemen und fragwürdiger Lichtregie.
Du bist noch recht unsicher, was den Brush-Einsatz angeht. Ich vermute, Du legst, so wie ich es früher häufig tat, die Deckkraft auf Pen-Pressure und malst dann an Stellen, bei denen Du Dir nicht ganz sicher bist, auch nicht mit vollem Stiftdruck. Dadurch werden genau solche Stellen, an denen Du Dir unsicher warst, für den Betrachter sofort kenntlich: das sind dann nämlich auch die Stellen, wo die Malerei schmutzig/verschwommen wird.
Hhmm... Ich versuch nachher mal ein Overpaint zu Deinem Cover, will aber dieses Posting jetzt schon mal abschicken.
By the way: Die Kritik hört sich jetzt vielleicht heftig an, soll Dich aber nicht frustrieren/entmutigen. Nochmal: ich finde das Projekt ziemlich cool und wünsche Dir damit viel Erfolg. Deswegen hoffe ich, meine Worte kommen auch als konstruktive Kritik rüber, nicht als "Runtermachen"!
edit: Oki, hier das Overpaint des Covers:
Was hab ich verändert?
Erstmal hab ich Details rausgenommen, die ohnehin nicht "klar" waren. Insbesondere im Hintergrund. Dann hab ich versucht, interessante Shapes zu finden, die dann tonwertmäßig die unterschiedlichen Tiefen-Ebenen voneinander abheben. Bei dem Brandenburger Tor hab ich die Lichtverhältnisse klarer gemacht, insbesondere zu erkennen an den Schatten, die oben auf den Säulen liegen. Genau das Gleiche übrigens auch bei der Architektur hinten rechts: Das ist ja eigentlich nur ein etwas ausgefranster Kubus, an dem man mit einer klaren Trennung zwischen beleuchteter und eher im Schatten liegender Seite die Lichtsituation klar darstellen kann.
Dann hab ich den Himmel mehr "eingesetzt". Wolken sind doch prakisch: man kann sie dort dunkel machen, wo man sie dunkel haben will - und umgekehrt. Wenn man eine Landschaft in einem Bild drin hat, ist das ein kompositorisches Mittel, das man ausreizen sollte.
Zum Schluß hab ich noch etwas die Hauptfigur gepimpt. Insbesondere die Haare hab ich überarbeitet: Auch hell blonde Haare reflektieren die Umgebung, weswegen auch auf blonden Haaren irgendwo dunkle Reflexe zu finden sind. Außerdem soll sich der Kopf ja vor dem Himmel abheben, also hab ich gerade rechts die Haare dunkler gemacht: shapes first!
Das Schwert hab ich versucht, mehr abzuheben und zu betonen, daß es nicht vorne vom Bildrand gekappt wurde. Glatte Metallflächen kann man schön mit dem verlaufstool gestalten. Man darf da jetzt nicht so genau hingucken, ob das optisch alles korrekt ist - es handelt sich um einen Comic, und der soll vor allem lesbar sein!
Naja, die restlichen Unterschiede kannst Du ja selbst erkennen, wenn Du mein OP mit Deinem Original vergleichst.