Suche Kritik - Was fehlt?

Stellt Eure in Arbeit befindlichen oder fertigen 2D-Artworks hier aus, um sie diskutieren zu lassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Euer Artwork in klassischen Techniken oder digital entstanden ist.
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Herrmann
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Beitrag von Herrmann » 4. Jan 2014, 18:01

Naja, man könnte auch den englischen Wiki-Eintrag verlinken. Der ist schon etwas ausführlicher:
http://en.wikipedia.org/wiki/Granularity
Oh, Ausführlichkeit könnte man auch als weniger komplizierten Begriff vorbringen. ;)

Um die Begriffe Auflösung, Detail und Granularität/Ausführlichkeit nochmal zu trennen (denn ich denke, das kann man recht klar):

Wie viele Objekte stellt der Künstler dar. Wie viele Einzelheiten sind erkennbar. Lässt der Künstler bewusst etwas weg oder vereinfacht er Dinge, damit wir nicht vom wesentlichen abgelenkt werden, bzw. das Bild schneller erfassen können? -> Detail
Wieviel sagt der Künstler über die Beschaffenheit seines dargestellten Objektes aus? Wieviele Information gibt er uns? Wieviele Aussagen macht er? ("Ein Würfel" oder "ein nicht ganz ebener roter Würfel mit glänzender Oberfläche, der in Ambiente Licht steht und dessen unterer Bereich angestaubt ist"). Wie ausführlich beschreibt der Künstler die Details? Kann man sie ganz genau erkennen, oder sind sie nur angedeutet? Beschreibt die gerade Linie wirklich ein gerades Objekt, oder ist sie Teil einer Abstraktion? -> Granularität/Ausführlichkeit
Wie ausführlich kann der Künstler überhaupt werden? Was lässt das Medium zu (Fingerfarben vs. Miniaturmalerei), und was ist davon in der Reproduktion noch erhalten? (Anzahl pixel, bzw. dpi im Druck)-> Auflösung

Vielleicht übersehe ich auch etwas. Es gibt ja auch noch Begriffe, wie Abstraktion, Stil, Realismus, Naturalismus etc. Sicher nicht ganz einfach, die alle unter einen Hut zu bringen.

tr4ze
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Beitrag von tr4ze » 5. Jan 2014, 08:39

Schon kein schlechter Ansatz.
Aber bei digitalen Systemen passt es mMn besser von einem Verhältnis Auflösung/Informationsdichte zu sprechen.

Also wie hoch ist die Informationsdichte bei einer bestimmten Auflösung.

Als Beispiel ein Bild mit 10x10 Pixeln(Auflösung).
Angenommen jedes Pixel kann 2 Werte annehmen, Schwarz und Weiß.
Dann ist die maximale Informationsdichte 10x10²=1000

Das war die Ausgangssituation der digitalen Bildschirm Ausgabe(1bit).
Viel zu wenig um analoge Grafik zu emulieren.
Also hat man versucht die Informationsdichte der Auflösung zu erhöhen.
Grundsätzlich wurden zwei Wege eingeschlagen:

1. Die Informationsdichte Hardwareseitig zu erhöhen
Vereinfacht gesagt wurden die Werte erhöht die ein einzelnes Pixel annehmen kann.
1,2,4,8,16,32,64,128,256,512 usw.

2. Die Informationsdichte Softwaremäßig zu erhöhen.
Hier kommen dann Algorythmen zur Kantenglättung(Antialiasing) oder Tonwertmapping zum Einsatz.

Moderne Programme wie Photoshop stellen uns heutzutage eine immense Informationsdichte pro Pixel zur verfügung, sind aber Lichtjahre von der Infomationsdichte einer analogen Grafik entfernt.Welche auf einer Auflösung basiert die rein Physikalisch in denn Subatomaren Bereich reicht.

Um also analoge Grafik digital zu emulieren muss man mit einigen Tricks arbeiten.

Jeder von uns kennt diese Tricks, Auflösung erhöhen... Antialising einschalten... Zoom auf 50 oder 25% , Pinsel nutzen die 8,16 oder mehr Pixel groß sind usw. Denn rest macht dann die Software. :)

Wer sich dieser Zusammenhänge bewusst ist kann auch digital Bilder produzieren die von der Infomationsdichte an analoge Bilder heranreichen, sofern er sich mit denn Gesetzmäßigkeiten des analogen malens beschäftigt hat.

Problematisch wird es wenn dieses Bewusstsein fehlt.
Wenn man also in ein Bild mit hoher Informationsdichte plötzlich Bereiche mit sehr niedriger Dichte einfügt z.B. mit einen Pinsel der nur einen Pixel groß ist.

Im ersten Moment würde man denken das man ja dem Bild mehr Infomationen mitgibt weil man mehr "Details" malt, tatsächlich veringert man aber die Informationsdichte.

Warum ist das wichtig.
Nun die Informationsdichte eines Bildes ist maßgeblich dafür was ein Betrachter sieht.
Jedes Bild, ob nun Ölgemälde, Foto, 3D Render oder digitales Konzeptart ist immer nur eine Annäherung an die Realität, es gibt immer eine gewisse Unschärfe.
Diese Unschärfe ist es die es einem Betrachter überhaupt erst ermöglicht ein Bild zu interpretieren.Also Formen oder Farben zu erkennen und mit Dingen aus der realen Welt zu assizoieren.
Ist diese Unschärfe/Informationsdichte zu gering oder gibt es in einem Bild zu große Unterschiede in der Informationsdichte löst das beim Betrachter unbehagen aus.

Dieses Problem kommt mMn so nur bei digitalen Bildern vor, weil die Informationsdichte dort rein technisch bedingt so extrem schwanken kann.

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schlummi
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Beitrag von schlummi » 5. Jan 2014, 18:47

Erstmal vielen Dank an Herrmann! Und Hut ab für die schöne Erklärung! Ich glaub verstanden zu haben wie es gemeint ist. :)
Wie viele Objekte stellt der Künstler dar. Wie viele Einzelheiten sind erkennbar. Lässt der Künstler bewusst etwas weg oder vereinfacht er Dinge, damit wir nicht vom wesentlichen abgelenkt werden, bzw. das Bild schneller erfassen können? -> Detail
Sehr schön!
Wieviel sagt der Künstler über die Beschaffenheit seines dargestellten Objektes aus? Wieviele Information gibt er uns? Wieviele Aussagen macht er? ("Ein Würfel" oder "ein nicht ganz ebener roter Würfel mit glänzender Oberfläche, der in Ambiente Licht steht und dessen unterer Bereich angestaubt ist"). Wie ausführlich beschreibt der Künstler die Details? Kann man sie ganz genau erkennen, oder sind sie nur angedeutet? Beschreibt die gerade Linie wirklich ein gerades Objekt, oder ist sie Teil einer Abstraktion? -> Granularität/Ausführlichkeit
Wo liegt da die Grenze zu nem "Detail"?
Aus meiner Sicht ist ein "Detail" ein "Teil" von etwas Grösserem. Z.B ein Hemdknopf ist ein Detail von dem Hemd. Wo das Hemd evtl ein Detail von einer abgebildeten Menschenmenge wäre. Wo die Menschenmenge ein Detail von einer Landschaft sein könnte. Ich sehe ein Detail schon dynamisch, aber immer als etwas definierbares, an sich beschreibbares. Entsprechend akzentuiert. Auch wenn wir es, so wie auch Du schreibst, es nicht wirklich sehen(können), wir meinen zu WISSEN was das ist. Rockwells Bild find ich ein klasse Beispiel! Die Stofffältchen, Schnursenkelohsen oder Gürtelmuster sind Details. Ähnlich "granulierte" Wandfarbe ist doch nicht "detailliert"? Ein Loch in der Wand hingegen wäre mMn ein Detail. :?
Wäre Granularität nicht eher als "Detaildichte zum Zweck der Ausführlichkeit" zu bezeichnen? In Rockwells Bild scheint die Detaildichte gleichmässig zu sein, doch ob es stimmt? Da wo wichtigere Gesichter, Hände mehr zu bieten haben, als nicht weniger behaarte Katzen?
Ich schätze, diese Problematik sollte die Leute sehr beschäftigen, die mit Bild-Collagen arbeiten. Die die Dichte von Einzelelementen immer im Auge behalten sollen?
Wie steht es mit gleicher Granularität im gesamten Bild? Das würde ich als erstrebenswert erachten, weil damit das Bild als Einheit erkennbar wird. Es ist besonders dann eine Herausforderung, die Granularität gleich zu halten, wenn sich der Detailgrad über das Bild hinweg stark unterscheidet.
Das wäre doch relativ einfach zu erreichen? Also, salopp gesagt, wenn ich über ein Bild z.B. eine Leinwandtextur drüber tu, "sammelt" sie mir einzelne Elemente in dem sie die "Kornigkeit" als Massstab etabliert. Alles, was kleiner als Leinwandknoten ist, geht unter. Alles, was grösser ist, wird "zerlegt" und wirkt dadurch kleiner?

Verstehe ich das richtig, oder "biege" ich mir gerade das Unkapierte zurecht?
tr4ze hat geschrieben:Dieses Problem kommt mMn so nur bei digitalen Bildern vor, weil die Informationsdichte dort rein technisch bedingt so extrem schwanken kann.
Scheint mir auch so. In der "richtigen", analogen Malerei eine "gradientlose" und damit "grobgranulierte" Fläche zu malen würde man einfach als Fehler sehen. Die Verläufe sind überall... Es sei denn man bemalt nen Zaun. :D


JanSOLO Danke für Deine Bemühungen! Sorry, sogar "rückwirkend" kann ich Deinen Gedanken nicht wirklich folgen... Schon die zackige(!) Achsen von der Kurve 6 treiben mich zu Verzweiflung... :D
Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass Du Fractals meinst. Was mathematisch nah liegen mag, aber mMn mit der Frage nix zu tun hat. Ich bin auch ganz be*** in Mathe... :(
Details können auch auf Informationen, Formen und Qualitäten bezogen sein! Ein weicher Gradient ist nunmal eine sehr detailierte Sache, auch wenn nichts detailiertes Beschreibt (kein Käfer, keine Wolkenfetzen usw.).
Ach Jan, es mag ja dem so sein. Klar kann man ne Tabelle anlegen und jeden Pixel mit seinen RGB-Werten beschreiben. Das wäre dann ein "Detail" und das ganze wäre sehr "detailliert". Doch für visuelle Wahrnehmung mMn bissl irrelevant. Also, es gibt nunmal sehr viele Sonnensysteme mit sehr vielen Planeten, auch wenn's nicht auf jedem von ihnen es Bäume oder Käfer gibt! ;) :D
Der gradient der Atemluft aus den Nasenlöche passt locker in andere Pinselstriche die ultra grob sind. Das passt überhaupt nicht zusammen!
Da stimme ich Dir zu, sieht nicht gut aus. Aber mMn nicht weil's nicht zusammen "passt", sondern weil's schlichtweg falsch gemalt ist. Das Feuer sieht nun mal nicht so aus. Absolut unabhängig von den grössen der Pinseln, mit welchen es gemalt wurde? :)

CaptainKlugsch
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Beitrag von CaptainKlugsch » 9. Jan 2014, 22:22

Ein kleiner Einschub meinerseits: Ich denke verstanden zu haben was ihr mir sagen wolltet. Die Erklärungen zu den "störenden Detaills" und dem Verlauf als Detail waren wirklich sehr aufschlussreich, die Ausführungen zu den immer gleichen Formen haben mich auch ziemlich wach gerüttelt. Ich möchte hier vor allem JanSOLO für seine anschaulichen Erklärungen danken.

Nur (leider) hat schlummi auch recht, wenn er sagt dass meine Bilder einen routinierten Eindruck vermitteln und all mein Wirken auf einem ziemlich unsicheren Fundament aufbaut. Ich habe in den letzten Tagen gemerkt wie schwer es mir fällt aus meiner Routine auszubrechen.

Daher meine Frage: Wie führt ihr Naturstudien durch? Nehmt ihr euch ein Foto und versucht dieses möglichst genau zu kopieren? Studiert ihr das entsprechende Bild und versucht nur die generelle Lichtstimmung oder Formensprache zu imitieren? Arbeitet ihr heraus was genau die Szene so interessant macht und malt dann ein "ähnliches" Bild? Konzentriert ihr euch nur auf Details wie eine bestimmte Art Busch oder Felsen und bringt diese in eigenen Werken unter?
Vermutlich gibt es bei der Frage kein richtig oder falsch, aber es wäre einfach mal interessant die unterschiedlichen Herangehensweisen gegenüberzustellen.

Mein Problem besteht im Moment vor allem darin, dass ich die Diskrepanz zwischen dem Detailreichtum des Originals und meinen Vereinfachungen ziemlich unbefriedigend finde und jetzt wissen wollte ob ich mich nur stur durchbeißen und so lange weiter machen muss bis ich zufrieden bin oder ich die Sache vielleicht falsch oder zumindest "unpraktisch" angehe und es vielleicht auch produktiver geht.

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ShivOr
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Beitrag von ShivOr » 10. Jan 2014, 03:18

Also Studien sind für mich Erschließungen der Thematik, die mich gerade interessieren/beschäftigen, meistens weil ich auf Probleme in Illustrationen gestoßen bin, die ich gerne fixen möchte, aber auch um Allgmein meine gedankliche Bibliothek zu erweitern. Das kann der Workflow/Detailverständnis sein, wo ich schaue, wie ich effektiv Felsen darstelle und wieso diese Felsen ausgerechnet so aussehen. Es kann aber auch nur um die Verständnis z.B. in den Farbe/Licht gehen, und mich Frage warum der Fels aufeinmal diese Farb-/Sättigungs-Helligkeitswerte besitzt oder eben auch alles zusammen.

Shaddy Safadi, hat meiner Meinung eine gute Videoreihe auf Youtube veröffentlicht wie er eine Studie herangeht: http://www.youtube.com/user/shaddy1100/videos fand ich zumindestens sehr aufschlussreich, vielleicht hilft es dir da auch etwas weiter.

CaptainKlugsch
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Beitrag von CaptainKlugsch » 10. Jan 2014, 08:18

Vielen dank dafür. Ich habe jetzt nur kurz in die Videos reinschnuppern können, aber werde sie nachher durcharbeiten. Sieht wirklich sehr interessant und hilfreich aus.

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