ThomasVeil
Mal wieder: Wow!
Syrus
Ich finde, bei Dir kristallisiert sich so ein ganz bestimmter Stil heraus, der mich an eine Mischung zwischen Haderer und Neuer Sachlichkeit erinnert. Man sieht den Illus die Arbeit an, die darin steckt und die einen Detailreichtum bietet, der wiederum an Wimmelbilder wie in manchen Kinder-Bilderbüchern denken läßt. Ich finde das spannend und auf jeden Fall guckt man sich Deine Sachen immer recht genau an. Das Problem, das die Bilder manchmal haben, hast Du eigentlich in dem anderen Thread, wo Du die Bleistiftskizze für den Troll (oder Ork?) postetest, schon selbst erkannt und analysiert: Du denkst schon bei der Vorzeichnung additiv im Sinne der Bildgegenstände.
Entsprechend sehen die Endresultate auch aus: das, was Dir beim Zeichnen an Gegenständen einfiel, ist in der finalen Bildversion auch komplett zu sehen - und muß sich irgendwie den (immer begrenzten) Bildraum untereinander teilen. Wie mir scheint, gehst Du dabei ziemlich skrupulös vor, indem Du all Deinen Ideen - als wären sie von Dir geliebte Kinder - ihr Recht zukommen und keine "über die Klinge springen" lassen möchtest. Bei einzelnen Figuren haut das noch relativ problemlos hin (auch wenn Fastart da durchaus ein paar richtige Hinweise gab), aber bei Mehrfigurenbildern wird's schwierig, weil kompositorisch immer unübersichtlicher. Der "Hunting success" ist dafür ein schönes Beispiel. Alle Figuren, die da zu sehen sind, sollten sozusagen "auf jeden Fall mit auf's Foto". So posieren sie da und gucken mit ihren herrlich originellen Gesichtern und Outfits in die Kamera, müssen aber irgendwie auch in die Umgebung integriert werden und sich also entsprechend verrenken wie der Typ mit dem Strohhut, der einen Gummiarm bräuchte, um sich so abstützen zu können (ähnliches anatomisches Problem übrigens bei der br Hand des Orks aus dem Charakter-Thread, aber das nur so nebenbei...
)
Du versuchst da sichtbar, schlechte Überschneidungen zu vermeiden - was Dir nicht immer ganz gelingt, was aber dort, wo es Dir bezgl. der Bildgegenstände doch gelingt, häufig dazu führt, dass sich unschöne Negativ-Formen ergeben. Beispiel wäre die Negativform rechts vom Kopf des großen Sandwurms: was an Landschaft im Hintergrund geboten wird, leidet unter Atemnot.
Auch sorgt die Priorität, alle "wichtigen" Elemente unterzubringen dafür, daß Du Probleme mit den Größenverhältnissen bekommst. Am deutlichsten wird das bei dem Dromedar. Dies ist eindeutig ein sehr kleines Exemplar, wenn man die perspektivische Verkleinerung der linken Figurengruppe in Relation zur rechten Figurengruppe als Maßstab verwendet. Denn die Anordung im Bildraum suggeriert, dass das Dromedar dem Betrachter ein ganzes Stück näher ist als die rechte Figurengruppe. Entsprechend größer müßte es sein. Hättest Du es größer gezeichnet, würde es freilich viel von den dahinter liegenden Details überdecken - und ausserdem würde der Wurmkopf kompositorisch eine zu starke Konkurrenz durch das Dromedar bekommen: er würde nicht mehr groß und massig genug wirken.
Das Dromedar ist abgesehen von der Größenproblematik auch als Shape schlecht in das Bild integriert. Wie sein Kopf umrandet wird von der Plane mit den Fleischfilets, und wie noch der Stiel des Fleischerbeils davor zurückschreckt, die Rückenlinie des Tiers zu tangieren - das alles fühlt sich nach Platzangst an.
Der dunkle Schatten unterhalb des Kopfes, der da wie ein Soßenfleck auf der Bildkante hockt und sich weigert, Kontakt zu dem Gegenstand mit dem Schlauch dran aufzunehmen, macht die Liste der kompositorischen Schnitzer bezüglich des Dromedars vollständig.
Dabei braucht niemand das Dromedar! Es ist als erzählerisches Element für das Bild völlig überflüssig. Nähme man es weg, könnte man die linke untere Bildecke ganz anders nutzen. Eventuell könnte man sie sogar relativ frei lassen, um dem Auge mal einen Platz zum Ausruhen zu gewähren.
Ach übrigens - das fällt mir jetzt beim Schreiben gerade auf: Du könntest Schatten noch viel besser als kompositorisches Mittel einsetzen. Gerade bei so einer hell angestrahlten Wüstenszene sollten klare Schlagschatten vorherrschen. Du aber verschenkst dieses Potential und ziehst weich-diffuse Schatten vor. Ganz besonders deutlich zu erkennen an dem Schatten unter der Hintergrundfigur mit dem Reishut - aber es fiel mir zuerst bei dem "Soßenfleck" auf, dessen Diffusität sich mit der aus einzelnen Strichen ergebenden Textur des Sandbodens beißt. Dass Du die Lichtsituation bei der Vorzeichnung wahrscheinlich noch gar nicht so sehr im Hinterkopf hattest, kann man an dem Spaten erkennen, auf den sich eine Figur der rechten Vordergrund-Gruppe stützt, und der überhaupt keinen Schatten wirft.
Das ist prinzipiell nicht schlimm und ein Teil des Reizes Deiner Bilder stammt ja von dieser Orientierung am inhaltlichen Detail, die sich, wo nötig, einen Dreck um optischen Verismus schwert. Aber wenn Schattenwürfe nicht von Belang sind, dann sollte man sie auch nicht nachträglich hie und da noch mit einstreuen, denn dadurch wird die Einheitlichkeit gestört.