Barcelona Pavillon als Comichintergrund

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Hutzebubbel
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Barcelona Pavillon als Comichintergrund

Beitrag von Hutzebubbel » 1. Mai 2010, 22:03

Halli hallo :D

Ich bin Innenarchitekturstudentin und bräuchte dringend einen Denkanstoß.. mein Hirn ist so leer :oops:

Wir haben Freitag ein Projekt zugeteilt bekommen, in dem wir ein einfach gehaltenes Storyboard in 10 bis 20 Bildern mit einer Kurzgeschichte unserer Phantasie erstellen sollen. Vergangenheit, Zukunft oder Gegenwart ist egal. Hauptrolle soll ein "geheimnisvoller" Bleistift spielen. Dabei soll das Raumgefüge des Barcelona-Pavillons von Mies van der Rohe als sichtbare Location eine bedeutende Rolle spielen. Lesbar aus 3-5 Metern Abstand.

Ich bin absolut kein Comiczeichner, habe auch null Ahnung was das mit IA zu tun haben soll, geht ja eher in die Kommunikationsdesignrichtung...
Ich stehe nun voll auf dem Schlauch, habe mal so gar keine Einfälle oder Ideen und suche ganz ganz dringend ein paar Ideen! Abgabe ist bereits am kommenden Mittwoch :cry:

Ich hoffe ich kann hier etwas Hilfe finden und freue mich über jeden Beitrag... ich wäre sehr sehr dankbar! :*

Herzlichste Grüße

Tobias-M
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Beitrag von Tobias-M » 2. Mai 2010, 14:25

Du studierst Innenarchitektur, weißt aber nicht, was ein Storyboard, bei dem das Raumgefüge eines Bauwerkes eine zentrale Rolle spielen soll, mit Innenarchitektur zu tun haben soll?! Meinst sogar, das wär ne Sache für Kommunikationsdesign?

Wenn ich so etwas lese, drängt sich mir der Eindruck auf, dass Du unter Innenarchitektur etwas eher technisches verstehst – z.B. in 3d-Programmen auf Befehl von Außen Dinger zusammenzuschieben. Wenn dies Deinem Verständnis entspricht bzw. wenn es das ist, was Du machen möchtest, würde ich dazu raten, den Studiengang zu wechseln und Bauzeichnerin zu werden.
Ich wundere mich aber auch, dass Du diese Frage ("Was hat das mit IA zu tun?!") nicht im Kurs anschneidest, sondern eine Aufgabe akzeptierst, ohne den Sinn dahinter zu verstehen. Jetzt stehst Du da und weißt nicht, was das alles überhaupt soll, und die Zeit läuft Dir weg. Na klasse. Wie soll dabei ne gute Leistung herauskommen? Merkst Du ja wohl grad selbst, das das nicht aufgeht…

Was mich auch wundert, ist, dass euer Prof den Sinn seiner Übung nicht ausreichend erläutert hat. Oder wollte er es sich aus edukativen Gründen für später aufheben? Oder hat er's erläutert, und Du hast es nicht gecheckt bzw. mitbekommen…?

Na, egal. Ich versuch's mal:

Hast Du schon mal von Paul Watzlawick's Behauptung "You cannot no communicate" gehört? Absolute Basiserkenntnis für jeden Gestalter (und eigentlich alle anderen auch):

http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Watzlawick

Dies gilt für jede Art der Kommunikation – Taten, Worten oder Werke. Nicht nur das Kommunikationsdesign ist davon betroffen, sondern schlichtweg alles, was wir tun oder hervorbringen. Dies gilt natürlich auch für die IA. Der (Innen-)Architekt gestaltet Räume und drückt absichtlich (und unabsichtlich!) Botschaften aus. Es gibt herrschaftliche, bescheidene, sachliche, exsaltierte Innenraumgestaltungen, und sie alle lösen im Betrachter etwas aus.

Um auf's konkrete Beispiel zu kommen:

Mies van der Rohe hatte eine Botschaft Deutschlands an die Welt mit seinem Bau 1929:
Bild

Albert Speer hatte mit seinem deutschen Pavillon 1937 auch eine Botschaft:
Bild

Worin unterscheiden sich die Botschaften? Was wollen uns die Künstler damit sagen?
Was für architektonische Mittel wählten die Architekten, um ihre Botschaften rüberzubroingen? Material, Farben, Komposition, Zugänge, Öffnungen, historische Bezüge? Was ist neu, was ist alt? Wie wirkt der Baum im Kontrast zu anderem Pavillons?
Das sind doch Fragen, die einer angehenden Innenarchitektin automatisch kommen müssen! Wenn Du nicht mehr empfindest und assoziierst als "Hm, is halt n Raum" – wenn mehr bei Dir nicht abgeht, bereitest Du dich auf den falschen Job vor. Ganz ehrlich. Dann mach lieber etwas rein technisches, bei dem Dir die emotionale und erzählerische Qualität eines Ortes egal sein kann. Aber lass IA oder andere Gestaltungstätigkeiten besser bleiben…


However, gehen wir mal davon aus, dass ein Raum dann doch etwas mehr bei Dir auslöst als ein reines erfassen von Maßen und Formen. Wenn also ein Pavillon, ein Raum Dir als Besucher, als Betrachter etwas zu sagen hat – was für eine Geschichte erzählt er Dir, zu was für einer Phantasie lädt er ein? Was könnte in solch einem Raum stattfinden – oder was könnte in solch einem Raum ganz und gar nicht stattfinden? Was wäre harmonisch, was wäre ein unangenehmer Kontrast?

Jetzt ist es aber ja nicht nur so, dass Du "passive" Raumnutzerin, -genießerin und -überdenkerin sein sollst, sondern Du sollst aktive Gestalterin sein – zumindest ist es das, worauf Dein Studium doch hinausläuft. Du musst mit den Räumen spielen können, Visionen entwickeln können, Veränderungen bewirken können, Phantasie bei anderen anregen können – Deine eigene Botschaften rüberbringen, oder die vagen Phantasien eines Kunden in Gestaltung übersetzen können.
Und darum gehts bei dieser Aufgabe. Um Kreativität. Du hast ein Ausgangsmaterial X (hier: Mies van der Rohes Pavillion) und Du fügst Komponente Y hinzu (hier: Ein Bleistift, könnte aber auch ne Kohlenschaufel, ein Dreirad, ein Jet oder ein Stück Scheiße sein), schüttelst einmal kräftig – was kommt dabei für eine Story heraus? Liebst Du Räume so wenig, oder hast Du so wenig Phantasie, dass da gar nix passiert? Wenn das wirklich der Fall ist – wechsel das Feld, ich kann mich nur wiederholen. Bei mir passiert da ne ganze Menge.

Mal'n paar billige spontane Assoziationen zum Weiterspinnen.
Ideenkette 1:
Mies van der Rohe – kühle, klassische Moderne, die weit in die Zukunft weist. Glas, Stein, totes Material, mathematisch grade Linien. Der Bleistift – althergebrachtes Werkzeug der Zeichner. Warmes Zedernholz um einen weichen Kern. Ein Werkzeug der Macht: Ein Bleistift kann alles zeichnen. Runde Formen. Blumen. Krikelkrakel. Botschaften der Rebellion verfassen. Begehrt er auf jeden die Strenge des Raumes, oder unterwirft er sich ihr? Gestaltet er mit dem Raum, über ihn hinaus, gegen ihn? Ist er stärker oder schwächer?
Ein kleiner Clip wie dieser könnte eine Fernsehwerbung für einen Stifthersteller sein… Inspiriert von Innenarchitektur.

Nächste Kette:
Mies van der Rohe – kühle, klassische Moderne, die weit in die Zukunft weist. Glas, Leichtigkeit, Transparenz. Horizontale. Schlichtheit. Deutscher Pavillon 1929.
Albert Speer – brachialer, "neogermanischer Klassizismus", der sich aus der Vergangenheit speist. Fels, Schwere, Uneinnnehmbarkeit. Vertikale, Machtinsignien. Deutscher Pavillon 1937.
Wie stehen die zueinander? Welche Rolle spielt dabei der Bleistift?
Ein kleiner Clip wie dieser könnte ein Einspieler für den Historychannel sein… Inspiriert von Innenarchitektur.

Nächste Kette:
Mies van der Rohe – kühle, klassische Moderne, die weit in die Zukunft weist. Glas, Stein, totes Material, mathematisch grade Linien. Leichtigkeit, Transparenz. Welche Leute leben in Räumen wie diesen? Leben sie dort, weil sie es sich ausgesucht haben, oder weil sie müssen? Kann so ein Raum zornig machen? Mächtig? Verzweifelt? Skrupellos? Zufrieden? Wozu lädt solch ein Raum ein? Zen? Orgien? Arbeit? Verbrechen?
Und wieder: Welche Rolle spielt dabei der Bleistift?
Ein kleiner Clip wie dieser könnte ein Trailer für einen Thriller sein… Inspiriert von Innenarchitektur.




Jetzt bist Du dran. Greif hiervon was auf, oder denk ganz neue Wege. Wenn was dabei herauskommt – mal's auf. In 10 bis 20 Scribbles. Scheißegal, ob die gut oder schlecht gezeichnet sind (wobei… gutes räumliches Zeichnen würd ich bei ner Innenarchitektin auch voraussetzen wollen…), get your idea out. Es eht doch nicht darum, dass Dein Storyboard gut gezeichnet ist, sondern darum, dass Du überhaupt Inspirationen haben kannst. Ideen entwickeln kannst. Mit Deinem Material (hier: Räumen) erzählen kannst. Das ist keine Frage für einen Kommunikationsdesigner, das ist das absolute, gedankliche Grundhandwerk eines Gestalters, egal in welchem Feld.

So, und jetzt ran.

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acapulco
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Beitrag von acapulco » 2. Mai 2010, 18:51

Sehr guter Beitrag Tobias!

Hutzebubbel
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Beitrag von Hutzebubbel » 2. Mai 2010, 19:18

Oha.
Ich fange mal mit etwas Positivem an. Hab vielen lieben Dank für deinen Post, deine Ideen und deiner Kritik.

Aber nun mal etwas ernster. Also dafür, dass ich so wenig geschrieben habe, scheinst du relativ viel über mich und meine Kreativität zu erahnen. Ich habe allerdings weder gesagt, ich habe kein Bock auf das Studium, noch dass ich in dieser Richtung nicht kreativ denken könnte, noch, dass ich viel zu technisch denke. Dann würde ich mir den Stress auch nicht antun. Ich liebe dieses Studium, aber ab und an brauche ich einfach mal einen guten Rat oder eine dritte Meinung.

Wir sind der erste Bachelorstudiengang auf unserer FH. Unser Hauptprofessor versucht das Diplom (5 Jahre) in den Bachelor (3 Jahre) rein zu packen. Ich habe letztes Jahr angefangen zu studieren. Ich hatte seitdem keinen einzigen Tag frei. Ich habe jede Woche bis zu 6 Projekte abzuliefern und nicht eben nur mal eine "technische Zeichnung" oder der gleichen. Ich habe seltenst ein Wochenende, ich arbeite an Feiertagen wie gestern, Weihnachten und co und in den "Semesterferien". Wir haben uns bereits sehr viel mit dem Pavillon beschäftigt und ich bin in unserem Kurs eine der Besten, wenn ich das sagen darf ohne als eingebildet abgestempelt zu werden. Als ich sagte, ich weiß nicht was das mit IA zu tun hat, war das nicht auf den Pavillon bezogen, sondern rein auf den Comic. Ich bin schlecht im Storyboardentwurf. Ich weiß, dass auch einige andere Sinne weiter geschärft werden müssen, um nicht nur stur auf den IA hin zu arbeiten. Find ich auch gut, aber gerade Comics... wir haben die Kommunikationsdesignstudenten direkt über uns und ich weiß, wie deren Arbeitsaufgaben aussehen. Daher meine Auffassung, es habe nicht direkt etwas mit IA zu tun.

Ich finde es etwas schade, dass ich gleich so kritisiert werde, nur weil ich keine Ideen mehr habe. Weil ich nett um Hilfe bat. Weil mein Kopf fast am Platzen ist. Weil ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. UND weil ich unter extremen Zeitdruck stehe. Ich habe mich bereits die halbe Nacht mit dem Comic beschäftigt und auch schon mit Entwürfen angefangen. Seit heute Morgen stand ich in der Schreinerei und habe an einem anderen Projekt weiter gearbeitet.

Schade, dass ich hier leider auf wenig Verständnis treffe.
Trotz alledem vielen Dank für die Tipps und deine Meinung. Weiterhin euch viel Erfolg.

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 2. Mai 2010, 20:14

@hutzebubbel: mein beileid wegen dem bachelor studiengang. ich hab KD auf diplom studiert und glaub dir gern wie sehr dich dein studium mit dem komprimierten lehrplan schlaucht. nichtsdestotrotz bist du es die etwas von den leuten hier will und solltest würdigen das sich tobias viel zeit genommen und gedanken gemacht hat um diesen langen, hochwertigen post zu verfassen. wenn du nicht mit kritik (egal ob gerechtfertigt oder nicht) umgehen kannst, sind kreative berufe in meinen augen nichts für dich. diese fähigkeit ist immer wichtig und auch fast immer noch ausbaufähig.

@tobias: wenn ihr studium auch nur ein kleines bisschen ist wie mein KD studium war, dann hat 1. der prof wirklich die frage nicht sinnvoll gestellt 2. sie eigentlich physisch nicht die zeit um die aufgabe wirklich gut zu lösen, so dass auch was bei rumkäm, weil sie noch so viel andere aufgaben machen muss, und 3. wirds auch keinen interessieren falls sie die aufgabe mega gut löst, weil die dinge nicht adäquat nachbehandelt werden.
ansonsten, ich hab mich im ersten semester auch noch zahlreich über aufgaben beklagt (später dann irgendwann resigniert. ich hab studiumsaufgaben fast nie so elanvoll abgearbeitet wie du hier in deinem post schwelgerisch beschreibst, dafür hatte ich zu viel nebenbei mit jobs zu tun) und nach dem was du schreibst wär ich dann auch definitiv falsch in dem studiengang/beruf gewesen. und tadaa, ich hab trotzdem ein gutes diplom, genug jobs und zufriedene kunden... (das auch nochmal als kleine aufmunterung für hutzebubbel)

Hutzebubbel
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Beitrag von Hutzebubbel » 2. Mai 2010, 20:34

Dank dir Martin für deinen aufmunternden Post :)
Es sollte nicht so rüber kommen, als könnte ich keine Kritik vertragen. Im Gegenteil. Ich bin für soetwas immer dankbar, allerdings sollte man sich vorher genug erkundigen, bevor man drauf los haut. Ich habe mich etwas angegangen gefühlt, wollte aber auch nicht unhöflich wirken. Sorry.

Aber nachdem ich jetzt nun hoffentlich eine geeignete und für mich umsetzbare Idee erarbeitet habe, werde ich mich an die Arbeit schwingen.
Trotz alledem vielen Dank nochmals :)

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aeyol
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Beitrag von aeyol » 2. Mai 2010, 21:09

Hutzebubbel, es wäre übrigens schön, wenn Du der Community auch nach Fertigstellung der Aufgabe erhalten bliebest und dann mal zeigst, was dabei herausgekommen ist. Ich fänds zumindest recht interessant mal zu sehen, was Ihr im Bereich IA so treibt. :D
Wenn ich kein Frosch wär´, könnten Vögel fliegen.

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