digitaldecoy schrieb:
Stichwort: "survival of the fittest"
Ist das nicht der Teil von Darwins Theorie, der die Kolonialisierungspolitik des 19. Jh. legitimierte?
Ich denke man sollte aufhoeren, Darwin fuer zu voll zu nehmen. Ea war doch auch nur eine Kreation seiner Zeit. Das heisst nicht, dass er nach heutigen Massstaeben voellig falsch ist, sondern nur, dass nicht mehr alles von ihm als richtig gilt.
Schauen wir uns Ratten an: In einer Population von Ratten sorgen sich alle um Nahrung. Doch wenn nun eine Ratte eine Verletzung erleidet, oder mehrere Ratten sich an ihren Schwaenzen verknoten, dann kuemmern sich die Handlungsfaehigen Ratten um sie und fuettern sie solange wie moeglich.
Nehmen wir den Putzerfisch. "Selbst Raubfische verhalten sich an den Putzerstationen (in Korallenriffen) völlig friedlich, warten, bis sie an der Reihe sind und lassen die Lippfische auch ins Maul und in die Kiemenhöhle schwimmen, damit diese sie dort säubern. "
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Putzerfische
Daniel, du meinst das Leben verzehrt das Leben - oder mit den Worten aus dem Film Genesis (2002), einem Dokumentarfilm von Claude Nuridsany und Marie Pérennou über die Evolution (sehr empfehlenswert): "Das Leben ist kannibalistisch." Vielleicht, aber nicht durchgehend. Es ist schliesslich sehr solidarisch. Eine Hand waescht die andere ist ebenso Teil des Lebens. (Iss den Apfel vom Baum und trage seinen Samen an einen neuen Ort, dein Geschaeft verrichte jedoch an den Baum, denn er kann es brauchen... - schon mal ueberlegt, warum man den Drang hat, in die Buesche anstatt in den Sand zu pinkeln?)
Hier setzen auch Leute wie die verpoenten Kreationisten an.
Doch erst einmal sollte man klaeren, dass es unterschiedlich Formen von Kreationismus gibt. Ich denke, wir sollten uns vor allem den evolutionistischen Kreationismus anschauen. Ihre Vertreter sehen in der elektromikroskopischen Aufnahme eines Bakteriums den Schoepfungsakt einer Intelligenz, die viele als Gott bezeichnen. Ein Bakterium bewegt sich dank der sog. Geissel. Naeher betratet ist es ein perfekt symetrischer Motor.
Die Geissel eines Bakteriums
Hier, sagen die Kreationisten, offenbart sich der Erfindungsreichtum Gottes. Kein Zufall, kein elektrischer Blitz der in eine Ursuppe zuendet, kein Glueck kann etwas so perfektes und symmetrisches Schaffen. Es muss demnach etwas geben, das dies gewollt hatte.
Eine Art Erstes - den ersten Beweger (nach Aristoteles:
unbewegter Beweger oder spaeter auch z.B. Thomas von Aquin oder Descartes:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gottesbeweis
Warum also glauben Menschen lieber an einen Gott als an die rohe Materie? Aus Faulheit wohl kaum - es hat einfach nichts damit zu tun, dass einer keine Buecher lesen will. Es hat etwas damit zu tun, dass Menschen einen Ursprung brauchen, um Identitaet zu haben.
Ohne Identitaet ist man nichts, also sucht man nach Identitaet. Und dabei stoesst man unweigerlich auf die Frage nach dem "Warum sind wir hier?" und "Wie kamen wir hierher?".
Die ersten, die diese Frage im Leben beantworten sind die Eltern, die Erzieher, die Grosseltern. Ihre Antwort in unserer Kultur lautet traditionell: wegen Gott. Und wenn man wie Aristoteles, Aquin, Descartes uvm. darueber nachdenkt, dann ist es ploetzlich die einzige nachvollziehbare Erklaerung. Wegen eines Gottes. Vielleicht wegen mehrerer. Vor allem wegen etwas, das hoeher, weiter, groesser ist als man selbst.
Der Film "Zeitgeist" zitiert zu Beginn einen Auszug aus einem Kabarett. Hier macht sich jemand ueber den Glauben lustig. Zurecht. Es ist tatsaechlich so, dass es Menschen gibt, die glauben, Gott sei ein baertiger Mann. Das ist vor allem auch auf dieses Bild zurueck zu fuehren:
Der Irrglaube entstand zur Zeit der Ablassbriefe, gegen die Martin Luther so nachhaltig protestiert (Protestantismus). Denn wie wir alle wissen (seltsamer Weise, dabei sind wir doch Atheisten) heisst es in den Zehn Geboten:
Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde.
Wenn sich der Typ in "Zeitgeist" in seinem Sarkasmus ueber irgendwas aufregt, dann ueber die
falsche Kirche, die noch heute und vor allem in den USA
politisch instrumentiert wird.
Es gibt also keinen Grund, Daniel, diesen Typen als falsch handelnd zu diffamieren.
Daniel schieb:
Ich bin halt der Meinung, dass man sich in einer Diskussion über Religion mit dem Standpunkt des Gegenübers kritisch auseinandersetzen sollte und nicht das Recht hat, ihn zu veralbern, wie es in dem FIlm getan wird.
Auch wenn du Recht hast mit deiner grundsaetzlichen Meinung, so stimmt es diesbezueglich nicht. Warst du es nicht, der sich in einem anderen Thread einmal ueber die Typen mit den Aluminiumhueten lustig machte? Das kann man doch auch als eine Art Religioese Kleidung bezeichnen, nur eben fuer einen Glauben, der weit weniger Anhaenger hat als die fundamentalistische Kirche der USA.
In meinen Augen hat es durchaus Sinn, Fundamentalismus zu veralbern und damit diejenigen zu gewinnen, die ueber einen weiteren Horizont hinaus denken koennen als den der vom Ortspriester gepredigt wird.