Gedanken eines angehenden Zeichners

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digitaldecoy
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Beitrag von digitaldecoy » 11. Sep 2009, 15:34

Eventuell interessiert Dich gerade etwas anderes mehr als das Zeichnen, Du willst aber aus Deinem gewohnten Ansatz nicht ausbrechen, weil Du nicht vom Weg abkommen willst. Überleg vielleicht mal, was Dich zuletzt wirklich fasziniert hat. Vielleicht hast Du einen Animationsfilm gesehen und hast den Impuls verspürt, auch sowas zu machen. Oder vielleicht hast Du auf Youtube gesehen, wie jemand mit einem BMX-Bike wahre Wunder vollbringt und wolltest das direkt auch ausprobieren. Versuch einfach mal, mit ganz klarem Kopf Deinem innersten Impuls zu folgen und Dich frei zu machen von jeglichem Verpflichtungsgefühl dem Zeichnen gegenüber. Du interessierst Dich vielleicht gerade für Musik, dann stürze Dich drauf! Du hast Deine Leidenschaft für Modellbau entdeckt? Mach was draus! Ich hatte mal eine zweijährige Phase, in der ich Feuerwerkskörper gebaut und Explosionen gefilmt habe. Kann ich heute noch nutzen, was ich damals über dynamische Prozesse gelernt (besser: am eigenen Leib erfahren) habe. Sehe das Leben als gewaltiges Gesamtkunstwerk, von dem das Zeichnen nur eine winzige Facette ist. Und verdirb Dir diese Facette nicht, indem Du Dich zu irgendwas zwingst. Sobald Du Deine Aufmerksamkeit auf was Neues gelenkt hast, wirst Du automatisch wieder zum Zeichnen zurückfinden, wenn es Dich wirklich interessiert. Unterm Strich: tue, wenn die Umstände es Dir ermöglichen, immer genau das, was Dich gerade am meisten interessiert, denn das wirst Du zwangsläufig mit der größten Effizienz tun.
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MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 11. Sep 2009, 18:29

ich kann das ganz gut nachvollziehen. eine lösung hab ich aber weder für dich noch für mich. vielleicht doch den beruf wechseln?! du hast ja noch jahre zeit dir darüber gedanken zu machen, siehs entspannt und genieße noch machen zu können worauf du lust hast. in 5 jahren könnten sich deine interessen eh wieder grundlegend geändert haben. von daher solltest du einfach daniels rat befolgen und überlegen was dich motiviert.

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Jabo
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Beitrag von Jabo » 11. Sep 2009, 18:42

Der Unterschied zu damals ist, dass du dir jetzt mehr der Schwierigkeit deines Plans unterbewusst klar geworden bist. Das schreckt erstmal ab, sollte aber auf lange Sicht kein Hindernis sein, wenn du wirklich zeichnen willst.

Du schreibst sehr viel von "zeichnen lernen", wo es eigentlich nur "zeichnen" heißen sollte. Du wirst es nicht lernen, wenn du dir selbst auferlegst, es zu müssen. Stattdessen solltest du es wollen. Zu sagen, dass du es lernen willst, fällt leichter, als zu sagen, dass du es lernen wirst. Sobald du willst, ist das tun leichter.

Deshalb ist Daniel's Tipp sehr wichtig: Mach das, was du machen willst. Oder etwas eindeutiger: Mach das, worauf du gerade Lust hast. Lust an etwas zu haben ist der größte Motivationsfaktor. Und wenn dir etwas wirklich wichtig ist, wirst du immer dazu zurückkehren. Ich habe gerade eine längere Zeit nicht mehr viel gezeichnet, weil mich etwas anderes mehr interessiert hat. Seit einigen Wochen ist der Drang zu Zeichnen und zu Malen aber wieder zurück, stärker denn je. Die Batterien müssen eben auch aufgeladen werden.

Wenn du dich zu sehr zwingst, etwas machen zu müssen, ist das genau so schlecht, wie wenn dich jemand anderes dazu zwingt. Stattdessen solltest du darauf achten, dir deine Zeit möglichst ausgewogen einzuteilen. Nehmen wir an du skatest gerne, zeichnest gerne und spielst gerne ein Instrument. Das ist eine viel energie-reichere Kombination als nur zu zeichnen. Die Dynamik der Skaterei wird die anderen Bereiche stark beeinflussen, und umgekehrt. Wenn du dich zu sehr auf das Zeichnen versteifst, hast du keine Quelle für deine Energie, als das Zeichnen selbst. Und diese Quelle gibt weniger Energie, wenn man sie zu stark abnutzt.

Gerade in deinem Alter ist das vielleicht sehr wichtig. Mach lieber das, was dir gerade Spaß macht, als dir einzureden, dass du irgendwas ganz speziell "machen wollen musst". Das wird dir mehr bringen als deine komplette Aufmerksamkeit einer Sache zu schenken.

Und um trotzdem noch einen Anreiz zu geben: Je besser du zeichnen kannst, desto mehr Spaß macht es ;)

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Beitrag von Farbnebel » 21. Mär 2010, 13:09

Wie geil, "...okay er ist schon über 35..."
Das scheint aus der Sicht eines 16 jährigen ein ziemliches Alter zu sein. Aber ich war wohl nicht anders, damals vor 24 Jahren. :D

Ich glaube, dass Du aus solchen Treffen, wie Du es vorhast, am meisten Motivation ziehen wirst, obwohl Du unterbewusst vielleicht nicht wirklich zeichnen willst. Du möchtest, aber das Wollen fehlt vielleicht. So würde ich das beschreiben. Kenne ich von mir selbst, allzu oft.
Ich kann mich Daniel und Jabo nur anschließen, auch wenn deren und mein Post sich wahrscheinlich so einfach anhört, aber schwer umzusetzen scheint.
Wenn Du Bock auf anderes hast, mach es. Dieses ständige zu etwas zwingen wirst Du wahrscheinlich in Deinem späteren Job zur Genüge haben, deswegen versuch dich zu entspannen und das zu machen, wozu du Lust hast. Und zwar so lange es möglich ist.
Wenn Du derzeit wirklich aus Deinem Inneren zeichnen wolltest, würdest Du es einfach tun. Das kommt dann von allein. Genau dass meint Jabo.

Alles was Du wirklich gut können wirst, wird immer nach dem Muster "Wissen, Wollen, Können" ablaufen.
- Wissen in Form von Bewusstmachung das etwas da ist, was Dir evtl. Spaß macht, wenn Du dich näher damit beschäftigt.
- Wollen in Form von "es kommt aus meinem Innersten und bedarf keiner Überwindung eines inneren Schweinehundes". Die nähere Beschäftigung hat vielleicht zu dem Ergebnis geführt, dass man sich das Ganze anders vorgestellt hat.
- Können im Sinn des Wortes. Weil Du es wirklich willst machst Du es ständig und dann ist es irgendwann da! Die Technikbeherrschung, das Können. Egal auf welchem Lebensgebiet!
Aber es wird ohne Ende Themen geben, die Dich interessieren werden, die Du aber wieder fallen lassen wirst. Das ist völlig normal und nennt sich NEUGIER. Die Menschen habe sich die Mühe gemacht, extra ein neues Wort aus 2 alten zusammen zu setzen. Die extreme Lust auf nicht bekannte Dinge und Themen wurde da extra mit einem neuen Wort beschrieben. Die GIER nach NEUEM.

Vielleicht WILLST Du nach dem Besuch bei dem Dorfmaler richtig, da er Dir bisher völlig unbekannte Sichweisen vermitteln konnte, aber vielleicht auch nicht. Ggf. merkst Du dabei, dass es eigentlich überhaupt nix für Dich ist. Kann auch sein. Es bringt auch nix, sich einen Kopf nach dem Motto "Oh je, vielleicht will ich ja gar nicht zeichnen..." zu machen. Auch wieder leicht gesagt, aber je öfter man es hört, desto einfacher wird auch zu dieser Einsicht das "Wissen, wollen, können" sein.

In Deinem Alter ist es meines Erachtens völlig normal, mehrere Dinge auszuprobieren und auf der Suche zu sein.
Menschen (alle, ohne Ausnahmen!) suchen und brauchen Anerkennung im Leben. Im Moment hälst Du es für Dich wahrscheinlich auch für eine gute Methode an Anerkennung zu kommen, wenn Du zeichnen kannst. Wenn Du aber beim Herumprobieren merkst, dass das mit der Aufmerksamkeit durch etwas anderes viel besser klappt, wirst Du Dich wahrscheinlich darauf konzentrieren.

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TituS
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Beitrag von TituS » 22. Mär 2010, 02:00

das was du beschreibst habe ich auch heute noch des öfteren. obwohl ich klare ziele habe, damit mein geld verdiene und es mir viel spaß bereitet.
dabei sind es bei mir oftmals schon kleine lustkiller wie:
- druck: hab nur ne stunde zeit, was kann ich am sinnvollsten malen -> einfach machen, egal ob sinnvoll oder nicht - drüber nachzudenken, was sinnvoll ist und was nicht ist so ziemlich die sinnloseste alternative ;)
- arbeitsplatz nicht vorbereitet; ich muss erst materialien rausholen, alles aufbauen -> kreativität braucht ne kreative umgebung, ich muss sofort loslegen können
- kopf ist nicht frei. ich will, aber kann nicht -> ausgleich finden, energie tanken, was anderes machen
- falsches verhältnis von übungen zu freiem arbeiten -> die abwechslung machts. manchmal tuts gut nicht denken zu müssen, sondern einfach zu üben, manchmal muss man auch ungehemmt die sau raus lassen
- hunger, schlechte laune, ungeduld....

wobei sich das bei dir so anhört, als würdest du dich mit deinen selbst auferlegten übungen frustrieren. du hast lust zu malen, aber gleichzeitig streubt sich dein ganzer körper gegen das, was vor dir liegt. vielleicht ists doch eine falsche herangehensweise, mit der du den spaß am zeichnen, das in den flow kommen, direkt im keim erstickst.
stumpfe übungen können frustrieren, wenn man nur spaß haben will. freies zeichnen ebenso, wenn man mit dem ergebnis unzufrieden ist oder nicht weiß, was man zeichnen soll.
mit dem stilleben scheinst du auf dem richtigen weg zu sein. du kannst dich völlig auf deine wahrnehmung konzentrieren und einfach loslegen. spüre, was es heisst zu sehen, zu malen, in den flow zu kommen und dabei die zeit zu vergessen. du schaffst dir damit einen raum, in dem es nur dich und das objekt gibt, alles andere ist in dem moment unwichtig. das kann etwas wunderbares sein in unserer hektischen zeit. so als ob man in ein gutes buch eintaucht, draußen in der natur unterwegs ist und alles in sich aufsaugt oder was auch immer.
so schaffst du dir erst mal eine gute basis, einen fruchtbaren boden auf dem du alles wachsen lassen kannst, was du nur möchtest.
dabei werden sich dir schon noch klarere ziele und wünsche auftun, so dass du dich mit passenden übungen diesen gezielter nähern kannst.

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 22. Mär 2010, 13:35

scheiß auf spaß, von disziplin hast du langfristiger was und egal was du machen willst, irgendwo wird ein punkt kommen wo dich nur noch disziplin weiterbringt. ;)
die mischung machts?

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 27. Mai 2010, 22:45

klingt doch gut. weitermachen und resultate posten!
probier mal in einer schädelstudie alles zu beobachten was du kannst. das dauert dann ein paar stunden (können auch 5 stunden oder weit mehr werden, je nachdem wie viel mühe du dir gibst), und du zeichnest jede pore und jede delle in dem ding ab. mach am besten ein foto von deiner betrachterposition, zeichne dann aber vom modell, und poste foto und zeichnung zusammen.

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