Comic-Frage

Antworten
Benutzeravatar
JahGringoo
Artguy
Beiträge: 2337
Registriert: 22. Mär 2007, 21:05
Wohnort: Wörth am Main
Kontaktdaten:

Comic-Frage

Beitrag von JahGringoo » 2. Dez 2010, 01:32

Hatte gerade eine längere Diskussion mit xxx, die fast in ein ausgereiftes Handgelange eskaliert wäre. (verhindert haben das wohl nur die 60 Kilometer, die zwischen uns lagen/liegen)

einfach in der Hoffnung, qualifizierte, konstruktive Beiträge zu der interessanten Frage zu hören, stell ich sie mal hier. Ganz frisch und undisskutiert:

Kann ein einzelnes Bild ein Comic sein?

Benutzeravatar
digitaldecoy
Moderator
Moderator
Beiträge: 3306
Registriert: 17. Mai 2006, 11:15
Wohnort: Warendorf
Kontaktdaten:

Beitrag von digitaldecoy » 2. Dez 2010, 09:28

Ich denke, der Knackpunkt der Frage liegt bei der Definition des "einzelnen Bildes". Natürlich ist es problemlos möglich, zwischen den Panels eines Comics die Grenzen wegzulassen und alles in einer großen Kollage anzuordnen und so eine ganze Geschichte in einem Bild zu erzählen. In einem Wimmelbild z.B. werden hunderte Geschichten innerhalb eines Bildes erzählt. Ob man, wenn man aus einem Comic ein einzelnes Panel nimmt, dieses dann für sich alleine schon als Comic bezeichnen kann, wäre wieder eine andere Frage. Ich denke, die Übergänge zwischen Illustrationen und Comics sind fließend und der Comic fängt nicht erst bei Panelrahmen an.

Ich glaube, für mich persönlich fängt der Comic an, wenn durch räumliche Anordnung ein zeitlicher Ablauf suggeriert wird (im Gegensatz zu einem Standbild, in dem alles zum gleichen Zeitpunkt stattfindet). Und dies kann natürlich auch innerhalb eines einzelnen Bildes passieren. Allerdings ist auch diese Definition nicht ganz wasserfest, denn in einem Wimmelbild kann ja z.B. auch alles zum gleichen Zeitpunkt passieren, obwohl die Häufung der Vorfälle irgendwie suggeriert, dass hier verschiedene Ereignisse sozusagen nachträglich zu einer Gesamtkomposition zusammengefügt wurden. Wirklich nicht einfach! Nur das Erzählen einer Geschichte kann auf jeden Fall kein Kriterium sein, denn das tut man auch mit einer klassischen Illustration in der es keinen zeitlichen Ablauf gibt, weil man als Betrachter die vorangegangenen (oder folgenden) Ereignisse automatisch hinzuergänzt.

Hmm, ich denke, ausschlaggebend für die Verwendung des Begriffes "Comic" wäre für mich tätsächlich, dass verschiedene Zeitpunkte dargestellt werden. Ein Wimmelbild wäre also kein Comic, sodern höchstens ein Grenzfall.

Aber, was Comic in einem Bild angeht: kein Problem!
Besuch mich doch Mal in meinem Personal Showroom! - http://www.digitalartforum.de/forum/vie ... php?t=1604

Benutzeravatar
coodle
Senior Member
Beiträge: 303
Registriert: 5. Sep 2007, 08:40

Beitrag von coodle » 2. Dez 2010, 11:40

Der deutsche Wikipediaartikel schlägt sich doch bereits mit den Definitionen herum. Dabei werden sowohl McClouds als auch Eisners Ansichten zitiert, wobei Eisner wohl mindestens zwei Bilder als Kriterium sieht.
Als weitere Grenzfälle (ergänzend zum Wimmelbild) werden Bilderbücher gesehen, die eine Geschichte auf mehrere Illustrationen verteilt und ebenfalls eine Art sequenzielle Kunst darstellt.
Und so weiter und so fort.
Für mich sind Comics definiert durch Panels bzw. panelähnliche Aneinanderreihung mit entsprechender Erzählweise (also kein Film Storyboard).
viva la animacion

Benutzeravatar
schlummi
Artguy
Beiträge: 1440
Registriert: 2. Sep 2008, 18:55
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von schlummi » 3. Dez 2010, 20:03

ich finde comics werden durch den text zu comics gemacht. es gibt doch diesen satz "comics LESEN". auch ein bild mit ausreichend text(blocks) landet bei mir in comics-"schublade"...

eine illustration kann durchaus zeitlichen ablauf suggerieren, finde ich. also z.b. unten links hexe über dem kessel nahaufnahme, oben rechts die hexe aufm besen unterwegs. ausm text weiss man, dass's diesselbe ist nur zu unterschiedlichen zeitpunkten. ist das ein comic? ...hmmm :?

/edit
wie wäre's so, wenn ein text nötig ist um ein bild zu verstehen, isses illu. wenn ein bild nötig ist um ein text zu verstehen, isses comic. :?

Benutzeravatar
digitaldecoy
Moderator
Moderator
Beiträge: 3306
Registriert: 17. Mai 2006, 11:15
Wohnort: Warendorf
Kontaktdaten:

Beitrag von digitaldecoy » 4. Dez 2010, 00:04

Also, das Vorhandensein von Text würde ich wirklich nicht als Kriterium für Comics hernehmen. Dafür gibt es einfach zu viele Comics, die ohne Text auskommen. Spontanes Beispiel:

Stupid Snakes
Besuch mich doch Mal in meinem Personal Showroom! - http://www.digitalartforum.de/forum/vie ... php?t=1604

Benutzeravatar
Noel
Senior Member
Beiträge: 419
Registriert: 12. Aug 2010, 18:44
Wohnort: Der Norden
Kontaktdaten:

Beitrag von Noel » 4. Dez 2010, 10:24

sry aber muss kurz einwerfen das der comic genail is ^^
eine bereicherung ihn mal gesehen zu haben~

Benutzeravatar
schlummi
Artguy
Beiträge: 1440
Registriert: 2. Sep 2008, 18:55
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von schlummi » 5. Dez 2010, 02:53

@digitaldecoy
dachte mir schon, dass gleich was ohne text kommt... hätt fast schon was aus moebius-ecke erwartet... :D

hmmm... comics sind generell nicht so mein ding... für mich ist meisst nur graphisches dran konsumierbar. und doch, hätt ich so meine schwierigkeiten dein beispiel so ganz ohne weiteres als comic zu bezeichnen... es sieht für mich eher nach keyframing für ne anim aus. schon einigermassen comichaft, denn der text, zumindest auf emotionen-niveau, mag aus gestalterischen gründen ausgespart sein, doch ganz ohne denk/sprechblasen ging's auch hier nicht so wirklich.
warum soll das ein "comic" sein? weil autor das gesagt hat? weil uns kein anderes wort dazu einfällt? geht's um zeit-abstände? sonst ist jeder kirchenaltar ein comic... seit egyptischem "buch der toten". ;)

meine überlegung war: kann ich einem bild durch bestimmte elemente eignung für bestimmte "schublade" verleihen? in diesem fall, mit text(blocks) fände ich's gewährleistet. denke ich... :?

PS. hab gerade wiki-artikel angeknabbert... demnach könnte's ein-bild-comic nicht geben. rein formal gesehen dürfte sich etwas als "comic" bezeichnen, das (mehrere)panels und text beinhaltet. müssen halt "strips" sein. wenn ich's auf english richtig verstanden hab. :?

Benutzeravatar
digitaldecoy
Moderator
Moderator
Beiträge: 3306
Registriert: 17. Mai 2006, 11:15
Wohnort: Warendorf
Kontaktdaten:

Beitrag von digitaldecoy » 5. Dez 2010, 13:54

In Scott McClouds "Understanding Comics" werden präkolumbische Bilderhandschriften, Ägyptische Hieroglyphen, der Wandteppich von Bayeux etc. als frühe Formen des Comics angeführt. Und Scott McCloud hat natürlich immer Recht! ;)

Die Frage ist, was einem die exakte Fixierung des Begriffes bringen soll. Man hat ja nicht nur das Problem, dass der Comic als Kunstform extrem vielseitig ist, sonders dass der Begriff "Comic" regional auch ganz unterschiedliche Bedeutungen hat. In Amerika z.B. musste extra der Begriff "Graphic Novel" erfunden werden, weil der Begriff "Comic" so sehr an die wöchentlich erscheinenden 22-Seiter von Marvel und DC gebunden ist, dass es für sowas wie ein französisches Album oder eine längere Geschichte mit über 100 Seiten als Begriff irreführend ist. Der Begriff "Graphic Novel" ist also eher ein Marketingintrument als ein Versuch, den Comic besser zu definieren.
Besuch mich doch Mal in meinem Personal Showroom! - http://www.digitalartforum.de/forum/vie ... php?t=1604

KiedaN
Newbie
Beiträge: 39
Registriert: 8. Jun 2009, 05:33
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Beitrag von KiedaN » 7. Dez 2010, 00:55

Auch im Deutschen ist die Wort-Verwandschaft von Comic und Komik durchaus nicht unterstützend für eine breite Akzeptanz des Comics als ernstes Medium. Wobei da bei uns natürlich auch noch geschichtliche Gründe mit hinein spielen. Und inzwischen geht's glaub ich auch langsam voran: hab neulich zum ersten Mal 2 Comics im Hugendubel auf den normalen Büchertischen gesehen! Naja, aber darum geht's ja grad gar nich, pardon.

Persönliche Meinung zur Ursprungs-Frage: Nein. Für mich ist der "sequentielle" Charakter einer Bildfolge entscheidend. Natürlich gibt es irgendwo immer nicht ganz klar definierbare Zwischenformen, aber eigentlich denke ich auch, dass es nicht wirklich entscheidend ist, all diese mit einer Definition abdecken zu können.

Gleich nochmal ein kleiner Abschweifer: aus dem Bauch heraus hätte ich zum Beispiel die klassische Bildergeschichte klar vom Comic abgegrenzt. Auf grund der Diskussion hier ob Text ein entscheidendes Kriterium ist, hatte ich an den Vergleich zum Film gedacht. Ein Stummfilm ist natürlich immer noch ganz klar ein Film. Aber oft wurden Stummfilme ja mit Textzeilen kombiniert. Wäre man da mit dem Vergleich nicht bei der Bildergeschichte?
Mein Fazit aus diesem Gedankengang war, dass es bei einer klassischen Bildergeschichte, anders als bei diesen Filmen und auch anders als in Comics, die Handlung eigentlich komplett über den Text transportiert wird, und die Bilder das ganze "nur" illustrieren. Das schreibe ich jetzt hauptsächlich daher, weil es mir wieder etwas über das Gestalten eines für meine Kriterien "guten" Comics bewusst gemacht hat. Nämlich, dass man nicht nur seinen Text für jedes Panel illustriert, sondern wirklich bewusst mit den Bildern erzählt, und auch immer eine gewisse Ausgewogenheit zwischen den sprachlichen und den bildlichen Informationen schafft. So, nochmal sry, falls das jetzt zu weit vom Thema weg war

soju-entertainment
Member
Beiträge: 247
Registriert: 6. Dez 2010, 21:02
Kontaktdaten:

Beitrag von soju-entertainment » 7. Dez 2010, 09:33

KiedaN
der letzte abschnitt trifft es meiner meinung nach ganz gut. im comic wird mit bildern erzählt und die bilder bestimmen die handlung, weshalb beispielsweise die frühen tarzan-"comics" oder fosters prinz eisenherz nicht in die kategorie comic fallen sondern vielmehr illustrierte geschichten sind bei denen mann die bilder auch weglassen kann ohne von der geschichte etwas zu vermissen.

schlummi
und doch, hätt ich so meine schwierigkeiten dein beispiel so ganz ohne weiteres als comic zu bezeichnen... es sieht für mich eher nach keyframing für ne anim aus.
ich denke es kommt schließlich immer auf den verwendungszweck an. wenn du ein storyboard eines filmes in buchform in ein comicregal stellst, sollte es nicht unbedingt negativ herausstechen...
und wenn ich mir die sachen von goro so anschaue. wünsche ich mir, die gedruckt mit ein paar sprechblasen zu lesen!

-und was comic ohne text angeht, muss ich an diese geschichte denken, die ich vor etwa tausend jahren mal gezeichnet habe... :roll:


ps: mit der eigentlichen frage hat das jetzt aber nichts zu tun, da weiß ich keine antwort...

Benutzeravatar
schlummi
Artguy
Beiträge: 1440
Registriert: 2. Sep 2008, 18:55
Wohnort: Stuttgart

Beitrag von schlummi » 8. Dez 2010, 14:21

digitaldecoy hat geschrieben:Die Frage ist, was einem die exakte Fixierung des Begriffes bringen soll.
JahGringoo hat geschrieben:eine längere Diskussion mit xxx, die fast in ein ausgereiftes Handgelange eskaliert wäre.


ist doch klar! :D

Tobias-M
Senior Member
Beiträge: 717
Registriert: 4. Apr 2007, 15:27
Kontaktdaten:

Beitrag von Tobias-M » 12. Dez 2010, 21:45

Ich halte das Vorhandensein einer verständlichen Sequenz ebenfalls für ausschlaggebend, von einem Comic zu sprechen. Einzelbilder ohne Sequenz sind für mich Cartoons oder Illustrationen.

Demzufolge sind auch Bildtableaus wie "Wie benutzt man eine Sauna?" oder "Verhalten im Brandfall" Comics. Serious Comics sozusagen.

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder