'Blinded'

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mathis
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Beitrag von mathis » 12. Jun 2011, 22:10

Hallo hallo,

ich wollte hier auch mal gern meinen letzten Film fürs Studium vorstellen. Das war ein Gruppenprojekt zu effektiv drei Leuten mit knapp 2einhalb Monaten Zeit und 250 Euro Privatbudget.

Auch wenn weit nicht alles so ist wie ich's gerne hätte, hatt's doch Spaß und sehr gute Erfahrungen gebracht und ich bin ganz zufrieden damit.

Über den engeren Freundes-/Familienkreis hinausgehende Kritiken würden mich aber nichtdestotrotz interessieren, vor allem da ich mich nun in Richtung Filmemachen und speziell Kameraarbeit weiterentwickeln und -bilden möchte.

Das Ganze ist ein 16-minütiger, postapokalyptischer Kurzfilm mit wenig Gerede, dafür aber auf englischer Sprache:

http://vimeo.com/dinin/blinded

din

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Triton
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Beitrag von Triton » 15. Jun 2011, 18:54

Gefällt mir ganz ausgezeichnet. Die gedämpften Farben und die musikalische Untermalung finde ich sehr gut.

Aber einige Sachen die mir auffallen:
- der Protagonist ist ziemlich gut gegen Umwelteinflüsse geschützt: Gasmaske, Lederhandschuhe, gut geschnürte Stiefel etc. Aber Ohren und Kopf lässt er total frei und ungeschützt? Ergibt wenig Sinn finde ich. Zumindest hat man uns bei der BW was anderes beigebracht :D
Und warum trägt er überhaupt ne Gasmaske? Niemand sonst trägt eine. Ist doch überall grün und schön und tüffig. Ein-Zwei Szenen die die Gefahren vor denen er sich schützen will deutlich machen wären da gut gekommen. z.B. sowas wie bei 5:15 bis 5:45. Die zerhackten Bäume und der Tierschädel. Nur früher und klarer.
Kurz: Eine Gasmaske zu tragen und damit rumzurennen ist nicht angenehm. Die Dinger trägt man also nicht aus Spaß.

- Der Schnitt und die Wahl der Bildausschnitte am Anfang gefällt mir auch nicht so recht. Alles total ruhig und idyllisch. "Postapokalyptisch" bedeutet für mich, dass immer ein subtiles Gefühl von Gefahr, vom Chaos dieser unbekannten harten Welt zu spüren sein sollte. Das kommt überhaupt nicht rüber. Der Schauspieler sieht aus wie ein Schauspieler mit Gasmaske auf irgend ner Wiese und nicht wie einer der wenigen überlebenden einer zerstörten Welt :)

- ansonsten habt ihr ja ganz gut auf Details geachtet, z.B. mit dem vergilbten Buch, den geflickten Zäunen und Tor oder dem dreckigen Tisch.
Aber warum sollte man in einer Welt nach dem Untergang der Zivilisation am Tage kerzen brennen lassen? So verschwenderisch wäre doch niemand.

Auch sonst hätte ich vielleicht etwas unordentlichere Frisuren erwartet, oder bärte, dreckige/geflickte Sachen usw.

Zerbröckelte Straßen, Ruinen, Autowracks wären auch ein sehr geeignetes Mittel um das Setting glaubwürdiger zu machen. Und sowas findet man quasi in jeder Stadt.

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mr.old
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Beitrag von mr.old » 15. Jun 2011, 23:09

Sehr schöner Film, Dinin.
Auch sehr schöne Kritik, Triton. Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen.

Auch was jmd. bei vimeo geschrieben hat mit den Tiefen, ist mir aufgefallen. Die sind manchmal zu dunkel und schmieren das Bild etwas zu sehr zu. Vorallem als er durch diese Baumgruppe läuft. Die Details in den Schatten wären einfach schön gewesen.

Mir kam auch sofort der Gedanke: Hätte man nicht die ganze Farbstimmung etwas trister halten können. Noch mehr entsättigen. Vielleicht wolltet ihr auch mit dem hohen Kontrast, der die Tiefen so kräftig gemacht hat, diesen Effekt erzeugen. Aber eventuelle ein noch kältere Atmosphäre würde den Gesamteindruck verstärken. Vielleicht auch das Gegenteil: eine eher Sepia-gefärbte Luft, die eine hohe Verschmutzung der Erdatmosphäre verdeutlicht, durch die alle anderen gestorben sind. Aber ihr habt da bestimmt auch rumprobiert. Man kennt das ja mit den Kompromissen. ;)

und am amüsantesten fand ich am Ende den Barcode unter der Öllampe. War das tatsächlich so augenscheinlich gewollt? Und wenn ja, warum? Ich verstehs nicht.

Was die Kameraführung angeht. (Weil du meinst, dass du da spezialisieren willst) Ich fande den Camerashack manchmal zu heftig. Ist mir wirklich einmal schwindelig geworden und dabei trink ich sonst garnichts. Wirkte in einigen Verfolgungsperspektiven fast als würde man laufen oder sogar rennen, obwohl der Moment in der Handlung ein Gehen vermittelt hat. Auch die Schärfe lag für meinen Geschmack zu oft zu willkürlich auf irgendwelchen Dingen, aber nicht da wo ich dachte, dass ich da hingucken soll.

Aber mal von Details und so abgesehen ein starkes Ding. Hoffe das ich auch irgendwann mal in solch einen Genuss kommen kann, meine eigenen Kurzfilme zu machen. Ich bin gespannt, was wir in dieser Richtung noch von dir sehen werden :)

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mathis
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Beitrag von mathis » 22. Jun 2011, 09:16

Danke schön euch beiden :) Das sind mal alles sehr gute Kritikpunkte.


Um erstmal bei den kleineren Schnitzern anzufangen: Den Barcode haben wir tatsächlich übersehen, das war aber auch das Ende eines überaus langen Tages ;) Die Szene mit den Kerzen war erst als Nachtszene geplant, das Licht kam aber dann schön durch so ein kleines Fenster in der Hütte und das von den Kerzen hätte nicht gereicht zum filmen - die Kerzen haben wir dann vergessen auch auszumachen... ich hab' sogar gerade ein Essay über Diskontinuität als abstraktes stilistisches Mittel geschrieben, aufgrund der sehr begrenzten Gruppengröße konnte sich aber bei uns niemand nur auf die Continuity konzentrieren. Mhpf.

Die kleine Waldszene war überaus schwierig aufzunehmen, da wir recht ausnahmslos so sehr sonnige Tage hatten (und zu viel Zeitdruck zum Verlegen), wodurch die Schatten eh schon saustark sind. Im Wald ist mir dann einiges abgesumpft, ich dachte mir aber das sei besser als da die Höhen stark überzubelichten - das wäre ja nicht bloß im Hintergrund, sondern auch oft genug in den Gesichtern oÄ. Ich bin mir noch immer nicht sicher was genau man dagegen machen könnte..
Das gleiche Problem hatte ich bezüglich Schärfenverlagerungen, da ich mit oft sehr weit geschlossener Blende arbeiten musste (hab noch keinen ND-Filter.. geschweige denn Follow Focus). Abgesehen davon gibt es ein paar wenige Szenen in denen der Fokus auf etwas im nahen Vordergrund statt auf dem Hauptcharakter liegt - das war aber soweit gewollt. Ich mag allgemein Unschärfe als Stilmittel sehr gerne.

Der Kamerashake ist noch etwas zu fies an einigen Stellen, da nehme ich alle Schuld auf mich ;) Da wollte ich auch nochmal in After Effects stabilisieren, hat aber am Ende die Zeit gefehlt. Wenn ich mich nochmal dranbegebe ist das ab jetzt Punkt 1 ;)

Die Farbstimmung ist für mich am Limit in Richtung Grau, da ist schon überaus viel herausgenommen. Die Idee mit dem eher Sepia gefärbten Himmel reizt mich aber schon, das könnte gut kommen.

Das mit dem etwas zu idyllischen Anfang habe ich bisher noch nicht so gesehen, erkenne aber was du meinst. Für all sowas verliert man glaube ich den Blick nach einer Weile :/ Wir wollten ihn halt vorerst ohne jegliche Erklärung zeigen um eine Art von Spannung vor dem Unbekannten zu erzeugen - die Welt hätten wir aber nebenbei eindeutig näher definieren können.

Bei der BW war leider keiner von uns :D Bezüglich zusätzlichen Schutzes mangelte es da bei uns wohl an Recherche. Mit der Maske schützt er sich in erster Linie vor Seuchen und fiesem Bakterienkram. Unsere Hintergrundstory ist da ein Meteoreinschlag, der etliche andere Naturkatastrophen wie Fluten, Erdbeben etc. ausgelöst und die Menschheit stark zersplittert hat. Die Banditen, die nicht wie die Hauptperson in einer gut organisierten Siedlung wohnen, haben schlicht keine Gasmasken zur Hand. Die Siedler wiederum, wie z. B. der Wächter, können nicht den ganzen Tag mit Masken herumlaufen und arbeiten, die werden also nur für "Außeneinsätze" benutzt. Der Mann schießt ja ohnehin auf alles Unbekannte was sich so nähert...
Komplett zufrieden bin ich damit auch nicht, aber naja.

Zu guter Letzt hatten wir auch eigentlich vor das Ding zur Hälfte in eher urbaner Gegend zu filmen und haben da auch viel Recherche betrieben - allerdings nicht zu voller Zufriedenheit. Ein paar Locations waren vorzüglich, gescheitert ists am Ende aber an passenden Unterkünften für beide Personengruppen. Auch Lichter in der Nacht u. Ä. wären nochmal problematisch geworden.


Naja gut, jedenfalls nochmal vielen Dank ;) Ich hoffe auch bald nochmal sowas basteln zu können - etwas bodenständiger aber schon ganz gerne. Und hoffe, aus den vielen Fehlern gut was lernen zu können. Das ist ja schon so ein primäres Ziel.

Wenn's euch interessiert bzw. ihr es noch nicht gesehen habt - bei vimeo sind noch 2 Kurzdokus aus dem letzten Jahr von mir ;)

http://vimeo.com/dinin/szedlak
http://vimeo.com/dinin/nfwp

MfG
dinin

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