Motivation und Belohnung

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Chinasky
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Motivation und Belohnung

Beitrag von Chinasky » 31. Dez 2011, 13:59

In einem erstmal völlig fachfremden Zusammenhang (Diskusssion, inwieweit bei der Erziehung von Kindern eher auf Belohnungen oder eher auf Strafen gesetzt werden sollte) bin ich heute auf folgenden Link gestoßen:

Zerstört Belohnung die intrinsische Motivation?

Während ich den las, kamen mir immer wieder Diskussionen in den Sinn, die wir hier im Illustratorenforum über Motivation führten. Darüber, wie man sich selbst motivieren könne, wie man vielleicht von anderen motiviert werde oder wie Motivation auch kaputt gemacht werden könne. Ob Ihr da jetzt soviel damit anfangen könnt, weiß ich nicht - ich fand den Text hier aber so interessant und zur Selbstreflexion (welche Art von Motivation funktioniert bei mir am besten, habe ich den von manchen Forschern behaupteten "Korruptionseffekt" an mir selbst schon erlebt oder doch eher das Gegenteil?) anregend, daß ich ihn Euch mitteilen möchte. :)
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.

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Amanda
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Beitrag von Amanda » 1. Jan 2012, 17:25

Hi Chinasky,

ich würde meinen Job auch für das doppelte Geld genauso gut machen wie jetzt. ^^

Was kreative Leistungen angeht, drum passt dein Thema grad so gut, finde ich bestimmte Arten von Belohnung als sehr hemmend. Und da meine ich das Lob bzw. auch Kritik, die auch Lob sein kann in Form von Motivation weiter zu machen, die persönliche Weiterentwicklung betreffend. Und das war auch meine persönliche erste Assoziation zu deiner Überschrift.

Mich hat vor gut - ist das wirklich schon drei Jahre her? - na ja, so ungefähr meine Motivation kreativ zu sein und mich weiter zu entwickeln, der herrschende Mainstream blockiert. Vorher war ich auch schon blockiert und zwar konnte ich nichts, rein gar nichts Kreatives mehr für Geld machen. Das lag aber mehr an der Zahlungsmoral der Kunden damals. Sprich weniger Geld oder mangelnde Zahlungsmoral demotiviert extrinsisch definitiv.

Nun, dachte ich, mache ich nur "in privat", da ich gleichzeitig Austausch wollte, kam ich in die "höher-weiter-besser"-Spirale, einem Mainstream wo bestimmte Techniken und Ergebnisse höher bewertet wurden und sicherlich heute noch werden als einfach mal aus Lust und Laune kreativ sein, wo es vollkommen Pumpe ist, wie zu einem Ergebnis gelangt wird und wie das Ergebnis aussieht.

Nun, wenn es das ist, was derzeit in der CG-Welt Geld bringt, egal ob 2D oder 3D oder analog, da ist der Erfolgsdruck wohl enorm. Beobachten tu ich das aus Distanz weiterhin.

Nach einer Zwangspause, Karpaltunnelsyndrom, gut ein Jahr Pause mit jedweger Belastung meines Handgelenkes und "ummäuseln" auf Links, habe ich höchst infantil wieder versucht Zugang zu mir und meiner Kreativität bekommen. Alles erlaubte ich mir. P-Shop-Filterspielereien, Kritzelei in Painter, mit Bleistift und Block im Unterricht (mache grad nebenberuflich die Medienfachwirtin), "abmalen", Durchpausen von sonstwas, so richtig schön "auf doof" Kritzeln. Alles vergessen, was ich vorher mal "gelernt hatte", einfach etwas tun um es zu tun. Der Weg ist das Ziel: die Freude, der Spaß, die Entspannung dabei.

Ich hatte gar nicht richtig gemerkt, wie kaputt es mich machte, irgendeiner "fremden" Zielvorgabe zu folgen. Überhaupt Regeln von Aussen folgen zu sollen. Übrigens ist Belohnung auch, wenn andere Leute deine Bilder toll finden. Und was finden Leute toll? Mainstream, fotorealistisch, Fantasy usw.

Was ich so aus mir selbst heraus ausbrüte, finden die meisten Menschen sehr seltsam und düster. :D

Zwischendurch habe ich sogar bei einer kleinen Ausstellung mitgemacht, mich in der Mittagspause in den Flur gestellt und den Leuten gehorcht. War, nachdem ich die notwendige Distanz erreichte, lustig mit anzuhören.

Ja, die Aussage korrupt zu sein und das dies die Motivation zerstört, wenn es um Kreativleistungen geht, würde ich durchaus bestätigen. Und ich kann mir vorstellen, die Leute, die Geld verdienen müssen mit ihrer Kreativität, denen könnte es ab und an genauso geht, wenn sie nämlich gemessen am subjektiven Wert ihrer eigenen Erzeugnisse, in innere Konflikte geraten können, weil sie vielleicht aus sich heraus lieber etwas anders machen würden. Und das ohne den meist herrschenden Zeitdruck.

Und dann würde ich auch noch zwischen instrinsischer und extrinsischer Belohnung unterscheiden wollen und meine, wenn ich mit mir und meinem Ergebnis zufrieden bin, ist das zig Mal motivierender und macht zufriedener, als wenn ein anderer Mensch meine Bilder bewertet.

Frohes Neues übrigens.

LG
Ellie :)

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 2. Jan 2012, 01:11

Danke für den Link. Ich fand den Text zwar einerseits interessant, andererseits aber auch recht unbefriedigend weil es erstens keine klaren Schlüsse gibt und zweitens bei mir der Eindruck entsteht das die Thematik da zu einseitig betrachtet wird. Ich denke z.B. dass das Prinzip der "loss aversion" http://en.wikipedia.org/wiki/Loss_aversion nicht ausreichend in Relation zu den Beobachtungen zum Korrumpierungseffekt gesetzt wird. Ein ausbleiben einer Belohnung wird ja schnell als Verlust gesehen und der wird intuitiv vermieden. Wenn jetzt bei 2 Tätigkeiten erst eine belohnt wird und dann die andere ist ein wechsel zu erwarten. Wenn erst eine Tätigkeit belohnt wird und dann gar keine mehr würde es mich zumindest nicht wundern wenn der Gedanke an die erste Tätigkeit damit verknüpft wird etwas NICHT zu bekommen.
Den Teil über die negativen Effekte von Belohnungen (Lob das man für übertrieben hält etc.) find ich da schon interessanter.
Was mir bei dem Ganzen noch zu kurz kommt ist die Betrachtung neuro-chemischer Prozesse bei diesen Experimenten. In gewisser Weise nutzen sich ja auch die "trigger" die das körpereigene Belohnungssystem aktivieren mit der Zeit ab. Bei manchen schneller als bei anderen. Vermutlich ist hier der Stand der Wissenschaft noch weit genug um alle Zusammenhänge zu überblicken. Nicht umsonst gibt es nirgendwo so viele Medikamente deren genaue Wirkweise unbekannt ist, wie im Gebiet der Psychopharmaka.
Ganz interessant fand ich noch den Zusammenhang der zwischen Kompetenz und intrinsischer Motivation hergestellt wird. Ich denke hier ließen sich noch am ehesten brauchbare Erkenntnisse zu unterschiedlichen "Lerntypen" finden.

Ich empfehle bei Interesse mal diesen Vortrag zu schauen. Es geht um "synthesis of happiness"

http://www.youtube.com/watch?v=LTO_dZUvbJA

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Duracel
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Beitrag von Duracel » 2. Jan 2012, 12:03

Chinasky - Super, vielen Dank für den Link!
[gibs zu, deine Motivation hier zu posten ist dadurch bedingt, dass hier Leute darauf positiv reagieren ;)]

Nach meiner Erfahrung kann man auch nicht so einfach zwischen ex- und intrinsisch differenzieren. Im Grunde kann man bei genauerer Betrachtung doch jede Motivation als extrinsisch entlarven:
Ich sehe immer wieder offensichtliche Parallelen bei Leuten, die gerne (und natürlich ganz intrinsisch motiviert)Zeichnen; für viele ist es aber ursprüngliche eine erfolgreiche Art sich anderen mitzuteilen; gerade diejenigen, die schon früh eigene Comics gezeichnet haben, sind am Zeichnen als Sprachrohr interessiert.
Da wird dieses "ich zeichne einfach gerne für mich" bei objektiver Betrachtung schnell zu "ich will Aufmerksamkeit, und so bekomme ich sie, ohne mich aufzudrängen".
Oder das andere hier viel gesehene Extrem (Überschneidungen gibt es in jedweder Abstufung), die das Zeichnen klar als Realitätsflucht betreibt(ähnliche Motive sind dann auch beim Computerspielen dabei); ich kann aus eigener Erfahrung sprechen, wenn ich feststelle, dass eine steigende soziale Kompetenz diese Motivation abschwächt.
Ich kenne dagegen wenige Leute, die gerne zeichnen und gerne die Sims spielen; vermutlich wird man da aber in der Kinderbuchecke fündig.

Ich glaube entsprechend auch, dass es im Prinzip nur unterschiedliche Motive gibt, die sich aber nicht gegenseitig bedingen.
Klar, wenn ich für etwas Geld bekomme, mache ich es später nichtmehr für ein simples Dankeschön - das ist aber nicht zu vergleichen mit einem Respektzollen von einem Fachmann.
Ich glaube demnach, dass BelohnungA nicht BelohnungB abschwächen kann. Wobei Geld natürlich ein Cumulus an verschiedensten Belohnungen ist, bzw. eine Art schwammiger Belohnungsmesswert.

Und in der Regel müssen auch verschiedene Motivationen zusammenkommen, um eine Handlung auszuführen. Wenn ich "ganz für mich alleine" Zeichne, zeichne ich trotzdem noch meist mit dem Hintergedanken des Postens im DAF. Wenn ich dagegen für jemand anderes ein Bild zeichne, dann ist die Motivation das auch im Forum zu zeigen deutlich geringer - die "Anerkennung" bekomme ich ja schon.

Der Korrumpierungseffekt ist letztlich in meinen Augen nur ein Hochsetzen der Messlatte einer bestimmten Motivation - wenn ich schon vor Millionenpublikum aufgetreten bin, dann motivieren allein 100 Zuschauer nichtmehr. Aber wie gesagt, 100 Leute eines Fachpublikums oder 100 extrem gut zahlende Millionäre können sie Sache ganz anders gestalten.
Wobei Motivationen auch in Relation zueinanderstehen ... 10 Fachleute allein könnten das Millionenpublikum vielleicht nichtmehr ausgleichen.
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

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Beitrag von Farbnebel » 2. Jan 2012, 14:29

Ein gesundes und erfolgreiches neue Jahr erst mal.

Ich habe mir nicht den ganzen verlinkten Artikel durchgelesen, weil ich nicht motiviert genug war. :D

Insgesamt würde ich Dura damit Recht geben, dass so gut wie alle Motivation extrinsisch angestoßen wird, aber aus unterschiedlichen Gründen und mit unterschiedlicher Nachhaltigkeit.

Aus eigener Erfahrung und vielen Gesprächen mit gleichaltrigen Menschen (über 40 und in der Regel in ihrem Beruf sehr erfolgreich) kann ich sagen, dass meines Erachtens Menschen immer dann "richtig" motiviert sind, wenn öffentliche Anerkennung und vor allem Wertschätzung winkt. Wobei der Fokus auf den fetten Worten liegt!
Anerkennung und Wertschätzung sind nicht dasselbe und oft nicht einfach zu unterscheiden!!!

Eine Anerkennung ist es z. B., dass es eine Bezahlung für eine Leistung gibt, oder etwa eine Veröffentlichung in einer Zeitung, oder so ein Mitarbeiter des Monats Gesülze etc.. Anerkennung durch eher oberflächliche Worte sind sogenannte narzisstische Auffüllungen und somit rein extrinsische Motivatoren.
Diese Anerkennung wird einem irgendwann weniger wichtig, wenn nicht sogar ganz unwichtig, wenn man z. B. einigermaßen zufrieden mit seinem Auskommen ist und nicht diesem höher, schneller, weiter-Wahn verfallen ist. Oder, man hat schlicht dieses Spiel durchschaut, dass man z. B. ausgenutzt wird und sich immer wieder mit dem nächsten Mitarbeiter des Monats Schildes hat abspeisen lassen.

Wonach man spätestens dann zu suchen beginnt, wenn nicht schon die ganze Zeit vorher auch unbewusst, ist menschliche Wertschätzung. Deswegen glaub ich schon, dass Geld bzw. rein materielle Dinge einen Menschen auf Dauer korrumpieren können. Für Geld strengt man sich irgendwann nicht mehr an, wenn genug da ist. Deswegen gibt es ja z. B. so viele Nieten in Nadelstreifen. Die meisten sind nicht zu doof, sondern zu faul. Die sind einfach satt und ausgepumpt von diesem ständigen Perfektionismus, den viele von ihnen (nicht alle), ständig an den Tag legen mussten.

Wertschätzung hingegen geschieht fast ausschließlich auf zwischenmenschlicher Ebene, also durch ehrliche Worte und Taten, die eine besondere Leistung herausstellen oder den menschlichen WERT der leistenden Person klarstellen, also nicht in Geld oder Status messbar ist.

Eine große Wertschätzung ist es z. B., wenn z. B. der Auftraggeber oder Chef meine Vorschläge berücksichtigt und darauf eingeht, statt mich einfach zur Umsetzung seines/seiner (unter Umständen unglücklichen) Entwurfes/Idee aufzufordern. Er vertraut mir und das macht mich glücklich. Vertrauen ist also eine sehr große Art der menschlichen Wertschätzung! Respekt auch! (Auch, wenn ich viel Geld verdiene, heißt das z. B. noch lange nicht, dass ich auch respektiert werde.)

Und wenn diese Wertschätzung auch noch öffentlich erfolgt, etwa vor vielen Kollegen, in einer Zeitung, durch Ausstellungen oder auch hier im Forum, dann gibt es für die meisten kein Halten mehr.
In unserer heutigen Leistungs-Gesellschaft ist vielen Menschen der Selbstwert abhanden gekommen, was sicherlich auch am Schulsystem und den Medien liegt. Wenn Du nix hast oder kannst, bist du auch nix wert, so die suggestive Wirkung und Botschaft.

Deswegen gibt es ja so viele Perfektionisten. Wenn alles perfekt ist, kann sich keiner beschweren und schon gar keiner die Anerkennung verweigern. Wertschätzung kann aber schon verweigert werden.
Das ist auch die Falle für viele Perfektionisten. Anerkennung ist ihnen immer sicher, aber was sie eigentlich suchen und zum Großteil in ihrem bisherigen Leben vermisst haben, ist die menschliche Wertschätzung, am liebsten auch, ohne sich ständig für ein perfektes Ergebnis verausgaben zu müssen. Fehlt die Wertschätzung auf Dauer, endet so etwas in dem berühmten "BurnOut", der jetzt wieder in aller Munde und leider auch etwas "in Mode" gekommen ist.

Zusammenfassend würde ich sagen, dient Anerkennung eher dem Lebensunterhalt und ist hauptsächlich materieller Art. Wertschätzung hingegen dient dem Lebensinhalt, dem Wissen, warum bin ich überhaupt hier und ist emotionaler Art.
Durch Anerkennung wird man (hoffentlich) satt, durch Wertschätzung glücklich.

Hat man viel Wertschätzung, kommt Anerkennung wie von selbst, aber noch lange nicht umgekehrt. Auch ist man nicht so "geil" auf Anerkennung, wenn man menschlich öfter wertgeschätzt wird.

So, das war mein Wort zum Dienstag. Ist leider ein bisschen lang geworden.

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JanSOLO
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Beitrag von JanSOLO » 2. Jan 2012, 17:58

Farbnebel hat eigentlich schon eine Unterscheidung geliefert, die meine Weltansicht entspricht...

Ich habe die verlinkten Texte auch nicht gelesen. Darum werde ich eigentlich auch nur meine Ansichten vorstellen. Aber das Thema finde ich sehr wichtig.

Ich glaube, dass viele Menschen keine Geschenke und Geld für ihre Motivation brauchen. Der Mensch braucht vielleicht Geld um in dieser Welt zu bestehen, aber für viele sind andere Dinge oft unbewusst viel wichtiger. Das ist schade, dass den Leuten in unserer Gesellschaft beigebracht wird, dass nur Geld zählt, denn mit diesen Geld soll ja gekauft werden. Und noch blöder ist, dass das viele auch glauben und nichts anderes kennen.

Für mich habe ich jedenfalls folgende Motivationen entdecken können:

Interesse: Angenommen man malt viel und toll und das wissen auch deine besten Freunde. Es gibt wohl nichts Schlimmeres für die Motivation, wenn keiner deiner Freunde mal fragt: "Na, hast du mal wieder etwas Neues gemalt?" oder "Zeig mal deine neuen Bilder!". Dabei spielt ja noch nicht einmal die Kritik oder das Lob die wichtigste Rolle, sondern nur das einfache Interesse an deiner Tätigkeit.

Partnerschaft: (nur aus meiner Männersicht geschrieben) Man müsste einmal eine statistische Auswertung bezüglich erfolgreiche und nicht-erfolgreiche Männer mit Hirn erstellen. Da bin ich mir absolut 100% sicher, dass Männer, die intelligent sind, überwiegend erfolgreich in ihren Tätigkeiten sind, wenn sie eine Partnerin an ihrer Seite haben, mit der sie zufrieden sein können. Mit "erfolgreich" meine ich: fleißig sind und gute Arbeit leisten. Das sehe ich hier und auch in anderen Foren... dank soziale Netzwerke.
Z.B.: Meine Ansicht ist ja so: Angenommen man wüsste, dass man nie eine Partnerin im Leben haben wird. Warum sollte ich da ein Studium abschließen, danach ein exzellenten Job haben, ein tolles Haus und Autos haben, wenn ich mir alleine auf dem Fernsehr die Jogurt-Werbung mit der glücklichen Familie angucken muss? Da sage ich mir: Den Job kann auch und wird auch jemand anderes machen können, wenn das Argument kommt, dass man mit dem Job vielen Leuten helfen kann.

Nutzen der eigenen Fähigkeiten: Das kennen vielleicht auch einige hier; Man produziert tolles Zeug, aber es kommt in der Gesellschaft überhaupt nicht an. Stattdessen schaut man sich Webseiten von Grafikern an, wo man denken muss: "Was, mit dem Zeug verdient er sein Geld?" oder "Mit den Bildern war er auf einer Ausstellung?". Das finde ich sehr unmotivierend, wenn die eigenen Fähigkeiten oder das eigene Interesse an einer Sache für die Gesellschaft nicht genutzt werden können.
So eine Absage nach der Eignungsprüfung wirkt ja quasi wie ein Verbot zur Ausübung der eigenen grafischen Fähigkeiten an der Gesellschaft. Das ist doch das frustrierende an der Absage. (so ein Beispiel muss man dann eben mit anderen Motivationsquellen kompensieren)

Voraussetzungen: (leider fiel mir kein besseres Stichwort ein) Stellt euch mal vor, ihr wollt am PC malen, habt sogar ein tablet, aber nur eine Software zur Verfügung, die jedes mal abstürzt, wenn ihr das brush-tool auswählt. Sowas ist jedenfalls frustrierend. Das kann auch ganz schön unmotivierend sein, wenn man einfach nicht an die Hard- oder Software ran kommt, mit der man gerne arbeiten möchte.

Geschenke und Geld haben keine Bedeutung. Das sehe ich jedesmal bei meinen Neffen. Ich baue den mühevoll sein PM Segelschiff zu Weihnachten zusammen und paar Tage später sieht es aus wie der fliegende Holländer ... drei mal gesunken und total zerrupft. Und spielen tut er damit auch nicht. Der hat Spielzeug ... damit spielt er paar Minuten und dann schmeißt er es weg, weil es langweilig ist. Nehme ich aber das Spielzeug und spiele damit vor seiner Nase, dann will der auch gleich wieder damit spielen. Ein großer Verpackungskarton ist für Kinder oft viel interessanter als das beste Spielzeug. Aber auch nur so lange wie die Erwachsen Interesse für das Spiel mit dem Karton zeigen. Das Kind versteckt sich im Karton und es weis dann genau, dass irgendwann Mutti oder Vati das Kind suchen wird. Aber heute ist es ja so: "Hier Kind haste Spielzeug ... dann spiel mal damit in deinen Zimmer! ... dann muss wieder neues "Stuff" gekauft werden, weil der Effekt nicht mehr anhält und das Kind Langeweile am Spielzeug hat".
Farbnebel hat schon vollkommen recht, dass die psychischen Krankheiten bei den Arbeitnehmern immer mehr zunehmen, obwohl die Arbeitnehmer einen immer besseren Lebensstandart haben. Grund ist einfach: Die Wertschätzung fällt immer geringer für die Arbeitnehmer in unserer heutigen Zeit aus. Wie kann denn ein Arbeiter mit befristeten Arbeitsvertrag (ist die Regel heute) ein Gefühl der Wertschätzung bekommen? Der fühlt sich doch nur als ersetzbares Teil, was eben mal gebraucht wird. Mal ganz zu schweigen, dass die ganzen Zeitverträge überhaupt keine Zukunftsplanung zu lassen. Wie soll man ein Haus bauen, wenn man garnicht weis, wo man in 2 Jahren arbeiten wird! Wie soll das mit Familie klappen?
In meinen Leben haben mich aber auch schon andere Dinge motiviert: Ein brüllender Oberfeldwebel oder eben die Kameradschaft. Das sind aber Dinge, die wir hier nicht brauchen werden.

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Beitrag von Duracel » 2. Jan 2012, 18:17

@Farbnebel
Ich finde die Begriffe nicht so glücklich gewählt - du zeigst das auch selber dadurch, dass du dem Begriff "Wertschätzung" später das "menschliche" vorsetzt.
Denn Wertschätzung ist anders als du es verwendest eben ein reines "schätzen" des "Wertes" - wenn ich eine Leistung wertschätze, dann gebe ich ihr einen (impliziert hohen)Wert; ob materieller oder immaterieller Natur, steckt nicht im Wort.

Anerkennung dagegen ist eine bewußte und auch per se öffentliche(hier ist das fettgedruckte überflüssig) Kenntnisnahme mit positivem Vorzeichen. Eine Anerkennung im klassischen Sinne ist z.B. die Rehabilitation Galilei Galileos durch die katholische Kirche. Aber auch z.B. wenn ich einen Fehler eingestehe und meiner Frau Recht gebe, ist das eine typische Form der Anerkennung. Mit Bezahlung dagegen hat Anerkennung erstmal nichts direkt zu tun.

Ich würde die beiden Begriffe sogar genau austauschen wollen.

Grundsätzlich kann ich deinen Ausführungen aber im Großen und Ganzen zustimmen.
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Beitrag von JanSOLO » 2. Jan 2012, 18:25

Nach der Überlegung von Duracel habe ich den Begriff Wertschätzung dann auch falsch eingeschätzt. Ich denke nun auch: Vertauschen der Definition wäre richtiger :P

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Beitrag von Duracel » 2. Jan 2012, 18:36

Jan Solo's Hauptposting - Jein.

Im letzten Abschnitt zeigst du etwas wichtiges auf - es geht viel um den Aspekt der Aufmerksamkeit(nicht umsonst hat Daniel es auf der Convention als "Zahlungsmittel des Internets" tituliert).
Ich kann aber deiner und auch Farbnebels Geringschätzung des Geldes gegenüber nicht einstimmen - denn Geld ist ein gesellschaftlicher Kompromiss, der genau diese Aufmerksamkeit schon als wesentlichen Faktor beinhaltet; also eine mögliche Form der klassischen Anerkennung zum Ausdruck bringt.
Geld ist per se nicht böse, auch wenn das gerne mal so mißverstanden wird.

Allerdings, Geld funktioniert nur bei dem kultivierten, erwachsenen Volk(ich zähle deinen Neffen als Kind erstmal nicht dazu); es funktioniert nämlich erst dann, wenn sich alle darauf einigen, dass es eben Wert besitzt! Für ein Kind ist dieser Wert des Geldes noch nicht nachvollziehbar.
Systembedingt trägt Geld nachwievor einen Interpretationsspielraum mit sich, weswegen Geld allein nicht präzise genug ist, um Wert immer hundertprozentig angemessen zu definieren - deswegen ist Geld immer nur eine (Wert)Schätzung. ;D
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Beitrag von Amanda » 4. Jan 2012, 11:36

Hallo Farbnebel,

ich finde, Du hast des Pudels Kern gut getroffen.

Anerkennung steht für mich persönlich nach Wertschätzung und diese nach einem guten Selbstwertgefühl oder auch Selbstzufriedenheit. Solange in sich Unzufriedenheit oder auch Unsicherheit besteht, nutzt weder Anerkennung noch Wertschätzung im zwischenmenschlichen Sinn viel, sie sind dann nur Pflaster, die die eigentliche Wunde bedecken.

Wertschätzung kenne ich wesentlich im zwischenmenschlichen Kontext. Wörtlich genommen ist mir das zu autistisch benutzt. Anerkennung ist entsprechend für mich Status, Geld.

Interessant wäre vielleicht auch, für sich zu schauen, ob Kreatives Fremdzweck oder Selbstzweck ist oder, wenn Beides eine Rolle spielt, in welcher Gewichtung.

Das "Warum" zu klären.

LG
Ellie

Chinasky
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Beitrag von Chinasky » 10. Jan 2012, 15:26

Hallo zusammen!
Ich lese hier interessiert mit, habe aber nicht die Zeit, auf Eure Aspekte einzugehen. Möchte auch nicht gern an der Debatte teilnehmen, weil sie sich doch schon ziemlich von dem Thema, das mich (bzgl. des gebrachten Links) interessiert hatte.

Die Frage, ob, und falls ja, wie man sich selbst motivieren (d.h. wie man sich selbst zum Gegenstand pädagogischer Strategien machen) kann. Daß es unterschiedliche Motive gibt, ist ja klar - und wie man die jetzt voneinander unterscheidet, welche man priorisiert etc. - alles interessante Fragen, aber eben nicht die, die ich mir häufig stelle.

Zum Verständnis vielleicht nochmal genauer, wie ich auf den Link geriet: Es ging in einer Debatte um bestimmte us-amerikanische Erziehungsratgeber aus dem streng evangelikal-christlichen Milieu, die sich auf die Bibel berufen und z.B. den Standpunkt vertreten, daß Schläge zur Kindererziehung notwendig dazugehören. Nach dem "guten alten" Motto: Zuckerbrot und Peitsche. Bestimmte Regeln/Verhaltensweisen müßten, so einige Vertreter dieser (m.A.n. mittelalterlichen) Erziehungsphilosophie, direkt im Unterbewußtsein verankert werden, d.h. das Kind (der spätere Erwachsene) müsse ein direkt körperliches Unwohlsein mit bestimmen Verhaltensweisen assoziieren. Besser für den Menschen sei es - so diese Pädagogen - wenn ein Kind mal geschlagen werde, dafür aber später nicht in Gefahr gerate, die kriminelle Laufbahn einzuschlagen, zum Räuber und Mörder zu werden.
Filmisch assoziiere ich da Kubricks Meisterwerk "Clockwork Orange", in welchem ja der Protagonist knallhart konditioniert wird und ihm - nach Abschluß der Umerziehung - körperlich schlecht wird, sobald er in eine Konfliktsituation gerät, die er gern gewalttätig lösen würde. Daß solche "Dressur" bei Menschen wirkt, dafür gibt's sicherlich viele Beispiele, in der Regel (so denke ich) müssen die Leute halt erst "gebrochen" werden, um danach dann sich wie dressierte Hunde zu benehmen.
Wie auch immer - die Diskussion ging dann darum, ob Erziehung mit körperlichen Strafen überhaupt Erziehung oder nicht eben "nur Dressur und Manipulation" sei. Das Gegenargument, das aufgeworfen wurde, lautete: Was ist Erziehung anderes als Manipulation? Die Erzieher haben eine bestimmte Verhaltensweise des Kindes als Ziel vor Augen - und suchen nach Mitteln, das Kind in diese Richtung zu manipulieren. Auch Zuckerbrot (Lob, Geschenke, Aufmerksamkeit, halt alle Arten von Belohnung) sei ja nichts anderes als Manipulation und diene schließlich auch bei der Dressur von Tieren.

Als nächstes wurde darüber diskutiert, was denn besser/verläßlicher funktioniere: Belohnung oder Strafe? Gegen die Strafe wurde angeführt, daß die Angst vor Bestrafung in der Regel nur so lange als Disziplinierungsmittel funktioniert, wie der "Erzogene" tatsächlich die Strafe auch fürchten muß. Beispiel sind ja die Gewalttäter, die früher selbst geschlagen wurden von ihren Eltern: Die verhielten sich dann zwar als Kinder so, wie von ihnen gefordert, aber in dem Moment, wo sie nicht mehr befürchten müssen, für ihr Verhalten geschlagen zu werden, verpufft der ganze "Lerneffekt", ja sogar das Gegenteil geschieht: alles, was sie gelernt haben, ist, daß derjenige, der stärker ist, am Ende seinen Kopf durchsetzen kann: mit Gewalt.
Daher sei Bestrafung sogar ein kontraproduktives Erziehungsmittel, währen Lob und Belohnung eigentlich nie schaden könne.
So, und an dieser Stelle schließlich warf jemand das Korrumpierungsargument in den Raum. Also das Konzept, daß Kinder, die für eine (von den Erziehern gewünschte) Verhaltensweise
belohnt werden, dadurch korrumpiert werden könnten - und diese Verhaltensweise später, wenn die Belohnung ausbleibt, ebenso ablegen würden wie die Kinder im vorangegangenen Beispiel, die aufhören, sich wie erwünscht zu verhalten, sobald sie die Strafe nicht mehr fürchten. Ja, es sei sogar möglich, Kinder, die eine Verhaltensweise ursprünglich "von sich aus" schon zeigten, durch Belohnung sogar zu der Einstellung gebracht werden könnten, die Verhaltensweise ohne Belohnung habe keinen Wert mehr.
Die Frage war nun: existiert dieser Korrumpierungseffekt überhaupt oder basiert er auf falschen/zirkelschlüssigen/nicht falsifizierbaren Vorannahmen? In der Diskussion über diese Frage wurde also auf den von mir verlinkten Text hingewiesen.

Warum finde ich den auch für uns Künstler interessant? Weil zumindest ich häufig Motivationsprobleme habe und mir überlege, wie ich mich selbst besser "erziehen" könnte. Rein rational weiß ich, daß Fleiß ganz wichtig ist, das ständiges Arbeiten ganz wichtig ist, daß man üben, üben, üben sollte... Aber Motive sind i.d.R. emotionaler, nicht rationaler Natur. Nicht unsere Vernunft, sondern unser Gefühl treibt uns an.
So - viel zu langer Text, dabei wollte ich doch nicht mitdiskutieren. Tue ich ja auch nicht, weil ich auf Eure Aspekte überhaupt nicht eingegangen bin. Ich Asi! :D
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Beitrag von Duracel » 10. Jan 2012, 18:07

Sind wir hier nicht alle im Forum um irgendwie zuviel zu schreiben? ;)
Der Daniel machts richtig, der sitzt still in seinem Kämmerlein und malt acht Stunden am Tag - er ist sogar so diszipliniert, dass er zu seinen Arbeitszeiten leider keine Privattermine vereinbaren kann!


[Wie haben die Leute in deinem Pädagogikforum auf den Link reagiert? Bestimmt vorbildlich, indem sie ihren Fehlschluss eingestanden haben und deiner Argumentationslinie gefolgt sind, oder? ;)]
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Beitrag von Chinasky » 10. Jan 2012, 21:58

Jaja, aber der Daniel ist ja auch nicht von dieser Welt... ;)

Und es war kein Pädagogikforum, sondern ein Atheistenforum. Ich hab da eigentlich gar nicht mitdiskutiert, dazu reichen meine Fähigkeiten nicht aus. Ich bin da eher stiller Mitleser, einfach, um NOCH schlauer zu werden. ;)
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schlummi
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Beitrag von schlummi » 10. Jan 2012, 22:50

Nicht unsere Vernunft, sondern unser Gefühl treibt uns an.
das ist schon mal ne objektive tatsache. ;)
Nach dem "guten alten" Motto: Zuckerbrot und Peitsche.
das halte ich selbst für eine tatsache. schmerz ist immer noch erzieher nr.1. und frei nach schopenhauer: abwesenheit von schmerz ist die belohnung.
also, damit will ich auf GAR KEINEN FALL physische bestrafung rechtfertigen. das liegt nicht an dem schmerz an sich, sondern an legitimation. ein kind greift einen heissen kaffeebecher an und lernt was dabei. ein anderes kind wird für fälschung der hausaufgaben verprügelt und da besteht die chance, dass er *lass dich nicht erwischen* lernt. ein becher kann nicht falsch interpretiert werden, doch die prügel sehr wohl. und da wir zurecht keinem menschen die unbestechliche gefühlslosigkeit eines kaffeebechers zutrauen, verkommt die bestrafung zu nem glücksspiel.
da damit die körperliche bestrafung als erziehungsmittel diskreditiert ist, werfen sich die menschen gern ins gegenteil und wachen mit argusaugen wann die belohnung zweckmässig passt... dann hat man sich noch "kindheit" ausgedacht ... und hinter alledem sind ja noch alle mögliche titel und forschungsetats. :roll:

ich finde, kleine wie grosse menschen "erziehen" sich immer auf gleiche art und weise: durch nachahmung. bewusst oder unbewusst. das GEFÜHL ersehntes erreichen oder nichterreichen sind interne "zuckerbrot und peitsche".

wie sich das ganze für eigene motivierung nutzen lässt? es gibt bestimmt leute mit sehr vernünftigen ideen diesbezüglich. bei mir funzt einfache: "fang an! du weisst doch, kurze überwindung und es macht riesenspass!". das tut schon ganz passabel ... wenn nicht diese verdammte kurze überwindung wäre! :( :D

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