Großer Auftrag, bislang ohne Vertrag und Preisabsprache

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Reign_of_Light
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Großer Auftrag, bislang ohne Vertrag und Preisabsprache

Beitrag von Reign_of_Light » 11. Okt 2012, 08:37

Hallo zusammen,

ich habe eine kurze Frage an euch. Neben dem Pflichtpraktikum meines Studiums habe ich jetzt noch einen größeren Illustrationsauftrag angenommen. Die Bezahlung stimmt, und ich bin auch wahnsinnig genug meine Freizeit vor und nach den 8 Stunden Praktikum zu opfern. Jedoch habe ich dabei bislang noch nie die Zeit gefunden mich intensiv mit dem "Wie" der Auszahlung zu beschäftigen, also unter welcher Rechtsform ich arbeiten will, wieviel ich verdienen darf bis mir die ganzen Familienversicherungen abspringen, Bafög usw usw .. .

Mein Kunde hat mir auch bereits mehrmals angeboten das bereits geleistete zu bezahlen, ich musste aber bisher immernoch abwiegeln weil ich mit meiner Recherche noch nicht so weit war eine Rechnung auszustellen (im Moment hakts bei meinem Vater). Wirkliches Vertragswerk besteht in diesem Sinne auch noch nicht. Anfangs gab's für den ersten Teil des Auftrages eine Liste mit den gewünschten Arbeiten und dem vereinbarten Preis - ohne weiteren Text - , die wir beide unterschrieben haben. Seither habe ich viele viele weitere "Wunschlisten" bekommen und viele viele weitere Grafiken erstellt, allerdings ohne, dass wir bei all diesen Grafiken über den Preis geredet hätten oder - wie gesagt - förmliches Vertragswerk aufgesetzt hätten.

Jetzt habe ich nicht den geringsten Verdacht, dass mein Kunde mich betrügen wollen würde, und auch ich will dem Menschen nicht schaden (viele Nachfolgeaufträge winken). Nichtsdestotrotz würde ich gerne wissen ob ich in diesem vertrags- und preisabsprachelosen Vorgehen (wie es jetzt einfach in all dem Stress passiert ist) nicht vielleicht einen großen Fehler begangen habe. Kurzum was ich mich frage ist: 1. Ist meine (angemessene) Bezahlung nach wie vor gesichert? Und 2. Hätte der Kunde das Recht meine Grafiken zu verwenden, falls er mich am Ende NICHT bezahlt? Und falls dem nicht so ist (wovon ich ausgehe), habe ich dann das Recht die Grafiken, die in SEINEM Auftrag entstanden sind, aber nicht bezahlt wurden, dann SELBST für eigene/andere Zwecke zu verwenden?

Habe noch nicht genug in den Gesetzestexten recherchiert um mir selbst sicher zu sein, aber alles was ich lese klingt arg danach, dass in diesem Fall sogar eher der Kunde den Fehler macht keine Verträge und Preisabsprachen zu setzen. A la z.B. >> § 632 BGB Vergütung (1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. <<

Nichtsdestotrotz weiß ich nicht wie sowas in der Realität aussähe, deshalb würde mich sehr über eine Einschätzung von euch Erfahreneren freuen :) .

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Kobar
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Beitrag von Kobar » 11. Okt 2012, 09:40

Ich kann nur was zu der Baföggrenze sagen: Die liegt momentan bei 4800 Euro im Jahr.


Den Rest habe ich mal wegeditiert. Das würde nur schindermichels vollständige Ausführung verwirren.
Zuletzt geändert von Kobar am 11. Okt 2012, 10:26, insgesamt 3-mal geändert.
"Ratschläge erhalten sie von Mikes Großvater, der aus dem Jenseits per Hologramm mit ihnen kommuniziert."

schindermichel
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Beitrag von schindermichel » 11. Okt 2012, 09:53

Hallo Herr Reign,

Glückwunsch zum Auftrag!
Ich kann dir keine belastbaren Auskünfte geben welche Konflikte deine freien, selbständigen Arbeit mit deiner Versicherung etc. aufwerfen könnte, denke aber dass du da keinerlei Probleme haben solltest wenn diese Tätigkeit nicht über die eines "geringfügig Beschäftigten" hinausgeht, d.H. wenn dein Einkommen aus dieser Tätigkeit pro Jahr also nicht über einen best. Betrag kommt.

Bis dahin solltest du, neben deinem Studium, Praktikum, als freier Illustrator arbeiten dürfen und demnach einfach Rechnungen stellen können.
Was auf so eine Rechnung drauf muss findest du im Internt in aller Ausführlichkeit: Das sind unter Anderem: Adresse, Datum , Zeitpunkt der Leistungerbringung, Leistung, Vergütung, Umsatzsteuer, Rechnungsnummer, Umsatzsteuer ID.

Zwei Fragen die dir evtl. auch der für dich zuständige Finanzbeamte deines Finanzamtes beantworten kann: Woher bekommst du dein Steuernummer bzw. Umsatzsteuer ID (Brauchst du diese schon?) und Musst du Umsatzsteuer auf deiner Rechnung ausweisen oder nicht?
Evtl. lohnt sich dafür der Besuch bei einem Steuerberater - wenn du jetzt schon anfängst Jobs neben her zu machen ist da sicher eine lohnende und sinnvolle Investition!

Zu den Rechten an deiner Arbeit:
Die Tatsache dass ihr, du und dein Auftrageber, bis auf Inhalt und Honorar nicht weiter vereinbart habt kann ungünstig sein, allerdings träfe das mehr deinen Auftraggber als dich.

Das Honorar für einen Illustrationsjobs hängt stark an der "Einräumung von Nutzungsrechten" (Nach §§ 31,32 Urheberrechtsgesetz). Damit wird definiert in welchem Umfang und zu welchem Zweck die "Werke" vom Auftraggber genutzt werden dürfen.

Diese Rechte formulierst du auf deiner Rechnung ungefähr wie folgt:
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Einräumung von Nutzungxrechten nach §§ 31,32 UrhG
– Nutzungsrechte: Exclusiv oder Einfach
– Nutzungsart: Wofür werden die Werke genutzt, gerne ausformuliert hinschreiben (z.B. Webseite URL xy, Startseite..)
– Nutzungsumfang: (Bei Drucksachen wird hier z.B. die Auflage, oder eine spezielle Werbmaßnahme (z.B. im Rahmen der Kampagne "Halligalli 2012") genannt
– Nutzungsdauer: wie lange dürfen die Werke genutzt werden
– Nutzungsgebiet: Lokal –oder– National –oder– international (von einzelnen Ländern bis Global)
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Je umfangreicher diese Rechte eingeräumt sind desto höher wird natürlich die Vergütung. Da die in deinem Fall aber bereits verhandelt ist würde ich dir raten:

Benenne in der Einräumung exakt die Rechte die dein Auftraggber von dir möchte (Er wird ja angedeutet haben wofür den Kram braucht) und teile deine Vergütung auf der Rechnung folgendermaßen auf:
60% schreibst du dem "Werkhonorar" zu (Das ist die Vergütung für die Zeit die du am Malen warst) und
40% fällt für die Einräumung der Rechte an (da findet sich die detaillierte (lieber mehr schreiben als zu wenig) Auflistung (s.O.) der Einräumungen).
Am Ende ergibt da sein Rechnungssumme (Dein Honorar).

Diese Teilung widerspricht den gängigen Vorgehen (für die Kalkulation der Nutzungsrechte Vergütung gibt es ausgeklügelte Schlüssel bzw. Berechnungsmodelle) aber fürs Erste sollte das pragmatischerweise reichen (aber empfehls nicht weiter ;-))

Sollte dein Auftraggeber angesichts der Rechteauflistung auf deiner Rechnung Rückfragen haben, dann verweise mit Selbstvertrauen darauf dass du verpflichtet bist diese Rechte in allen ihren Parametern aufzuführen, und dass das Weglassen eine Rechtsunsicherheit schafft die niemandem nützt. Auch der Gesetzgeber geht davon aus dass bei einer fehlenden Nennung der Rechte nur der ursprüngliche Einsatzzweck Grundlage der Verhandlung war – und kein bisschen darüberhinaus (-> ein ganz frisches Urteil: http://www.mediafon.net/meldung_volltex ... 802&lang=1)
Falls von dir verlangt wird "sämtliche Rechte" oder ähnliches einzuräumen: Tu das nur nach Verhandlungen (->Höheres Honorar) und mit dem ruhigen Gewissen, dass du, in ein paar Jahren und mit mehr Erfahrung udn Wissen um das Thema, dich auf sowas nicht mehr (so leicht) einlassen wirst.


Puh, viel text, aber ich hoffe es hilft die ein kleines Stück weiter.
Grüßle
S

Reign_of_Light
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Beitrag von Reign_of_Light » 11. Okt 2012, 16:55

Wow, danke schindermichel. Das ist sogar sehr hilfreich, richtig gute Erklärung :) . Dann werd ich mir mal alsbald beim Finanzamt meine Steuernummer holen und dem Herrn eine Rechnung nach deiner Anleitung schreiben. Nur wo die Limits liegen bis ich aus meiner Familienkrankenversicherung fliege, muss ich vorher noch rauskriegen (aber da ist mein Vater dran).

Einzig noch würde mich jetzt interessieren wie das wäre wenn der Kunde nicht zahlt (schade, dass du alles gelöscht hast, Kobar, da waren doch einige interessante Punkte in deinem Beitrag). Also, wie ich das verstanden habe, er darf es nicht verwenden wenn er von mir die Nutzungsrechte nicht erhält. Darf ich denn aber die Sachen für meine Zwecke verwenden wenn sie doch in seinem Auftrag entstanden sind (also seiner "Grundidee" folgen)? Und: was wenn er nun doch die Grafiken verwenden würde. Könnte ich ihn dann wirklich nur unter Einsatz eines jahrelangen Prozesses mit viel Geld und Lebenszeit davon abhalten, wie Kobar es angedeutet hat? Gibts für solch eindeutige Sachverhalte (die Grafiken sind nunmal eindeutig von mir, ich hab auch die ganzen PSDs) keine Art "einstweilige Verfügungen" oder dergleichen, die einen sofortigen Verkaufsstopp nach sich ziehen?

Wie gesagt, nur hypothetische Fragen. Aber ich fände es nicht so schlimm einfach nur kein Geld zu bekommen (so nötig habe ich es nicht), wie dass jemand meine Werke trotz Nicht-bezahlens zur eigenen Profitmaximierung nutzen täte und ich nichts dagegen tun könnte.

schindermichel
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Beitrag von schindermichel » 11. Okt 2012, 17:21

Servus,

Grundsätzlich: Egal von wem die "Idee" stammt, die Umsetzung ist das entscheidende. Ein Idee ist quasi nicht schützbar, eine Ausformung der Idee aber schon, Das heißt: Du, und nur du bist der Urheber der dir erstellten "Werke". Auch wenn Der Herr X hinter dir steht und meint du sollst den Baum grün statt gelb machen, bleibst, solange du den Stift hälst (und das Werk eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht) ausschließlich du der Urheber.

Und als Urheber bist du auch als einziger in der Lage die Nutzung deiser Werke einzuräumen. Es ist selbstverständlich dass, bei einer Nichtbezahlung diese Einräumung nicht erfolgt (Die Absprache (Illustration zum Zwecke xy gegen Geld) zwischen euch ist ein ganz normaler Vertrag, und wenn der von einer Seite nicht erfüllt wird ist er hinfällig. Was aber nicht heißt dass dein Werkhonorar nicht in jedem Fall bezahlt werden muss – das wurde ja beauftragt und die Arbeit ist ja erledigt worden.

Es ist theoretisch eher unkompliziert bei Nichtbezahlung den Auftraggeber zu verklagen – im Regelfall sollte sowas nicht "Jahrelang" dauern, auch wenn Unklarheiten wie mündliche Verträge, oder eine mehr oder wneiger nachweisbare Nutzung sowa schwierig machen können.
Achtung jetzt wirds vage: Es geht auch nicht direkt vor Gericht, erst schreibst du ne Mahnung, dann beantragst du einen "gerichtlichen Mahnbescheid" (erwirbst damit einen sog. "Titel"), dem kann widersprochen werden, daraufhin bestätigst du diesen Mahnbescheid, und irgendwann geht das dann tatsächlich vor ein Gericht (Dauert nicht Jahre, aber sicher mehrere Monate). Anwälte müssen da gar nicht zwangsläufig involviert werden.

Aber von sowas würde ich nicht ausgehen, ich hab bisher so gut wie nie Probleme mit zahlungsunwilligen Auftraggebern ("Zu spät" gibts immer, aber "gar nicht" ist noch nicht vorgekommen).
Aber bei allem guten Willen: Je genauer und je schriftlicher Aufträge im Vorraus vereinbart sind desto geringer fällt das Konfliktpotential aus! Manchmal darf man sich nicht zu fein sein zum Korinthen-Kacker zu mutieren – auch wenn gewisse Auftraggber das anstrengend finden (von denen findet es die Mehrheit nur aus Gründen lästig die nicht zu unserem Vorteil ausfallen!).

Viel Erfolg!

Reign_of_Light
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Beitrag von Reign_of_Light » 13. Okt 2012, 18:05

Super, ich denke dank dir bin ich jetzt erstmal gut gewappnet, bis ich endlich die Zeit finde mich intensiv mit diesen Themen auseinanderzusetzen :) .

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