Diskretion vs. Ausstellungsfreude

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Anna-Israel
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Diskretion vs. Ausstellungsfreude

Beitrag von Anna-Israel » 17. Feb 2013, 10:36

Wie seht ihr das? Ich persönlich nehme Aufträge eigentlich grundsätzlich nur unter der Bedingung an, sie ausstellen zu dürfen. Dabei müssen ja keine Namen bekanntgegeben werden. "Zu sehen sind die Titten von Ruth Schleifer aus Jerusalem", nun wirklich nicht.
Ich arbeite aus Spaß an der Freude, nicht fürs Geld, und wann immer ich bezahlt werde, sinds Peanuts, daher finde ich das Recht, hinterher wenigstens damit protzen zu dürfen, bescheiden.

Unter der Bedingung hab ich mal ein Akt-Fotoshooting gemacht und die besten Bilder, hieß es hinterher, seien ihr zu "delikat" fürs Ausstellen. Toll :roll: Jetzt will ein Bekannter Portraits, deren Vorlage er aus irgendeinem Grund streng geheim halten will, obwohl das Bild nun wirklich nichts Intimes ist. 2 Hackfressen. Wenn das Bild was wird, wird es was besonderes, aber ich solls nicht ausstellen dürfen :? Das sehen wir noch; ehe das geklärt ist, mach ich gar nix.

Ich meine, ich soll also unzählige Stunden meiner Lebenszeit in etwas investieren, das mir wenig Geld und keine, wie sagt man, Exposure bringt. Die Leute, die mich beauftragen, wissen: ich bin kein diskreter Mensch. "Guck mal Mama, was ich heute gemalt hab", der Phase bin ich nie entwachsen und will auch gar nicht. Geheimnisse behalte ich natürlich für mich, aber ein Bild, in dem Arbeit steckt, auf meiner und des Kunden Festplatte verrecken lassen, nee...
Ich kann ja verstehen, wenn es sich um Nackt-Bilder handelt, solange es im Voraus vereinbart wurde, nichts auszustellen, aber Portraits, oder aber Nackt-Bilder, wo das Modell wusste, dass ich auf deviantART etc. ausstellen will, das seh ich nicht ein.

Ihr? Jetzt mal wenn's nicht um den Lebensunterhalt, sondern bloß um Taschengeld oder Gefälligkeiten geht. Natürlich, wenn ein Auftrag mir die Miete und das Katzenfutter + ein paar Luxus-Sachen finanziert, ist es was anderes... Hört sich vielleicht egoistisch an, aber ich finde einfach, Kunst ist zum Angucken da.

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Art.ful
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Beitrag von Art.ful » 17. Feb 2013, 18:27

Ich frag mich gerade, was du jetzt von uns/ mir hören möchtest. Erwartest du hier eine Art Legitimierung, die Bilder zu veröffentlichen?

Ich würde sagen, du musst das schlicht und ergreifend mit den Leuten abmachen, die du malst/ fotografierst. Und wenn es eben nicht erwünscht ist, dass die Bilder veröffentlicht werden, solltest du eher den "Auftrag" ablehnen, als dass du die Bilder ohne Erlaubnis im Nachhinein doch hochlädst.
Don't follow your dreams, follow my blog lol

http://juliusebert.tumblr.com/

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Anna-Israel
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Beitrag von Anna-Israel » 17. Feb 2013, 18:58

Nö, wollte nur mal sehen, wie andere zu der Sache stehen.

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Beitrag von Tobias-M » 17. Feb 2013, 22:44

Hallo, Anna,

die Frage ist alles andere als einfach zu beantworten.

In Deutschland haben wir dazu zwei unterschiedliche Gesetze: Einseits das Urheberrecht, andererseits das Allgemeine Persönlichkeitsrecht.

Das Urheberrecht regelt zunächst einmal, dass der Urheber selbst bestimmen darf, ob und wie er sein Werk veröffentlicht sehen möchte:
http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__12.html

Dazu im Widerspruch steht aber das Allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses schließt das Recht am eigenen Bild ein, d.h. erkennbar dargestellte Personen haben das Recht, gegen eine Veröffentlichung vorzugehen:
http://www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg/__22.html

Damit stehen die beiden Grundrechte miteinander im Konflikt. Das Kunsturhebergesetz versucht, diesen Interessenkonflikt zu lösen, aber es kommt dennoch hin und wieder zu Prozessen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_e ... stfreiheit

In Israel ist die rerchtliche Situation sicherlich ähnlich.

An Deiner Stelle würde ich mich folglich juristisch absichern, indem Du Dir vor Beginn der Arbeit schriftlich ein uneingeschränktes Veröffentlichungsrrecht (ggf. unter Zusicherung von Anonymität) zusichern lässt. Wenn Dein Kunde dazu nicht bereit ist, hast Du ein gutes Argument, nach einer höheren Vergütung zu fragen, da er Dir die Möglichkeit zur Eigenwerbung damit nimmt. Wenn er dann auch nicht bereit ist, ein wenig Kohle extra obendrauf zu legen, würde ich den Auftrag bleiben lassen (zumal Du ja ohnehin nicht darauf angewisen zu sein scheinst).

Ich kann mir auch vorstellen, dass man als Hobbyist keine Lust hat, jeden kleinen Handschlag juristisch schriftlich abzusichern. Aber mach Dich in dem Fall lieber darauf gefasst, dass es im Nachhinein hin und wieder Diskussionen und Missmut geben kann. In solchen Situationen einfach entspannt bleiben und das Feld räumen, der Streit lohnt sich nicht.

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Beitrag von Chinasky » 19. Feb 2013, 12:54

TobiasM hatt eigentlich alles Wichtige schon gesagt. Persönlich würde ich, wenn ein Kunde bei Aktbildern es für "zu delikat" hält, die zu veröffentlichen, ganz klar seinen Wünschen entsprechen. Den Ärger, ja Haß, den man sich dadurch zuziehen kann, daß man gegen den Willen der Betroffenen Bilder von ihnen veröffentlicht, kann das bißchen "Exposure"-Glücksgefühl kaum aufwiegen. Man sieht sich immer zweimal im Leben. Und ein verärgertes Model kann Dir auch Deinen Ruf gründlich ruinieren. Kommst Du dagegen den Wünschen und auch den Bedenken der Betroffenen entgegen, kann Dir das den Ruf als einfühlsamer und "kulanter" Fotografin einbringen, mit der dann gegebenenfalls auch andere Models eher zusammenarbeiten mögen.
Übrigens können sich Meinungen auch ändern. Vielleicht wird ein Kunde Bilder, die er heute noch nicht veröffentlicht sehen mag, in ein paar Monaten/Jahren, wenn man nochmal nachfragt, vielleicht doch "freigeben". Er wird dann am leichtesten davon zu überzeugen sein, wenn er den Eindruck hat, daß die Sachen, die Du veröffentlichst, seriös sind, in einem seriösen Rahmen gezeigt werden usw. Und natürlich, wenn Dein Name inzwischen für Qualität und Seriosität steht.

Praktisch sollte sich für Dich aus Deiner hier gestellten Frage allerdings schon eine Regel für Dein zukünftiges Arbeiten herauskristallisiert haben: Mach vorher ganz klar mit den Kunden aus, ob, und falls ja, ob ausnahmslos alle Fotos, die bei einer Session entstehen, von Dir veröffentlicht werden dürfen. Laß Dir das, wenn es Dir so wichtig erscheint, schriftlich geben (und Du wirst schnell merken: manche Models werden unter solchen Bedingungen sich nicht fotografieren lassen).
Aber nochmal: rücksichtsloses und konfrontatitv auf das eigene Recht pochendes Verhalten spricht sich rum. Und einen schlechten Ruf wird man auch dann nicht so schnell wieder los, wenn man juristisch gesehen vielleicht im Recht war. Der Ruf, jemand zu sein, mit dem sich angenehm arbeiten läßt, auf den Verlaß ist und der die Wünsche der anderen akzeptiert und respektiert, ihnen weitestmöglich entgegenkommt... - eröffnet andererseits vielleicht auch Gelegenheiten, die man sonst nie bekäme.
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.

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