@Hyperion-Bild
Ich wollte damit nicht weiterhin den non-speed-thread aufblähen, und du hast ja selber vorgeschlagen das Thema hierhin auszuweiten.
Daniel hat es als erster angesprochen
"Du hast einfach zu viele Shapes in dem Bild und hast die nicht alle ordentlich hierarchisiert bekommen."
MartinH.'s Kommentar zum Rahmen geht durchaus in die selber Richtung
"Der Rahmen stört allerdings. Ich könnte mir vorstellen, das es daran liegt, das er den höchsten Tonwertkontrast im ganzen Bild hat und desswegen penetrant vom Hauptmotiv ablenkt."
(Was ja ebenfalls eine Frage der Hierarchie ist)
Und Hexodus spricht es auch nocheinmal an:
Du könntest Dir daher ein paar Gedanken darüber machen, wie Du Hierarchien im Bild schaffen könntest, um den Betrachter besser durchs Bild zu führen.
Und dann sagst du ja selber noch, dass es das erstemal war, dass du wirklich Zeit in die Komposition gesteckt hast und es dich schon ein wenig ärgert, dass es dann doch genau in dem Punkt seine Schwächen hat.
Das Hauptproblem ist in meinen Augen(und aus deinem Kommentar lese ich, dass du dir da einer Differenzierung nicht so ganz bewußt zu sein scheinst), dass du zwar die Posen der Figuren aufwendig komponiert hast(und das ist auch wirklich gelungen), aber zu keiner Zeit die Tonwerte - wobei genaugenommen hast du auch in der Zeichnung keine Hierarchie(dazu weiter unten mehr.)
Das ist eigentlich auch ein schönes Beispiel dafür, dass das Ausnutzen der Bandbreite von schwarz bis weiß alleine nicht viel nutzt.
Denn mal ehrlich, so schöne Seiten das Bild auch hat - am Ende ist es ein rotgrauer Matsch.
Ich habe bewußt bisher nichts dazu geschrieben, weil ich es ehrlich nicht gut finde; imho hast du dich nicht nur in der Zeit übernommen; und darüber sollten dich auch die überschwenglichen Kommentare der Leute nicht hinwegtäuschen, deren oben zitierte Kritiken mir arg rücksichtsvoll erscheinen.
Bei deinem Charakterporträt oder dem ersten Bild hier im Thread sieht man eigentlich ganz gut, dass du eigentlich schon weißt worauf es ankommt(die sind wirklich gelungen); nur da ist eben der Unterschied, ob man den Mechanismen bis auf den Grund gegangen ist und die Erkenntnis dort wirklich gewonnen hat oder ob es einem nur "irgendwie" klar ist und man es dann auch gerne mal aus den Augen verliert. Wobei auch gerade so ein -in der Hinsicht- mißlungener Meilenstein den Grundstein für einen Augenöffner legen kann.
Ich weiß, dass die Tonwert-Debatte nicht jedermans Sache ist, und nicht jeder Speedpaintings bis zum umfallen malen will. Aber tatsächlich überschneidet sich das Tonwertgefüge gedanklich weit mehr mit dem zeichnerischen Ansatz als man zunächst glauben mag. Denn tatsächlich sollte man hingehen und die "wichtigen" Linien durch besonders harte Kontraste betonen - quasi eine art Lineweight. Denn wie oben schon angeschnitten hast du auch in der Zeichnung keine Hierarschie. Du hast zwar "Richtungen" drinn, nur hört da Komposition beileibe nicht auf, jede Linie bekommt bei dir leider diesselbe Aufmerksamkeit; eine x-beliebige Hand unten im Sud ist genausoviel/wenig hervorgehoben wie die den ChromosHyperion niederstreckende Pranke des Tigergottes und jeder Speer eines ihn umgebenden Helden ist mindestens genauso attraktiv in Szene gesetzt wie die Lanze die dem Farbgeist unittelbar ins Reich der Toten schickt.
In einer Zeichnung gibt es verschiedene suboptimale Möglichkeiten eine Linie hervorzuheben. Meistens merkt man aber auch beim zeichnen - z.B. besonders bei Frauengesichtern - das weniger oft mehr ist; dort wo man eine Linie weglässt in der Zeichnung hat man beim malen die Möglichkeit einen äußerst schwachen Kontrast noch anzubringen, da man mit Tonwertflächen einfach ein Mittel an der Hand hat, der der "wichtigen" Linie trotzdem die nötige Betonung geben kann. D.h., im Prinzip ist ein weggelassener Strich in einer Zeichnung nichts anders als ein nicht so harter Kontrast.
In dem Moment aber, wo du beim ausmalen die Farbe drüberwirfst wie "weitere Striche", schwächst du die Wirkung der schon vorhandenen Striche ab. Stattdessen sollte man versucht sein beim Ausmalen die wichtigen Striche noch zu pointieren. Deswegen funktionieren auch Gradienten in einem Speedpainting oft viel besser, als wenn derjenige beim Ausarbeiten diesen Gradienten mit immer neuen Details aufbricht. Und wie oft hört man, dass die "Lockerheit des ersten Scribbels" verlorengegangen ist?
Im Prinzip läuft das alles aufs gleiche Hinaus; Zeichnung, Details, Tonwerte sind alles Mittel den Kontrast auf den Focus zu lenken, aber sie können eben auch gegeneinanderarbeiten.
Deswegen ist es imho sehr wertvoll sich insbesondere über die Punkte bewußt zu werden, wo sich die Dinge gedanklich überschneiden, damit man sie in einem Gemälde auch gezielt zusammenführen kann.
Denn letztendlich scheitert dein Bild daran, dass du zwar schöne Anatomien gezeichnet hast, aber die Zeichnung nicht in kompositorischer Hinsicht verstanden hast. Bei einfachen Zeichnungen mit automatisch wenigen Strichen macht sich das nicht negativ bemerkbar, aber bei komplexeren Zeichnungen dürfen im Prinzip nicht "mehr" wichtige Striche gemacht werden als bei einer einfachen Zeichnung. Deswegen sind "Thumbnail-Scribbels" und
"Speedpaintings" auch so wertvoll, weil sie genau das trainieren, und aus genau dem Grunde bin ich auch der Meinung, dass ausdetaillieren eines Speedpaintings nur speedpainten im Detail ist - und nicht anders Verhält es sich bei einer Zeichnung - alles was hinzukommt darf die Hierarchie des scribbels nicht brechen. Optimieren gerne - oder ändern, was nicht gut war - aber nicht einfach nur "mehr hinzufügen".
Viel Text ... hmm, ...
Zur Abrundung nocheinmal ein entsprechendes Overpaint.
PS: ßbrigens ist das auch gerade der "Tarnungs-Trick" bei Tigern - durch die Streifen wirkt er zwar für sich genommen unheimlich auffällig und man fragt sich zuerst, wie er sich damit bitteschön verstecken kann, aber im Prinzip fügt er Kontrast hinzu, wo er nicht hingehört und löst dadurch die Shape-Kontur auf.
(( Hier das Original
http://www.itankuover.com/web/macheathhyperion_1000.jpg ))