Hi Oswin!
Weil Du mich ja per PM gefragt hattest, habbich hier mal reingeschaut und kann ehrlich gesagt nicht so richtig nachvollziehen, worum es Dir geht? Reduktion um der Reduktion willen? Ich weiß nicht, was das für den Workflow bringen soll. Irgendwann wirst Du ohnehin das gesamte Farbspektrum abbilden wollen, das Du in der Natur sehen kannst. Dann sind die ganzen "limitierten Paletten" nur für die Katz gewesen, was den Arbeitsaufwand betrifft. Ich finde, Du gehst das Problem gedanklich zu "digital" an, indem Du so extrem zwischen Tonwerten und Farben trennst. Das bringt in der Praxis nüscht.
Vernünftige Maler haben zwar reduzierte Paletten - aber unter 8 bis 10 Farben läuft da normalerweise nix, bzw. kommen sonst immer nur Schul-Malkasten-Ergebnisse dabei heraus. Orientiere Dich doch lieber gleich an den Paletten derjenigen Maler, die Du gut findest.
Meiner Meinung nach gehören folgende Farben unbedingt in eine "analoge" Palette:
1. Weiß (ich nehme mindestens zwei, nämlich Titanweiß und Zinkweiß)
2. Blau (ich nehme meist drei, nämlich Ultramarin dunkel und Kobaltblau, sowie Phtalocayninblau oder Preußischblau) . Finde, man kann unmöglich auf Ultramarin oder Kobaltblau verzichten; eins davon ist absolut Pflicht.
3. Lichter Ocker - unbedingt, wer auf den verzichtet, hat selbst Schuld. Den kann man als Gelbvariante in haufenweise Fällen verwenden, ohne daß es immer gleich quietschig wird, außerdem mischt er sich mit Blau nicht gleich zu Grün, was ihn z.B. bei der Himmelsdarstellung unverzichtbar macht.
4. Rot - Iich benutze Karminrot und Cadmiumrot dunkel, zusätzlich bei Bedarf noch Krapplack und Cadmiumrot hell.
5. Terra di Sienna natur - in den unterschiedlichsten Situationen, hab die Farbe im Studium von einem Kommilitonen empfohlen bekommen und verzichte seither nicht mehr darauf.
6. Umbra natur - Komme nicht ohne aus, aber das ist Geschmackssache. Andere mögen eher Umbra gebrannt, van Dyck Braun oder Caput mortuum - die verwende ich wesentlich seltener, weil sie in Richtung Rot/Violett gehen und ich mir solche Töne schnell mit Rot anmischen kann. Ein dunkler Braunton ist aber Pflicht.
7. Gelb - Cadmiumgelb hell - nicht Zitrone! ich verwende darüber hinaus immer "brauner Lack gelblich, der mit Weiß angemischt einen goldgelben Ton erbringt und mit Phatlocyaninblau ein schönes Grün, was nahe an Chromoxidgrün ist, nur etwas wärmer)
8. Schwarz (Lampenschwarz/Rußschwarz) Elfenbeinschwarz nur in seltenen Fällen, da es mir zu stark und daher schwierig zu dosieren ist beim Mischen
9. Eigentlich nehme ich noch lieber Sepia als Schwarz - das kann man mit Ultramarinblau oder Preußischblau mischen und hat damit einen Ton nahe am Schwarz - kann aber immer noch die Farbtemperatur bestimmen
So, das sind 9, falls man auf Schwarz verzichten kann, mindestens 8 Farben, die
immer bei mir auf der Palette sind. Von Fall zu Fall kommen noch andere Farben hinzu, meinetwegen Grüntöne, weil es schwierig ist, sich die alle mit Gelb und Blau zusammenzumischen.
Oder ein Ultramarinviolett, wenn ich Varianz in bläulichen oder sehr hellen Bereichen möchte.
Meine Empfehlung wäre, die Palette
nicht stärker zu reduzieren - denn ansonsten bekommt man nur Ergebnisse, die allerhöchsten theoretisch interessant sind - in der Praxis aber in keinem Verhältnis zum Aufwand, der mit der Beschränkung betrieben wird, stehen. Die Zeit, die Du in diese Misch-und Limitier-Üungen steckst, könntest Du sinnvoller damit verbringen, mit einer etwas größeren Palette einfach nach der Natur zu malen. Denn wie gesagt - irgendwann wirst Du ohnehin mit mehr Farben arbeiten, und also mußt Du Dich sowieso an die alle gewöhnen...
Wichtig wäre, sich etwas vom digitalen Denken zu lösen, also z.B. bei der gedanklichen Trennung zwischen Farbwerten, Tonwerten, Sättigungswerten usw.. Das geht im analogen Malen alles ineinander über und wenn man's zu sehr trennt, dann macht man sich das Leben nur unnötig kompliziert.
Ach ja, bezüglich Deiner Bilder: Ich finde diese Gelb-Grün-Versuche furchtbar. Andrej hat sehr zu Recht darauf hingewiesen, daß denen der Rotanteil fehlt - so sind sie in der Konsequenz giftig bis zum Augenkrebs.
![Very Happy :D](./images/smilies/sm_biggrin.gif)
Was ich total cool finde, ist, daß er ausgerechnet A. Kuindshi als Anschauungsbeispiel brachte, der hierzulande ja leider viel zu unbekannt ist. Der hat häufig mit einem Orange-Braun (eventuell Sienna oder etwas in der Art) untermalt - und gerade bei Naturdarstellungen ist das eine sehr pfiffige Imprimitur. Beim analogen Malen ist der Komplementärkontrast eins der wichtigsten Mittel, insbesondere, was die Schattendarstellung angeht. Man wundert sich, daß erst mit den Impressionisten Künstler anfingen, die Systematik dahinter mal auseinanderzuklambüstern (natürlich haben gute Maler schon vorher farbige Schatten gemalt, statt Farben einfach nur abzudunkeln). Konzentriere Dich am besten auf diesen Aspekt, schau Dir farblich gelungene Bilder anderer Maler an und analysiere die gezielt auf den Einsatz von Komplementärkontrasten - dann wirst Du schnell drauf kommen,
wie wichtig die sind. Insbesondere in ihren abgeschwächten Formen. So erkennt natürlich jeder Depp einen Rot-Grün-Kontrast. Aber wenn meinetwegen ein Wolken-Weis mit einem winzigen Tick lichtem Ocker angemischt wurde, um sie vor dem Blau des Himmels noch strahlender zu machen, oder wenn ein kühler Granitstein mit einem bläulichen Grau auf einer umbrabraunen Untermalung dargestellt wird - das wird von vielen Leuten meist übersehen. Ebenso wie bläulich-grünliche Schattenpartien im Inkarnat eines Gesichts usw.
Da gibt es so viel zu lernen, daß ich mich selbst immer wieder frage, wo man die Zeit dafür hernehmen soll - da verzichtet man doch dann liebend gern auf allzu akademisch-theoretische "Untersuchungen" wie Deine spartanisch limitierten Paletten.
![Wink ;)](./images/smilies/sm_wink.gif)