Nachbereitung eines Workshops
Verfasst: 21. Okt 2010, 13:05
So, nachdem die Convention mit dem Stilleben-Ölmalworkshop jetzt ein paar Tage her ist, wollte ich das Projekt hier nochmal kurz Revue passieren lassen und meine Gedanken dazu festhalten. Auch vielleicht, um meinen Eindruck dazu anhand Eurer Eindrücke dazu überprüfen zu können.
Zuallererst: Ich fand das Ganze nicht sooo toll, wie ich es mir erwünscht/erhofft/geplant hatte, und ich hatte den Eindruck, daß diverse Teilnehmer sehr schnell die Lust verließ. Die Gründe dafür mögen individuell unterschiedlich gewesen sein, mich interessieren freilich vor allem die Faktoren, für die ich verantwortlich war. Jene Schrauben, an denen ich zu drehen hätte, wenn ich - in einem anderen Zusammenhang/Rahmen - noch einmal so einen Kurs anbieten wollte.
1. Organisation.
1.1. Ich hatte vorgehabt, die benötigten Materialien, insbesondere die Malgründe für den Workshop selbst vorzubereiten, sah mich aber aus Zeitgründen nicht dazu in der Lage. Deswegen delegierte ich das "Untermalen" und das Einkaufen der Malmittel an meinen Bruder. Dieser verwendete für die bläulich untermalten Malgründe eine Farbe (Preußischblau oder Phtalocyaninblau oder etwas in der Art), welche bis zu Beginn des Workshops nicht mehr rechtzeitig trocknete. Daraus ergaben sich für einige Teilnehmer Schwierigkeiten (das Blau löste sich beim Malen an und "versaute" so die Farbigkeit). Meine Schuld, denn als Fachmann hätte ich bedenken müssen, daß mein Bruder, wenn ich ihm sage, er soll die Bilder mit einem "kühlen Blauton" imprimieren, zuerst zu den langsam trocknenden kalten Blaupigmenten greift, wie sie Preußischblau etc. darstellen.
Des weiteren wurde das Malmittel in einem viel zu großen Behälter (10-Liter-Kanister) gekauft - und dadurch geriet das Verteilen unter die Workshop-Mitmacher zu einer mittleren Sauerei. Ich hätte meinem Bruder genauere Anweisungen geben müssen, was die Gebindegröße anging. Darüberhinaus hätte ich den Vorgang des "Verteilens" prinzipiell besser vorbereiten, also z.B. einen Trichter oder dergleichn mitbringen sollen. Hier liegt die Schuld allein bei mir.
1.2. Der genaue Zeitpunkt für den Workshop-Beginn war nicht genannt worden, sodaß die Teilnehmer über einen Zeitraum von über einer Stunde nach und nach eintrudelten. So mußte ich vieles, was allen Teilnehmern gesagt werden mußte, mehrfach wiederholen, tat das dann aber nur unvollständig, und das hatte zum Ergebnis, daß viele meiner "Anweisungen" nicht - oder nur verspätet - bei allen Teilnehmern ankamen.
1.3. Ich hätte mir einen exakteren "Zeitplan" aufstellen müssen unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das Verteilen der Materialien unter den Teilnehmern ebenso Zeit in Anspruch nehmen werde wie die Nachfragen von Leuten, die eben doch nicht hundertprozentig genau den Anmeldethread gelesen oder bestimmte Sachen (Paletten, Malmittelgläser) vielleicht einfach vergessen hatten. Zur Planung so eines Workshops gehört wohl auch, "Fehlleistungen" der Teilnehmer zu antizpieren und sich eben nicht darauf zu verlassen, daß sich alle 1:1 an die vorher genannten Anweisungen halten. Mir fehlte da die nötige Flexibilität, bzw. ich ließ mich durch solche unvorhergesehenen Sonderprobleme zu sehr aus dem Konzept bringen.
2. Das Didaktische
Die Grundidee des Workshops, die mir vorschwebte, konnte m.E. nicht vermittelt werden, dabei hatte mir Daniel mit seinem Vortrag über die Farben am Freitagabend eigentlich eine Steilvorlage gegeben, wie sie besser nicht hätte sein können. Diese Schwierigkeit könnte darin liegen, daß das "Problem", auf welches der Workshop eine Antwort geben sollte, scheinbar nur mir selbstverständlich war, von vielen Workshopteilnehmern aber überhaupt nicht gesehen wurde.
Daher hier von meiner Seite aus nochmal der Versuch, wenigstens im Nachhinein zu erläutern, worauf hinaus ich eigentlich gewollt hatte:
Daniel beschrieb seinen Werdegang als Maler, wie er zuerst mit Umrissen mit Lineart anfing, wie dann langsam die Tonwerte wichtiger wurden, wie dann die Tonwerte später koloriert wurden und irgendwan er dann anfing, nicht mehr von Umriß- und Tonwert-Ideen auszugehen, sondern von Farbideen. In der darauffolgenden Diskussion wurde von Steven angesprochen, daß dieses Vorgehen Daniels ein sehr analytisches, die einzelnen Aspekte deutlich trennendes Verfahren sei, daß z.B. das Beginnen bei der Farbe (anstatt bei der Form) lediglich ein Vorgehen mit umgekehrtem Vorzeichen sei, daß aber vielleicht die Synthese der unerschiedlichen Aspekte fehle. Daniel beschrieb das Ganze dann mit dem Bild eines Kreises, in dessen Mittelpunkt sozusagen der ideale Weg zum perfekten Bild steht, auf dessen Umrißlinie dann die unterschiedlichen Ansätze (Betonung der Outlines, Betonung der Tonwerte, Betonung der Kolorierung usw.) liegen, wobei, wenn man den einen Aspekt besonders betone, man die anderen Aspekte dadurch automatisch etwas von dem idealen Zentrum wegdränge.
Dieses Bild hielt ich für treffend - und dennoch auch für irreführend.
Treffend dann, wenn wir den analytisch und strukturiert vorgehenden Künstler betrachten, dessen Kapazitäten notwendigerweise immer begrenzt sind: Man kann nicht an alles zugleich denken und der eine Gedanke verhindert, daß zeitgleich der andere gedacht wird.
Irreführend, weil...
Und das wollte ich dann in dem Workshop quasi belegen.
In der Diskussion nach Daniels Vortrag fiel der Name artvandelys, welcher jemand zu sein scheint, der nicht die Probleme der einander gegenseitig vom Mittelpunkt wegdrängenden Aspekte des Malens hat. Dies mit artvandelys besonderem Genie oder seiner lediglich besonders großen Erfahrung erklären zu wollen, erscheint mir falsch, denn solche Erklärungen sind ja eigentlich gar keine, sondern tun so, als wäre da etwas Unerklärliches, für Normalsterbliche Unbegreifliches am Werk.
Ich bin der Ansicht, daß es die von Steven angedachte Synthese gibt, und zwar beim "Malen mit analogen Farben nach der Natur". Daß es mir bei dem Workshop genau um diese Synthese ging - das wurde mir erst während Daniels Vortrag so langsam deutlich - und richtig klar wurde es mir erst in einem Gespräch, das ich später mit Duracel führte.
Der Punkt ist folgender: Das Malen mit analogen Farben zwingt eigentlich aus materialtechnischen Gründen zu einer Synthese. Jeder Pinselstrich ist immer schon eine Fläche (auch jede noch so schmale Bleistiftlinie ist genaugenommen schon eine Fläche, aber diesen Umstand realisieren wir üblicherweise erst ab einer bestimmten "Dicke" des Strichs). So fallen schon mal Flächigkeit und Linie beim Malen zusammen. Da die Farben aber analog vorliegen, können wir auch nicht wirklich zwischen den Aspekten Farbigkeit und Tonwerte unterscheiden. Jede Farbe hat immer schon ihren eigenen Tonwert - eine Farbidee ist daher in der analogen Malerei ohne eine Tonwertidee nicht denkbar. Das analytische Trennen der Aspekte Tonwert und Farbigkeit, in der digitalen Malerei problemlos möglich (Schwarzweißbild, über das dann eine Farbebene gelegt werden kann), führt beim analogen Malen recht zuverlässig in Sackgassen. Vor allem dann, wenn technische Workarounds (Lasurmalerei) materialbedingt nicht funktionieren. Wenn man mit einer Ölfarbe einen Farbton anmischt, mischt man automatisch einen Tonwert an: der analoge Maler ist gezwungen, die Synthese der unterschiedlichen Aspekte zu finden.
Das ist die rein praktische Ebene - es gibt aber auch die Konzeptebene, nach welcher Bildideen entstehen. Solange ein Bild aus einer im Kopf vorher ausgedachten "Idee" besteht, kann man den Zwang, mit analogen Farben synthetisch vorzugehen, durchaus als Ärgernis begreifen. Das, was man sich vorgenommen hat, kann man nicht in zu handhabende Teilschritte unterteilen - so kann es zu einer frustrierenden Überforderung kommen.
Den Ausweg aus dieser Problematik bietet hier meiner Ansicht nach das Malen nach der Natur. Die Natur nimmt uns das Problem in gewisser Weise ab - wir brauchen ihr lediglich vertrauensvoll (sklavisch ) zu folgen. Man braucht ja "einfach nur" die Farben, die man vor sich sieht, entsprechend anmischen und auf die Leinwand auftragen - und fertig ist das "richtig wirkende" Bild. Beim Anmischen einer Farbe müssen wir nicht mehr überlegen: ist sie zu hell, ist sie zu gesättigt, ist das der gewollte Farbton? Wir brauchen einfach nur zu vergleichen: sieht die Farbe genauso aus wie die Stelle des Modells, das wir gerade abmalen?
Die Synthese von Linie und Fläche, Farbe, Sättigung, Tonwert und Volumen ergibt sich beim Malen nach der Natur von selbst. Freilich auf Kosten der künstlerischen Freinheit! Wenn man brav nach der Natur malt, kann das Bild nicht geiler aussehen als die Natur selbst - ein realistischer Eindruck ist ja nicht gerade spektakulär/spannend/aufregend oder storytellingmäßig interessant.
Mein Anliegen mit dem Workshop war also (auch wenn ich dieses Anliegen eigentlich erst im Nachhinein so richtig begriffen habe, nachdem es nicht so richtig erfüllt wurde), eine Methode vorzustellen, wie zumindest die von Steven erwähnte Synthese, wenn auch nicht vollständig erreicht, so doch angegangen werden könne: die uralte (jemand erwähnte da Vincis Aussage, daß, wer von der Natur lerne, vom dem Lehrmeister der Lehrmeister direkt lerne) Methode des Arbeitens nach der Natur.
Dieses Anliegen - welches auch in einer Beschränkung lag (ich erwähnte ja mehrmals, daß es nicht in erster Linie darum gehe, ein "schönes Bild" zu malen) - konnte ich gegenüber den Teilnehmern offenkundig schlecht oder gar nicht kommunizieren. Ich denke da z.B. an Leute wie FastArt, dessen erstes Bild ja schon nach kurzer Zeit "fertig" war, aber eben bloß, weil er die für ihn übliche Vorgehensweise wählte, das Denken in Tonwertutnerschieden, Lines und Shapes. Ihn verließ hernach dann wohl die Lust, sowohl daran, sich nun auch um die Farbigkeit zu kümmern, also auch, einen gänzlich neuen zweiten Versuch zu wagen. So, wie auch mehrere andere Teilnehmer keine Lust zu haben schienen, ein zweites Bild anzufangen.
Ich muß mich nun also fragen, warum es mir nicht gelang, das zentrale Anliegen des Workshops besser zu vermitteln. Unterschätzte ich die ganz praktischen Probleme, die viele mit dem Material hatten? Jemand berichtete mir BondexxHH (mein Bruder) habe ihn erst darauf aufmerksam gemacht, daß es sinnvoll sei, den Pinsel immer mal wieder erst abzuwischen, dann im Pinselreiniger auszuwaschen und dann nochmal auf dem Mallumpen/Papierhandtuch trocken zu drücken, bevor man eine neue Farbe anmische. Ich muß ehrlich gestehen: Daß solche "simplen Tricks" noch vermittelt werden müßten, hatte ich überhaupt nicht bedacht. Manche Handgriffe sind mir derartig selbstverständlich, daß ich nicht im Traum darauf käme, andere müßten sie beigebracht bekommen.
Ähnlich ging es mir bei den Problemen, die manche mit den unterschiedlichen Pigmenten hatten. Daß es lasierende und deckende Farben gibt - das war mir so klar, daß ich nicht auf die Idee kam, jemand könne nicht auf die naheliegende Lösung kommen, falls eine Farbe nicht richtig decke: Nämlich einfach mal vom lasierenden auf das deckende Pigment zu wechseln. Sowas muß man den Leuten extra noch sagen? Ja, sowas muß man ihnen sagen. Wieder mal: Mein Fehler!
3. Die Fehler der Workshopteilnehmer
Den Anteil, den die Teilnehmer daran hatten, daß der Workshop nicht so gute Resultate erbrachte, wie es sich beide Seiten gewünscht haben dürften, ist mir später auch erst im Verlauf eines Gespräches mit Duracel klar geworden: Mangelndes Vertrauen in den Workshopleiter.
Nach all den Fehlern, die ich hier eben gerade von meiner Seite her eingestanden habe, könnte man meinen, es sei gerechtfertigt, wenn die Teilnehmer sich nicht genau nach meinen Anweisungen richteten.
Ich vermute aber, daß sie das nicht deswegen taten, weil sie schon ahnten, wie schlecht der Hank als Lehrmeister sei, sondern weil sie vor allem ihre eigenen Ziele im Kopf hatten, statt sich einfach mal vorbehaltlos und somit auch etwas "ziellos" einfach auf das einzulassen, was der Hank ihnen da vorschlug.
Beispiel: Ich betonte am Anfang, daß und wie wichtig es sei, gute Lichtverhältnisse zu haben. Daß man sich an Tische nahe den Fenstern setzen möge und zwar so, daß das Licht von der Seite komme, und nicht so, daß man das Modell in einer Gegenlichtsituation sehe. Dies betonte ich mehrfach. Viele richteten sich aber nicht danach. Sei es, daß sie zu faul waren, mal ein paar Tische zu rücken oder vielleicht etwas Müll von den Tischen wegzuräumen, sei es, daß sie vielleicht gar dachten: Och, so eine Gegenlichtsituation ist aber doch ganz hübsch!
Weiteres Beispiel: Ich sagte, daß weniger mehr sei. Eine Pflaume, eine Banane, ein Apfel - ein einzelnes Objekt wäre für den Unterrichtszweck als Vorlage ausreichend gewesen. Vielleicht begründete ich meinen Ratschlag nicht ausführlich genug, jedenfalls sah es am Ende so aus, daß die meisten sich viel zu komplizierte Arrangements von Gegenständen zum Modell wählten. Nur an einem Tisch beschränkte man sich auf zwei Objekte (eine Paprika und eine Mango), an den anderen Tischen wurden komplizierte Türme aus Obst, Holzkisten und Tuchdraperien aufgebaut.
Selbst, wenn man meinen kann, daß ich meinen Ratschlag nicht klar genug betonte, so kann man es auch von der anderen Seite sehen: Manche Kursteilnehmer meinten, es besser zu wissen als der Leiter, hielten meine Ratschläge also für nicht so wichtig.*
Hier stellt sich für mich die Frage, wie Lernen und Lehren am besten passieren kann. Im Gespräch mit Duracel kam mir die Assoziation mit bestimmten Kung-Fu-Filmen, wo die "schlechten" Schüler häufig am Anfang nicht dem Meister gehorchen und dessen scheinbar sinnlose Anweisungen ignorieren. Während die "guten" Schüler fraglos den Anweisungen des Meisters folgen, selbst wenn sie nicht kapieren was das jetzt schon wieder soll... Man entsinne sich nur des Films "Karate Kid", wo der Protagonist erstmal richtig putzen lernen statt Kampfsport trainieren soll - und sich später herausstellt, daß der weise Meister schon seinen Grund für seine seltsamen Anweisungen hatte.
Der "schlechte" Schüler ist in solchen Filmen immer der Schüler, der vor Selbstbewußtsein schier platzt, der davon überzeugt ist, im Grunde genommen schon zu wissen, wie's geht. Während der "gute" Schüler eben bescheidener ist und die Überlegenheit des Meisters so akzeptiert, daß er ihm selbst dort folgt, wo er die Sinnhaftigkeit der Anweisungen überhaupt nicht erkennen/nachvollziehen kann.
Nun will ich mich nicht zum großen Guru der Ölmalerei stilisieren und mich darüber beschweren, daß nicht genügend Vertrauen seitens der Kursteilnehmer vorhanden war. Mir geht es darum, die Strukturen so einer Lern- und Lehrsituation zu begreifen, um zukünftig besser in solchen Situationen mich verhalten zu können. Sowohl als Lehrender wie auch als Lernender. Die Lehre, die ich aus den "Fehlern" der Kursteilnehmer für mich gezogen habe ist: Wenn ich zukünftig an irgendeinem Kurs teilnehme, werde ich mich striktestens nach den Anweisungen der Kursleiter verhalten. Entweder sind die Leiter inkompetent - dann habe ich mich schon falsch entschieden, als ich mich für den Kurs überhaupt anmeldete. Oder aber sie sind kompetent, was das Fachliche angeht. Und dann lohnt es sich für mich, auf ihre Kompetenz zu vertrauen und mein eigenes "Wollen" (meine eigenen "künstlerischen Ideen") hintan zu stellen.
Ich werde versuchen, herauszufinden, worum es dem Kursleiter geht, statt vor allem auf meine eigenen Zielvorstellungen zu gucken, die ich ja immer noch in aller Ausführlichkeit verfolgen kann, sobald ich wieder daheim bin.
So, hier erstmal Schluß, sonst labere ich Euch noch tot.
*Nachtrag: Warum waren meine Ratschläge hier aber richtig? Erstens: Bei Gegenlichtsituationen sind Farben kaum noch verläßlich zu beobachten. Nur noch Silhouetten bleiben übrig, die man zwar farbig schattieren kann - deren Farbigkeit aber dann meist ausgedacht/willkürlich ist. Es ging ja aber darum, das Farbenbeobachten auszuprobieren/zu lernen. Und da ist die schwierigste denkbare Ausgangslage wenig hilfreich.
Was die Beschränkung auf wenige Objekte angeht: daß die Teilnehmer sich zuviel da hingelegt hatten, daß ihr Modell zu komliziert/komplex war, das wurde später von mehreren Leuten dadurch auszugleichen versucht, daß sie einzelne Gegenstände, die vor ihnen auf dem Tisch lagen, einfach wegließen, oder daß sie sich etwas ausdachten, um z.B. den Hintergrund auszufüllen. Sobald man aber beim Malen nach der Natur anfängt, Dinge wegzulassen oder sich auszudenken, verläßt man den "sicheren Pfad", der da heißt: "Wenn ich nur genau genug das wiedergebe, was ich sehe, wird das Ergebnis am Ende stimmig sein."
Beispiel: Ein Apfel liegt auf einem hellen Tuch vor/neben einer Handvoll dunkler Trauben. Wenn man die Trauben nun wegläßt, weil sie einem zu kompliziert sind, ändert man die Gesamtsituation komplett: Der Apfel steht nun nicht mehr vor der dunklen Folie der Trauben, sondern vor der hellen Folie des Tuches. Er leuchtet nun plötzlich nicht mehr so schön hellgelb, sondern , sofern man die Farben, die man auf dem Apfel tatsächlich sieht, in sein Bild übernimmt, wirkt er dunkel und fast ein wenig angegammelt vor dem weißen Tuch. Also ist man, der Gesamtstimmung zuliebe, gezwungen, die Farbe des Apfels anders zu malen, als man sie sieht.
Von den Interdependenzen, die durch Bouncelights, Schattenwürfe usw. enstehen, gar nicht erst zu reden.
Tatsächlich ist eine einzelne Paprikaschote auf einem simplen hellen Untergrund komplex genug in ihrem Farbenspiel für einen "nur" maximal sechsstündigen Workshop, insbesondere, wenn man sie zweimal malen möchte - einmal auf einem kalten, einmal auf einem warmen Malgrund.
Zuallererst: Ich fand das Ganze nicht sooo toll, wie ich es mir erwünscht/erhofft/geplant hatte, und ich hatte den Eindruck, daß diverse Teilnehmer sehr schnell die Lust verließ. Die Gründe dafür mögen individuell unterschiedlich gewesen sein, mich interessieren freilich vor allem die Faktoren, für die ich verantwortlich war. Jene Schrauben, an denen ich zu drehen hätte, wenn ich - in einem anderen Zusammenhang/Rahmen - noch einmal so einen Kurs anbieten wollte.
1. Organisation.
1.1. Ich hatte vorgehabt, die benötigten Materialien, insbesondere die Malgründe für den Workshop selbst vorzubereiten, sah mich aber aus Zeitgründen nicht dazu in der Lage. Deswegen delegierte ich das "Untermalen" und das Einkaufen der Malmittel an meinen Bruder. Dieser verwendete für die bläulich untermalten Malgründe eine Farbe (Preußischblau oder Phtalocyaninblau oder etwas in der Art), welche bis zu Beginn des Workshops nicht mehr rechtzeitig trocknete. Daraus ergaben sich für einige Teilnehmer Schwierigkeiten (das Blau löste sich beim Malen an und "versaute" so die Farbigkeit). Meine Schuld, denn als Fachmann hätte ich bedenken müssen, daß mein Bruder, wenn ich ihm sage, er soll die Bilder mit einem "kühlen Blauton" imprimieren, zuerst zu den langsam trocknenden kalten Blaupigmenten greift, wie sie Preußischblau etc. darstellen.
Des weiteren wurde das Malmittel in einem viel zu großen Behälter (10-Liter-Kanister) gekauft - und dadurch geriet das Verteilen unter die Workshop-Mitmacher zu einer mittleren Sauerei. Ich hätte meinem Bruder genauere Anweisungen geben müssen, was die Gebindegröße anging. Darüberhinaus hätte ich den Vorgang des "Verteilens" prinzipiell besser vorbereiten, also z.B. einen Trichter oder dergleichn mitbringen sollen. Hier liegt die Schuld allein bei mir.
1.2. Der genaue Zeitpunkt für den Workshop-Beginn war nicht genannt worden, sodaß die Teilnehmer über einen Zeitraum von über einer Stunde nach und nach eintrudelten. So mußte ich vieles, was allen Teilnehmern gesagt werden mußte, mehrfach wiederholen, tat das dann aber nur unvollständig, und das hatte zum Ergebnis, daß viele meiner "Anweisungen" nicht - oder nur verspätet - bei allen Teilnehmern ankamen.
1.3. Ich hätte mir einen exakteren "Zeitplan" aufstellen müssen unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das Verteilen der Materialien unter den Teilnehmern ebenso Zeit in Anspruch nehmen werde wie die Nachfragen von Leuten, die eben doch nicht hundertprozentig genau den Anmeldethread gelesen oder bestimmte Sachen (Paletten, Malmittelgläser) vielleicht einfach vergessen hatten. Zur Planung so eines Workshops gehört wohl auch, "Fehlleistungen" der Teilnehmer zu antizpieren und sich eben nicht darauf zu verlassen, daß sich alle 1:1 an die vorher genannten Anweisungen halten. Mir fehlte da die nötige Flexibilität, bzw. ich ließ mich durch solche unvorhergesehenen Sonderprobleme zu sehr aus dem Konzept bringen.
2. Das Didaktische
Die Grundidee des Workshops, die mir vorschwebte, konnte m.E. nicht vermittelt werden, dabei hatte mir Daniel mit seinem Vortrag über die Farben am Freitagabend eigentlich eine Steilvorlage gegeben, wie sie besser nicht hätte sein können. Diese Schwierigkeit könnte darin liegen, daß das "Problem", auf welches der Workshop eine Antwort geben sollte, scheinbar nur mir selbstverständlich war, von vielen Workshopteilnehmern aber überhaupt nicht gesehen wurde.
Daher hier von meiner Seite aus nochmal der Versuch, wenigstens im Nachhinein zu erläutern, worauf hinaus ich eigentlich gewollt hatte:
Daniel beschrieb seinen Werdegang als Maler, wie er zuerst mit Umrissen mit Lineart anfing, wie dann langsam die Tonwerte wichtiger wurden, wie dann die Tonwerte später koloriert wurden und irgendwan er dann anfing, nicht mehr von Umriß- und Tonwert-Ideen auszugehen, sondern von Farbideen. In der darauffolgenden Diskussion wurde von Steven angesprochen, daß dieses Vorgehen Daniels ein sehr analytisches, die einzelnen Aspekte deutlich trennendes Verfahren sei, daß z.B. das Beginnen bei der Farbe (anstatt bei der Form) lediglich ein Vorgehen mit umgekehrtem Vorzeichen sei, daß aber vielleicht die Synthese der unerschiedlichen Aspekte fehle. Daniel beschrieb das Ganze dann mit dem Bild eines Kreises, in dessen Mittelpunkt sozusagen der ideale Weg zum perfekten Bild steht, auf dessen Umrißlinie dann die unterschiedlichen Ansätze (Betonung der Outlines, Betonung der Tonwerte, Betonung der Kolorierung usw.) liegen, wobei, wenn man den einen Aspekt besonders betone, man die anderen Aspekte dadurch automatisch etwas von dem idealen Zentrum wegdränge.
Dieses Bild hielt ich für treffend - und dennoch auch für irreführend.
Treffend dann, wenn wir den analytisch und strukturiert vorgehenden Künstler betrachten, dessen Kapazitäten notwendigerweise immer begrenzt sind: Man kann nicht an alles zugleich denken und der eine Gedanke verhindert, daß zeitgleich der andere gedacht wird.
Irreführend, weil...
Und das wollte ich dann in dem Workshop quasi belegen.
In der Diskussion nach Daniels Vortrag fiel der Name artvandelys, welcher jemand zu sein scheint, der nicht die Probleme der einander gegenseitig vom Mittelpunkt wegdrängenden Aspekte des Malens hat. Dies mit artvandelys besonderem Genie oder seiner lediglich besonders großen Erfahrung erklären zu wollen, erscheint mir falsch, denn solche Erklärungen sind ja eigentlich gar keine, sondern tun so, als wäre da etwas Unerklärliches, für Normalsterbliche Unbegreifliches am Werk.
Ich bin der Ansicht, daß es die von Steven angedachte Synthese gibt, und zwar beim "Malen mit analogen Farben nach der Natur". Daß es mir bei dem Workshop genau um diese Synthese ging - das wurde mir erst während Daniels Vortrag so langsam deutlich - und richtig klar wurde es mir erst in einem Gespräch, das ich später mit Duracel führte.
Der Punkt ist folgender: Das Malen mit analogen Farben zwingt eigentlich aus materialtechnischen Gründen zu einer Synthese. Jeder Pinselstrich ist immer schon eine Fläche (auch jede noch so schmale Bleistiftlinie ist genaugenommen schon eine Fläche, aber diesen Umstand realisieren wir üblicherweise erst ab einer bestimmten "Dicke" des Strichs). So fallen schon mal Flächigkeit und Linie beim Malen zusammen. Da die Farben aber analog vorliegen, können wir auch nicht wirklich zwischen den Aspekten Farbigkeit und Tonwerte unterscheiden. Jede Farbe hat immer schon ihren eigenen Tonwert - eine Farbidee ist daher in der analogen Malerei ohne eine Tonwertidee nicht denkbar. Das analytische Trennen der Aspekte Tonwert und Farbigkeit, in der digitalen Malerei problemlos möglich (Schwarzweißbild, über das dann eine Farbebene gelegt werden kann), führt beim analogen Malen recht zuverlässig in Sackgassen. Vor allem dann, wenn technische Workarounds (Lasurmalerei) materialbedingt nicht funktionieren. Wenn man mit einer Ölfarbe einen Farbton anmischt, mischt man automatisch einen Tonwert an: der analoge Maler ist gezwungen, die Synthese der unterschiedlichen Aspekte zu finden.
Das ist die rein praktische Ebene - es gibt aber auch die Konzeptebene, nach welcher Bildideen entstehen. Solange ein Bild aus einer im Kopf vorher ausgedachten "Idee" besteht, kann man den Zwang, mit analogen Farben synthetisch vorzugehen, durchaus als Ärgernis begreifen. Das, was man sich vorgenommen hat, kann man nicht in zu handhabende Teilschritte unterteilen - so kann es zu einer frustrierenden Überforderung kommen.
Den Ausweg aus dieser Problematik bietet hier meiner Ansicht nach das Malen nach der Natur. Die Natur nimmt uns das Problem in gewisser Weise ab - wir brauchen ihr lediglich vertrauensvoll (sklavisch ) zu folgen. Man braucht ja "einfach nur" die Farben, die man vor sich sieht, entsprechend anmischen und auf die Leinwand auftragen - und fertig ist das "richtig wirkende" Bild. Beim Anmischen einer Farbe müssen wir nicht mehr überlegen: ist sie zu hell, ist sie zu gesättigt, ist das der gewollte Farbton? Wir brauchen einfach nur zu vergleichen: sieht die Farbe genauso aus wie die Stelle des Modells, das wir gerade abmalen?
Die Synthese von Linie und Fläche, Farbe, Sättigung, Tonwert und Volumen ergibt sich beim Malen nach der Natur von selbst. Freilich auf Kosten der künstlerischen Freinheit! Wenn man brav nach der Natur malt, kann das Bild nicht geiler aussehen als die Natur selbst - ein realistischer Eindruck ist ja nicht gerade spektakulär/spannend/aufregend oder storytellingmäßig interessant.
Mein Anliegen mit dem Workshop war also (auch wenn ich dieses Anliegen eigentlich erst im Nachhinein so richtig begriffen habe, nachdem es nicht so richtig erfüllt wurde), eine Methode vorzustellen, wie zumindest die von Steven erwähnte Synthese, wenn auch nicht vollständig erreicht, so doch angegangen werden könne: die uralte (jemand erwähnte da Vincis Aussage, daß, wer von der Natur lerne, vom dem Lehrmeister der Lehrmeister direkt lerne) Methode des Arbeitens nach der Natur.
Dieses Anliegen - welches auch in einer Beschränkung lag (ich erwähnte ja mehrmals, daß es nicht in erster Linie darum gehe, ein "schönes Bild" zu malen) - konnte ich gegenüber den Teilnehmern offenkundig schlecht oder gar nicht kommunizieren. Ich denke da z.B. an Leute wie FastArt, dessen erstes Bild ja schon nach kurzer Zeit "fertig" war, aber eben bloß, weil er die für ihn übliche Vorgehensweise wählte, das Denken in Tonwertutnerschieden, Lines und Shapes. Ihn verließ hernach dann wohl die Lust, sowohl daran, sich nun auch um die Farbigkeit zu kümmern, also auch, einen gänzlich neuen zweiten Versuch zu wagen. So, wie auch mehrere andere Teilnehmer keine Lust zu haben schienen, ein zweites Bild anzufangen.
Ich muß mich nun also fragen, warum es mir nicht gelang, das zentrale Anliegen des Workshops besser zu vermitteln. Unterschätzte ich die ganz praktischen Probleme, die viele mit dem Material hatten? Jemand berichtete mir BondexxHH (mein Bruder) habe ihn erst darauf aufmerksam gemacht, daß es sinnvoll sei, den Pinsel immer mal wieder erst abzuwischen, dann im Pinselreiniger auszuwaschen und dann nochmal auf dem Mallumpen/Papierhandtuch trocken zu drücken, bevor man eine neue Farbe anmische. Ich muß ehrlich gestehen: Daß solche "simplen Tricks" noch vermittelt werden müßten, hatte ich überhaupt nicht bedacht. Manche Handgriffe sind mir derartig selbstverständlich, daß ich nicht im Traum darauf käme, andere müßten sie beigebracht bekommen.
Ähnlich ging es mir bei den Problemen, die manche mit den unterschiedlichen Pigmenten hatten. Daß es lasierende und deckende Farben gibt - das war mir so klar, daß ich nicht auf die Idee kam, jemand könne nicht auf die naheliegende Lösung kommen, falls eine Farbe nicht richtig decke: Nämlich einfach mal vom lasierenden auf das deckende Pigment zu wechseln. Sowas muß man den Leuten extra noch sagen? Ja, sowas muß man ihnen sagen. Wieder mal: Mein Fehler!
3. Die Fehler der Workshopteilnehmer
Den Anteil, den die Teilnehmer daran hatten, daß der Workshop nicht so gute Resultate erbrachte, wie es sich beide Seiten gewünscht haben dürften, ist mir später auch erst im Verlauf eines Gespräches mit Duracel klar geworden: Mangelndes Vertrauen in den Workshopleiter.
Nach all den Fehlern, die ich hier eben gerade von meiner Seite her eingestanden habe, könnte man meinen, es sei gerechtfertigt, wenn die Teilnehmer sich nicht genau nach meinen Anweisungen richteten.
Ich vermute aber, daß sie das nicht deswegen taten, weil sie schon ahnten, wie schlecht der Hank als Lehrmeister sei, sondern weil sie vor allem ihre eigenen Ziele im Kopf hatten, statt sich einfach mal vorbehaltlos und somit auch etwas "ziellos" einfach auf das einzulassen, was der Hank ihnen da vorschlug.
Beispiel: Ich betonte am Anfang, daß und wie wichtig es sei, gute Lichtverhältnisse zu haben. Daß man sich an Tische nahe den Fenstern setzen möge und zwar so, daß das Licht von der Seite komme, und nicht so, daß man das Modell in einer Gegenlichtsituation sehe. Dies betonte ich mehrfach. Viele richteten sich aber nicht danach. Sei es, daß sie zu faul waren, mal ein paar Tische zu rücken oder vielleicht etwas Müll von den Tischen wegzuräumen, sei es, daß sie vielleicht gar dachten: Och, so eine Gegenlichtsituation ist aber doch ganz hübsch!
Weiteres Beispiel: Ich sagte, daß weniger mehr sei. Eine Pflaume, eine Banane, ein Apfel - ein einzelnes Objekt wäre für den Unterrichtszweck als Vorlage ausreichend gewesen. Vielleicht begründete ich meinen Ratschlag nicht ausführlich genug, jedenfalls sah es am Ende so aus, daß die meisten sich viel zu komplizierte Arrangements von Gegenständen zum Modell wählten. Nur an einem Tisch beschränkte man sich auf zwei Objekte (eine Paprika und eine Mango), an den anderen Tischen wurden komplizierte Türme aus Obst, Holzkisten und Tuchdraperien aufgebaut.
Selbst, wenn man meinen kann, daß ich meinen Ratschlag nicht klar genug betonte, so kann man es auch von der anderen Seite sehen: Manche Kursteilnehmer meinten, es besser zu wissen als der Leiter, hielten meine Ratschläge also für nicht so wichtig.*
Hier stellt sich für mich die Frage, wie Lernen und Lehren am besten passieren kann. Im Gespräch mit Duracel kam mir die Assoziation mit bestimmten Kung-Fu-Filmen, wo die "schlechten" Schüler häufig am Anfang nicht dem Meister gehorchen und dessen scheinbar sinnlose Anweisungen ignorieren. Während die "guten" Schüler fraglos den Anweisungen des Meisters folgen, selbst wenn sie nicht kapieren was das jetzt schon wieder soll... Man entsinne sich nur des Films "Karate Kid", wo der Protagonist erstmal richtig putzen lernen statt Kampfsport trainieren soll - und sich später herausstellt, daß der weise Meister schon seinen Grund für seine seltsamen Anweisungen hatte.
Der "schlechte" Schüler ist in solchen Filmen immer der Schüler, der vor Selbstbewußtsein schier platzt, der davon überzeugt ist, im Grunde genommen schon zu wissen, wie's geht. Während der "gute" Schüler eben bescheidener ist und die Überlegenheit des Meisters so akzeptiert, daß er ihm selbst dort folgt, wo er die Sinnhaftigkeit der Anweisungen überhaupt nicht erkennen/nachvollziehen kann.
Nun will ich mich nicht zum großen Guru der Ölmalerei stilisieren und mich darüber beschweren, daß nicht genügend Vertrauen seitens der Kursteilnehmer vorhanden war. Mir geht es darum, die Strukturen so einer Lern- und Lehrsituation zu begreifen, um zukünftig besser in solchen Situationen mich verhalten zu können. Sowohl als Lehrender wie auch als Lernender. Die Lehre, die ich aus den "Fehlern" der Kursteilnehmer für mich gezogen habe ist: Wenn ich zukünftig an irgendeinem Kurs teilnehme, werde ich mich striktestens nach den Anweisungen der Kursleiter verhalten. Entweder sind die Leiter inkompetent - dann habe ich mich schon falsch entschieden, als ich mich für den Kurs überhaupt anmeldete. Oder aber sie sind kompetent, was das Fachliche angeht. Und dann lohnt es sich für mich, auf ihre Kompetenz zu vertrauen und mein eigenes "Wollen" (meine eigenen "künstlerischen Ideen") hintan zu stellen.
Ich werde versuchen, herauszufinden, worum es dem Kursleiter geht, statt vor allem auf meine eigenen Zielvorstellungen zu gucken, die ich ja immer noch in aller Ausführlichkeit verfolgen kann, sobald ich wieder daheim bin.
So, hier erstmal Schluß, sonst labere ich Euch noch tot.
*Nachtrag: Warum waren meine Ratschläge hier aber richtig? Erstens: Bei Gegenlichtsituationen sind Farben kaum noch verläßlich zu beobachten. Nur noch Silhouetten bleiben übrig, die man zwar farbig schattieren kann - deren Farbigkeit aber dann meist ausgedacht/willkürlich ist. Es ging ja aber darum, das Farbenbeobachten auszuprobieren/zu lernen. Und da ist die schwierigste denkbare Ausgangslage wenig hilfreich.
Was die Beschränkung auf wenige Objekte angeht: daß die Teilnehmer sich zuviel da hingelegt hatten, daß ihr Modell zu komliziert/komplex war, das wurde später von mehreren Leuten dadurch auszugleichen versucht, daß sie einzelne Gegenstände, die vor ihnen auf dem Tisch lagen, einfach wegließen, oder daß sie sich etwas ausdachten, um z.B. den Hintergrund auszufüllen. Sobald man aber beim Malen nach der Natur anfängt, Dinge wegzulassen oder sich auszudenken, verläßt man den "sicheren Pfad", der da heißt: "Wenn ich nur genau genug das wiedergebe, was ich sehe, wird das Ergebnis am Ende stimmig sein."
Beispiel: Ein Apfel liegt auf einem hellen Tuch vor/neben einer Handvoll dunkler Trauben. Wenn man die Trauben nun wegläßt, weil sie einem zu kompliziert sind, ändert man die Gesamtsituation komplett: Der Apfel steht nun nicht mehr vor der dunklen Folie der Trauben, sondern vor der hellen Folie des Tuches. Er leuchtet nun plötzlich nicht mehr so schön hellgelb, sondern , sofern man die Farben, die man auf dem Apfel tatsächlich sieht, in sein Bild übernimmt, wirkt er dunkel und fast ein wenig angegammelt vor dem weißen Tuch. Also ist man, der Gesamtstimmung zuliebe, gezwungen, die Farbe des Apfels anders zu malen, als man sie sieht.
Von den Interdependenzen, die durch Bouncelights, Schattenwürfe usw. enstehen, gar nicht erst zu reden.
Tatsächlich ist eine einzelne Paprikaschote auf einem simplen hellen Untergrund komplex genug in ihrem Farbenspiel für einen "nur" maximal sechsstündigen Workshop, insbesondere, wenn man sie zweimal malen möchte - einmal auf einem kalten, einmal auf einem warmen Malgrund.