@SpionAtom: Freut mich, dass Du meinen Beitrag als konstruktive Kritik verstanden hast.
Dass der Gedanke, im Artbattle müsse es schließlich etwas fies ablaufen, dahinter stand, hattest Du ja schon im Vorfeld angemerkt. Ich hätte vielleicht schon da meinen Einwand bringen sollen, denn der kam mir sofort in den Sinn. War aber zu faul oder zu feige, ihn sofort zu äußern. Ich sehe es so: ja, im Artbattle soll es fies zugehen - aber auf eine liebevolle Weise!
Die Fiesheit ist nur solange für alle Beteiligten angenehm, solange sie offensichtlich zum Spiel dazugehört. Rausfliegen tut ohnehin immer schon weh, besiegt werden ist nie schön, insbesondere, wenn man sich für einen Beitrag Mühe gemacht hat. Je größer der Abstand zum Gegner ist, desto frustrierender ist das Ausscheiden. Ich spreche da aus eigener Erfahrung...
Solange nur der bessere Beitrag gewählt wird, kann man sich als Verlierer sagen: Na gut, der ist wirklich besser. Das besagt aber noch nicht, dass mein Beitrag wirklich schlecht ist...
Selbstverständlich kommt es am Ende auf das Gleiche raus, aber es ist wie beim Tanzabend: Wenn der Herr Dame A auffordert, dann kann sich die stehengelassene DameB immer noch damit trösten, dass er sie aufgefordert hätten, wenn A gerade woanders gestanden hätte. Wenn aber der Kerl zu DameB sagt: "Sie sehen aber häßlich aus, wie gut, dass Frau A hübscher ist!" - dann wäre das eine Demütigung. Und zwar eine unnötige. Es kommt im Endeffekt auf das Gleiche raus: A hat einen Tanzpartner und B nicht. Aber es fühlt sich für B unterschiedlich an. Wenn er ihr in's Gesicht sagt - vor all den anderen Gästen - dass er sie für häßlich hält, wird sie vermutlich heulend aus dem Saal rennen (oder ihm eine scheuern - verdient hätte er's!
), wenn er einfach nur A auffordert, wird sie sich umschauen, ob vielleicht ein anderer Tanzpartner in Sicht ist - in unserem Fall: ob man's nicht im nächsten Artbattle nochmal versuchen sollte.
Es gibt einen Unterschied, ob dem Sieger Ruhm zufällt, oder dem Verlierer Schande und Häme. Das Motto:
Dabeisein ist alles stimmt vielleicht nicht hundertprozentig, aber es impliziert, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb auch dann einen Wert hat, wenn man nicht ganz oben auf dem Siegerpodest steht. Man möge mich altmodisch nennen - aber es ist mir einfach lieber als das Motto "Vae victis!" (Wehe den Besiegten!), welches die modernen Casting-Shows zu dominieren scheint, in denen es vor allem darum geht, wer als nächstes rausgekegelt wird. Ich verachte solche Formate wie Big Brother vermutlich auch (nicht nur...) wegen dieser Art von Publikumsbeteiligung: Los, Meute, stürzt Euch auf den Schwächsten! Da werden irgendwie die niedrigsten Instinkte angesprochen: Schadenfreude, Häme, die Lust daran, (anonym) jemandem weh zu tun.
Ich finde, diese Art negativer Motivation bedarf es nicht. Vielleicht mag sich der eine oder andere Teilnehmer an einem Wettbewerb noch mehr anstrengen aus Angst vor der Schande (d.h. vor Strafe). Aber Angst ist so ein schlechter Motivator, gerade was Kreativität angeht, findet Ihr nicht? Weder der Beitrag von amadeus noch der von reitz scheinen mir von Angst vor der Niederlage beflügelt zu sein. Sondern da sehe ich die Lust im Vordergrund. Die Lust, witzig zu sein, die Lust, was richtig Geiles zu zaubern, vermutlich auch die Vorfreude auf den Applaus des Publikums.
Meiner Erfahrung nach identifizieren sich die meisten Künstler viel stärker mit ihren Werken, als sie's selbst offen zugeben wollen. Und das Verhältnis zu unseren Bildern ist ähnlich dem von Eltern zu ihren Kindern. Wir wissen durchaus um die Schwächen - aber von anderen wollen wir am liebsten nur Bewunderung und Lob über unsere Kinder ausgeschüttet sehen. Schon wirklich konstruktiv gemeinte Kritik ist viel schwerer anzunehmen, als es eigentlich, wenn wir rein "objektiv" reagieren würden, der Fall sein sollte. Wenn aber einfach NUR die Schwächen angesprochen werden, nur abfällig geurteilt wird ohne den erkennbaren Zweck zu helfen - dann ist das wirklich ärgerlich und verletzend. Ich kann mich noch heute, rund 30 Jahre später, ziemlich genau an die erste "fiese" Kritik an einem meiner Bilder erinnern, die ich im Orientierungsbereich der Kunstakademie malte. Fies war die Kritik deswegen, weil die Dozentin offensichtlich mehr Interesse daran hatte, ihre Witzigkeit vor versammelter Mannschaft (d.h. den anderen Studenten) zu demonstrieren, als mir wirklich zu helfen, ein besseres Bild zu malen. Sie hatte die Lacher auf ihrer Seite, umso mehr, als sie ja in der Sache durchaus Recht hatte. Ich dagegen hatte ein richtig beschissenes Wochenende und am nächsten Montag eigentlich gar keine Lust, wieder in der Klasse aufzutauchen, denn da würden ja die anderen sein, die so über mein schlechtes Bild und also über mich gelacht hatten. Tatsächlich brauchte es ein paar Wochen, bis ich die Demütigung wirklich überwunden hatte und wieder ganz normal in die Akademie ging, statt mich soweit wie möglich entfernt zu halten und allein vor mich hinzumalen.
Vermutlich sind nicht alle solche Mimosen wie ich. Aber in den Jahren seither habe ich immer wieder bemerkt, wie niederschmetternd manche Kritik, die ich an den Werken anderer äußerte, auf diese wirkte. Insbesondere dann, wenn ich mich mal von der Lust am Witzeln überwältigen ließ und eine Kritik, die man auch sachlich und behutsam hätte formulieren können, der Pointe zuliebe schön ätzend geriet. Verrisse unterhalten die Umstehenden ja immer mehr als ausgewogen-sachliche Beurteilungen und wenn man öffentlich kritisiert, muß man immer aufpassen, dass man nicht mehr für die Umstehenden als für die, deren Werke man gerade kritisiert, redet.
Wie auch immer: Künstler sind häufig - ähnlich wie ich, ohne dass ich mich selbst jetzt als paradigmatischen Künstler hinstellen will - zartbesaitet und empfindlich gegenüber Kritik. Vor allem gegenüber verurteilender Kritik, die nur auf die Schwächen schaut. Aber genau darauf, nur auf die Schwächen zu achten, zielt ja das "Rauswählen" bei einem Wettbewerb ab. Die Demütigung, rausgewählt zu werden, mögen sich die Teilnehmer in den Unterschichten-TV-Formaten vielleicht dadurch schönreden, dass sie zumindest Geld verdienen oder eine komische Art von C-Promi-Ruhm. Solche Kompensation gibt's hier im Artbattle nicht.
Ganz ehrlich: ich an VINNs Stelle hätte vermutlich irgendwann in den letzten Tagen frustriert dem Forum den Rücken gekehrt. Ich weiß noch, wie ich mal (verdient!) haushoch gegen amadeus in einem artbattle rausflog - nicht das Rausfliegen tat weh, sondern der meilenweite Abstand, mit dem er mich besiegte. Aber wenigstens wurde mein Beitrag von den Kommentatoren nicht runtergemacht, sondern einfach nur weniger gelobt als der meines Gegners. So konnte ich mit dem Gefühl, "zweiter Sieger" geworden zu sein, halbwegs erhobenen Hauptes vom Schlachtfeld schlurfen...
Wenn das keine Option ist, wenn man statt als zweiter Sieger nur als schmachvoll Besiegter weghumpeln kann - dann vergällt einem das sie Lust, sich überhaupt auf's Schlachtfeld zu begeben, insbesondere, wenn man einen starken Gegner zugelost bekommen hat. Warum sich überhaupt anstrengen?
Kurz, und damit komme ich an's Ende meiner Predigt über die bessere Welt: Wenn sich nur noch so wenige Leute überhaupt für den Artbattle begeistern können, dann sollte alles dafür getan werden, dass sich alle Beteiligten auch wohl fühlen.
@aeyol:
Klingt vielleicht ein wenig idealistisch, aber hier haben sich ja schon einige konstruktiv geäußert.
Ja, schon. Aber es waren die "üblichen Verdächtigen", oder? Schlummi, Du und ich... Ich schreibe fast immer viel zu lange Romane. Schlummi hält nie mit Kritik hinterm Berg (tatsächlich hat er sich in der Hinsicht schon ein bißchen "gebessert", früher war er noch viel gnadenloser und soviel ich weiß, war es für ihn ein Lernprozeß, dass negative Kritik immer stärker verdünnt sein muß, als man im ersten Moment meint...) und Du bist immer konstruktiv. Insofern: Nix Neues unter der Sonne.
Allerdings, während ich über Dein Argument nachdenke und es für mich verwerfe, kommt mir folgender Gedanke: Wie wäre die Runde ausgegangen, wenn positiv gewählt worden wäre und dann womöglich alle Stimmen sich nur auf amadeus und reitz verteilt hätten? Dann wären vielleicht VINN, Caracan und ich rausgeflogen.
Und es hätte ja noch krasser kommen können und entweder amadeus oder reitz einen schlechten Tag oder keine Zeit für einen guten Beitrag haben: dann wäre nur einer von Fünfen weitergekommen. Der Zweck also, den SpionAtom anstrebte, nämlich das Teilnehmerfeld um nur 1 zu verkleinern, wurde vermutlich tatsächlich durch das negative Voten am sichersten garantiert. Hhmm...