Die Idee.

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Amanda
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Beitrag von Amanda » 19. Jun 2006, 19:15

Moin nochmal,

der Erkennungsprozess im Gehirn ist keineswegs chaotisch sondern sehr starr reglementiert.

Was mit diesen eingegangenen Informationen z.B. "rund - grün - bewegt sich langsam" etc. gemacht werden kann bringt den Prozess der Kreativität. Und das folgt keiner Logik mehr sondern ist ein spontaner Ablauf.

Zentrale Funktion wird der Aufmerksamkeitssteuerung beigemessen, sie bestimmt was wichtig und unwichtig erscheint. Und hier können sich Menschen extrem in ihrer Ausprägung und Leistungsfähigkeit entscheiden. Je schneller und gleichzeitiger das Gehirn Informationen neu verknüpfen kann, desto eher werden neue Sinnzusammenhänge gefunden und daraus entstehen fast immer unbewußt (!) sog. neue Ideen.

Durch logisches Abklappern von a,b,c,d,e,f,g usw. mag man es systemisch und bewusst ordnen können, aber nicht zwingend bessere oder mehr Ideen produzieren. Es ist eine begrenzte Methode um Ideen zu produzieren, wirklich Neues kann so nicht entstehen. Bewußtes Denken ist viel zu lahm gegenüber dem Unterbewußtsein.

http://www.br-online.de/wissen-bildung/ ... anfang.xml

LG,
Ellie

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Duracel
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Beitrag von Duracel » 19. Jun 2006, 20:50

Ja, Big_O, ich glaube wir sind garnicht so unterschiedlicher Meinung. ;)


OrcOYoyo, ja, wenn man diese einfachste Kombinatorik schon als "höchst kreativ" definiert dann soll es meinetwegen so sein. Ich wollte eigentlich einfach nur damit sagen, dass es für einen Menschen garkeiner besonderen Leistung bedarf ... so schwer ist ein bissle kreativ sein nun auch wieder nicht.


Ich analysiere übrigens, weil es sich als erfolgreiche Methode herausgestellt hat und sich die Muster dem aufmerksamen Beobachter auch einfach zeigen, da braucht man garnicht großartig zu suchen.
Aber ich glaube du (und auch Ellie)hast mich garnicht genau verstanden, weil ich von den mathematisch besetzten Begriffen von Chaos und Ordnung gesprochen habe - Mandelbrotmenge und so. ;)
Chaos heißt ja eben nicht, dass keine Systematik dahintersteckt.

Dein Belehrungs-PS kannst du dir übrigens sparen.
Und welche Grenzen meinst du überhaupt? Kernkraft? Lasertechnologie? 3Ghz-Prozessoren? Dass dir da mein bissle Lebensphilosophie schon zu analytisch wird ... also wirklich ...
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

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Beitrag von OrcOYoyo » 19. Jun 2006, 22:02

Also wenn du Ahnung von der Chaostheorie hast und du es Dir in Deinen wilden Theorien zu Nutze machen kannst fresse ich nen Besen, oder besser gleich ein paar. :D

Wenn man deine drei Ideen Aufteilung plus Bewertung der Wichtigkeit auf die Kunstform des Schreibens von Texten ummünzt kommt übrigends etwas recht witziges heraus.

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Beitrag von digitaldecoy » 19. Jun 2006, 23:03

Also, ich persönlich habe eigentlich überhaupt keine Probleme mit dem Kreativitätsbegriff. Ich empfehle da das Buch "The Act of Creation" von Arthur Koestler (besser vielleicht sogar die deutsche Ausgabe "Der göttliche Funke"). Im Grunde ist Kreativität nichts weiter, als die Verknüpfung von Bezugsebenen, die vorher nicht verbunden waren, in der neuen Verbindung jedoch ein Problem lösen, welches vorher nur über extreme Umwege lösbar oder unlösbar war. Wobei "Problem" in diesem Kontext extrem weit gefasst gesehen werden muss.

Mit dieser Definition im Hinterkopf stellt sich dann natürlich die interessante Frage, welche "Probleme" der Maler/Zeichner eigentlich löst? Vielleicht kommen wir im Verlauf dieses Postings darauf.

Duras dreigeteilter Ansatz liefert da schon ein paar gute Anhaltspunkte, allerdings stellt er die Wertigkeit der einzelnen "Ideen", meiner Meinung nach, auf den Kopf.

In Scott McClouds "Understanding Comics" (Deutsche Ausgabe "Comics richtig lesen") findet man eine sehr interessante Aufstellung, die weit über Comics hinaus aufschlussreich ist. Sie unterteilt den Entstehungsprozess eines Kunstwerkes in sechs Schritte:

(ich zitiere im Folgenden nahezu wörtlich aus dem als Comic verfassten Lehrbuch)

1. Idee/Intention
Die Impulse, die Ideen, die Gefühle, die Philosophie, die Intention, die Aussage des Werkes.

2. Form
Die (Kunst)Form, die es annimmt - Buch, Film, Zeichnung, ßlgemälde, Comic...)

3. Stil
Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten "Schule", die individuelle Handschrift des Künstlers, das Genre

4. Struktur
Das Arrangement, was nimmt man hinein, was lässt man weg, wie ordnet und gliedert man das Werk.

5. Technik
Die manuelle Ausführung des Werkes unter Einsatz bestimmter Techniken und Fertigkeiten.

6. Das Erscheinungsbild
Aufmachung, ßusseres, Gestaltung, all jene Eigenschaften, die beim Betrachten als erstes in Auge fallen.

(Zitat Ende)

Hier hat man also eine Ablauffolge, wie ein Kunstwerk entstehen kann. Besonders interessant wird dieser Ablauf jetzt weil McCloud feststellt, dass die meisten Künstler in ihrer Entwicklung diese Reihenfolge von hinten nach vorne aufrollen.

Bei den allerersten Gehversuchen auf dem Papier oder auf dem Tablet hat der junge Nachwuchsartist erst mal das äußere Erscheinungsbild vor Augen. Er hat seine Vorbilder und will vor allem erst Mal so gut sein, wie sie. Daher gehen die ersten Versuche der Leute in der Regel in die Richtung, andere Artists zu imitieren oder in den Programmen herauszufinden, wie man einen bestimmten Look erzielt oder "wie man das hinkriegt, dass die Pinselspuren so cool aussehen wie bei XYZ".

In der zweiten Phase lernt er viel über Techniken und Fertigkeiten, liest Tutorials und steigt das erste Mal hinter die Tricks des Gewerbes. Seine Arbeiten sind immer noch konzentriert darauf, einen bestimmten Look zu erzielen, aber der Look nimmt erste eigene Formen an. Die Artworks, die in dieser Zeit entstehen, sind in der Regel Character-Posen, Environments oder einfach Dinge, die man schön für sich ausarbeiten kann. Gerne wird auch zu viel ausgearbeitet und gerne werden auch schlechte Schwerpunkte gesetzt.

In Phase drei beginnt der Artist dann, Strukturen zu verstehen. Er lernt, dass weniger manchmal mehr ist, wie man Fokuspunkte setzt, wozu Komposition gut ist und Farbtheorie. Es kommt Struktur in seine Bilder und er setzt gezielt bestimmte Effekte ein um sein Bild optisch aufzuwerten. An diesem Punkt befindet sich der Artist oft in einer Phase, wo ihm alles ganz klar und simpel erscheint, wo er jede Erkenntnis nahtlos in sein Repertoire eingliedern kann und seine Möglichkeiten theoretisch unendlich sind. Nur, dass man nicht unendlich viele Wegen gehen kann...

Daher schließt sich bald Phase vier an, wo sich der Artist letztendlich stilistisch einschießt und merkt, dass er einfach bestimmte Sachen lieber oder einfach auch nur häufiger macht. Denn um seinen Stil wirklich schleifen zu können, muss man sich einschränken. Jeder Artist, der seinen eigenen Stil hat, hat auch ein eigens Genre, mit dem er verbunden wird. Und wenn er es schafft, genreübergreifend zu arbeiten, dann sind seine Motive immer wieder ähnlich oder sein Bildaufbau oder seine Art, Tonwerte zu benutzen. Man braucht schon eine Menge Zeit, um sich in mehreren Genres zurechtzufinden und daher sieht man das auch nur bei den ganz alten Hasen.

Und diese bewegen sich dann in ihrer Kunstform mehr oder weniger frei und oft erlebt man auch, dass hier das erste Mal die Kunstform in Frage gestellt wird. da beginnen 3D-Artists dann auf ein Mal das Zeichnen und Malen oder die Experimente mit verschiedenen Medien werden häufiger. Vielleicht wird sogar ein Abstecher in die Musik gewagt oder der Illustrator fängt auf ein mal an, Comics zu zeichnen, weil er den Story-Aspekt in seinen Artworks vermisst.

Und letztendlich steht man nämlich vor der Frage, was man mit seiner Kunst überhaupt erreichen will. Warum will man Bilder malen? Was kann man damit ausdrücken, was man mit anderen Kunstformen nicht ausdrücken kann? Wenn man die Leute in exotische Landschaften entführen möchte, könnte man da nicht besser schreiben? Oder wenn man ein Gefühl von Harmonie erzeugen möchte, kann man das mit Musik nicht viel besser als mit Strichen?

Und erst, wenn man an diesem Punkt angekommen ist, kann man letztendlich wohl seine Kunst richtig herum aufbauen. Dann führt einen die Idee oder die Intention automatisch zur Form. Dann merkt man, welchen Stil man benötigt, welche Struktur einem am besten dient und welche Techniken man einsetzen muss. Und ganz am Ende ergibt sich ganz natürlich und automatisch das Erscheinungsbild. Undzwar als Träger einer Intention und nicht als Selbstzweck.

Und unter dem Aspekt würde ich Dura ganz klar widersprechen, wenn er die reinen Form-Ideen an die Spitze der Ideen stellt, denn da gehören sie einfach nicht hin. An die Spitze gehört, meiner Meinung nach, die Intention, was ich ausdrücken möchte. Die konkrete Formumsetzung, welche Shapes ich benutze und wie ich Funktionalität im Design kommuniziere, das gehört nach McCloud unter die Punkte 3., 4. und 5.

Duras zweiter Punkt gehört unter Punkt 4. Struktur und nimmt damit eine gleichberechtigte Position ein.

Der Punkt, den Dura als den unwichtigsten bezeichnet, nämlich die Idee, bzw. die Story oder die Aussage, ist in seiner Wichtigkeit ganz oben einzuordnen, denn sie ist der Ausgangspunkt für jedes Bild. Die Idee/Intention stellt quasi das "Problem", nach welchem weiter oben im Zusammenhang mit der Kreativität gefahndet wurde. Nur wenn ich weiss, was ich vermitteln will, kann ich auch kreative Wege finden, dies zu tun.

Wenn ich mir die Beispiele in Duras letztem und wichtigsten Punkt durchlese, dann vermisse ich da die Schwierigkeit. Die Dinge, dir dort aufgezählt sind (Proportionierung eines bestimmten Charaktertypus, Wahl einer Kameraeinstellung etc.) sind alles Trivialitäten, die sich aus der Intention ergeben. All die dort genannten Entscheidungen lassen sich darauf zurückführen, was man eigentlich ausdrücken will. Eine kreative Lösung kann dann darin bestehen, dass man ein bestimmtes Ziel durch eine innovative Technik erreicht (z.B. der Vertigo-Effekt, wo die Kamera rausfährt, aber gleichzeitig reingezoomt wird, wodurch sich die Tiefenebenen verschieben und ein verstörend psychedelischer Effekt erzeugt wird) aber diese kreative Lösung kann nicht ohne das "Problem" existieren, das durch den Wunsch entsteht, die Intention zu vermitteln.

Der praktische Ratschlag, der aus all diesen ßberlegungen folgt ist also schlicht und einfach: man sollte aktiv seine Intention hinterfragen. Man sollte sich, bevor man den Bleistift aufs Papier drückt oder eine Farbe im Color Picker wählt klar darüber sei, was man ausdrücken möchte. Wenn man sich ein mal darauf einlässt, seine Arbeit auf eine Intention zu stützen, dann wird man überrascht sein, was für einen Quell der Inspiration und Motivation man daraus schöpfen kann. Wenn ich einfach nur drauf los zeichne und sich Mal wieder Standard-Form an Standard-Form reiht und ich am Ende nur aufhöre, weil ich das Bild noch posten möchte und nicht, weil ich irgendein Ziel erreicht habe, dann wird das, was eigentlich Kunst sein soll, zur langweiligen Routine. Wenn man sich aber ein Ziel setzt, dann wird man erleben, wie sich an dieses Ziel auf ein Mal Assoziationen anknüpfen, wie manchmal geradezu explosionsartig neue Ideen aufkommen, die dieses Ziel unterstützen. Manchmal sind auch richtig ausgefallene Ideen dabei und schon bewegt man sich auf ein Artwork zu, welches sich sehen lassen kann und die Leute begeistern wird.

Wir erleben es immer wieder bei uns im Forum, dass die Arbeiten, die einer Intention folgen, eine Geschichte erzählen oder einfach nur einen Zusammenhang erkennen lassen, das größte Begeisterungspotenzial zu entwickeln in der Lage sind. Selbst das schönste runtergerissene und stilistisch geleckte Speedpainting wird niemals den Sindruck hinterlassen, den ein kleine, intelligente Serie oder eine konsequent durchgezogene Idee hinterlässt. Wir haben es zigfach gesehen und dennoch sieht man es viel zu selten.

Und die Intention ist nicht nur wertvoll, um sein Artwork gut zu "verkaufen", sondern sie ist auch notwendig, um neue Höhen zu erreichen. Ich habe durch meinen CG-Challenge Beitrag gelernt, dass man aus einer kleinen Grundidee ein riesiges Gebilde entwickelt kann. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Kraft dieser Idee einem immer wieder Motivation einflößt, den Weg weiterzugehen. An meinem Bild habe ich zwei Monate gearbeitet. Unter normalen Umständen hätte ich mich niemals dazu aufraffen können, immer und immer wieder diese Datei zu öffnen und weiterzumalen. Allein der Wunsch, die Idee in ihrer vollen Entfaltung zu sehen, hat mich am Ende getragen. Diese Kraft sollte man nicht unterschätzen, denn man braucht sie, wenn man ein umfangreiches Werk erschaffen will.
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Beitrag von Duracel » 20. Jun 2006, 00:08

Manchmal tut es gut Dinge wieder ins Gedächtnis zu rufen, danke Daniel für das Zitat.

Wobei ich auch nicht denke, dass es mir nun so eindeutig widerspricht; aber ich bin zu müde das jetzt aufzuarbeiten. ;)


@OrcOYoyo, ich glaube du unterschätzt da meinen Background ein wenig. Wie du auf die Idee kommst, dass ich wohl kaum eine Ahnung von Chaostheorie haben könne ...
Aber du mußt es wissen, schließlich bist du mir nichtnur im Alter weit vorraus.
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

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Beitrag von Amanda » 20. Jun 2006, 08:16

Hallo Duracel,

macht nix, ich werde in vielen Dingen auch gerne unterschätzt, nur weil meine Ausdrucksweise sehr phantasievoll und emotional ist und mein Nick so niedlich klingt.

Ich habe mich eine zeitlang aufgrund meiner AD(H)S mit Gehirnforschung und Aufmerksamkeitssteuerung befasst, mit Chaostheorie kommst Du da keinen Milimeter. Da hilft ein Dietrich Dörner (Die Logik des Misslingens) viel weiter. Komplexe Systeme, ich würde Kunst eindeutig als komplexes System bezeichnen wollen, folgen auch logischen Beziehungen zueinander. Nur wird es ab einem gewissen Moment einfach zuviel um noch unter Kontrolle zu sein.

Einerseits hast Du aufgrund einer Bildidee eine Unmenge an Möglichkeiten, gleichzeitig schränkst Du sie mit jeder weiteren Entscheidung ein, weil die Elemente zur Gestaltung voneinander abhängig sind. Es ist die Komplexität die das Problem ist und die hat mit Chaos nichts zu tun. Abgesehen davon ist das Gehirn nicht chaotisch sondern folgt Regeln, ebenfalls höchst komplex aber eben gesittet und geordnet.

Dein Versuch hier mit der Chaostherorie weiterzukommen wird dir nur begrenzt helfen, ich vermute auch das Du hier durcheinander gekommen bist. Du denkst Du kannst mit ein paar mathematischen Formeln den Durchblick bekommen, was da in dir passiert ist aber etwas ganz anderes. Es sind die gespeicherten Erfahrungswerte aus deinem Wissen das Du systematisch abklapperst. Klar kannst Du so mehr Ideen konzentrierter und schneller durchspielen, so wie ein Schachspieler Züge vorausdenken kann, aber die Vielzahl an über deine Erfahrung hinausgehenden Möglichkeiten versäumst Du so.

Du überschätzt den Wert deiner kognitiven Fähigkeiten bei weitem, um ein gutes Bild zu malen muß kein Mensch wissen was die Chaostheorie ist. Versuche es lieber mit Neuronalen Netzen und dem Wort Gewichtung, es gab da Informatiker (ich vergesse Namen immer) die versucht haben Kunst in Formeln zu pressen und so z.B. einen Van Gogh zu simulieren. Viel Stoff um darüber nachzudenken wie planbar Kunst sein kann.

LG,
Ellie :wink:

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Beitrag von digitaldecoy » 20. Jun 2006, 08:28

@ Duracel:

Es widerspricht Deiner Aufstellung insofern nicht, als wir nicht beide den gleichen Gegenstand haben. Die Sache ist die, dass Dein Ansatz sich um das Endergebnis als Zentrum der Betrachtung dreht, also das äussere Erscheinungsbild. Natürlich gelangt da der Ansatz z.B. sich eine Story auszudenken ins Hintertreffen, weil dies der Punkt ist, der am weitesten davon entfernt scheint, am Ende ein gut gezeichnetes Design auf dem Papier zu haben. Viel wichtiger erscheint in Deiner Betrachtung, dass man sich um die direkten Formentscheidungen bemüht und zusieht, dass diese gut rüberkommen.

Das klingt zunächst auch überzeugend, denn ein Anfänger z.B. würde auch nicht einsehen, dass es seinen Bildern besonders viel bringt, wenn er sich erst Mal über eine Story Gedanken macht. Er wird denken, dass Dinge wir Anatomie und Perspektive erst Mal wichtiger sind. Und das stimmt ja auch. Die Aufstellung von Scott McCloud hat ja grundsätzlich nichts wertendes, es ist ja nur eine Feststellung, welchen Weg die Leute in der Regel gehen. Und der ist am Anfang eben von Oberflächlichkeiten geprägt, das ist ganz natürlich. Ich würde auch niemals auf die Idee kommen, einem Anfänger zu raten, seine Artworks gemäß diesen sechs Schritten anzulegen, denn das würde ihn komplett überfordern.

In dem Sinne ist Deine Aufstellung vermutlich sogar hilfreich, nur kann sie nicht ohne Weiteres so stehen gelassen werden, denn eine Gewichtung, die vielleicht für den Anfänger Sinn macht, muss dies nicht für den Fortgeschrittenen tun.

Ebenfalls etwas unglücklich in Deinem Ansatz finde ich den Begriff "idea", weil er irgendwie zu universell auftaucht. Manche Punkte, die Du aufführst, sind schlicht und einfach keine Ideen, sondern schnödes Handwerkszeug, das man lernen und gezielt anwenden kann. Und ich denke, es wäre ein viel hilfreicherer Ratschlag für den Adressat Deines ursprünglichen Postings gewesen, ihm klarzumachen, dass die wenigsten Dinge beim Malen wirklich "Ideen" sind, sondern das die "Idee" in der Regel ein bescheidener Kern ist, um den sich dann ein komplexes Konstrukt aus Strukturen, Stilen und Techniken aufbauen kann. Das alles unter den Begriff "idea" zu packen, verschleiert, meiner Meinung nach, die Tatsachen und verwirrt eher bzw. verklärt die Arbeit des Künstlers zu einem mystischen Akt der "Ideenproduktion".

Vielleicht habe ich Deinen Ansatz aber auch einfach noch nicht richtig verstanden?
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Chinasky
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Beitrag von Chinasky » 20. Jun 2006, 11:28

Macht weiter, macht weiter, die Diskussion ist super spannend!
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.

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Amanda
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Beitrag von Amanda » 20. Jun 2006, 12:51

Hallo digitaldecoy,

ich finde den Hinweis auf Einfachheit bzw. Vereinfachung schon sehr interessant. Im alten Forum habe ich das Schneckenbild gepostet und bin dann dank deiner Hinweise genau dort bei diesen "Trivialitäten", wie Du sie nennst, gelandet.

Ich glaube das ist das erste Mal in meinem Leben, daß ich so schnell den Weg zurück zum Anfang gegangen bin, ich meine damit ganz an den Anfang. Bei anderen Dingen fiel mir das erheblich einfacher drauf los zu üben. Aktuell habe ich den Eindruck von nichts einen Plan zu haben.

Anders ausgedrückt merke ich, wie es mich malt und nicht umgekehrt, und das es bei mir immer so war, daß ich Objektrückerin und viel weniger Objektgestalterin bin. Klar habe ich Ideen, sehr viele sogar, die Idee ist meine ich auch bei kaum einem Künstler hier ein ernsthaftes Problem.

Es ist doch im Grunde die zentrale Frage wie ich mich am besten der Mittel bedienen kann um diese Ideen umzusetzen. Und wenn mir, aus welchem Grund auch immer, nicht klar ist welche Mittel zur bildnerischen Gestaltung es gibt, wie kann ich sie bewußt einsetzen?

Ganz viele Anfänger, ich nehme mich da mit rein, wollen etwas darstellen und das möglichst "richtig" und realistisch. Da ist dann fast jedes Hilfsmittel ok, man schaut sich ab wie andere Leute das tun und versucht zu kopieren, malt Fotos ab, dann nimmt man nur die Figuren aus den Fotos, ist prickestolz das einem ein tolles Bild gelungen ist... lol, merkt aber nicht, was daran vielleicht ungünstig oder schlecht sein könnte... wirklich, ich sehe viele Dinge wirklich nicht, weil ich nicht weiß worauf ich achten soll, was wichtig ist und warum es wichtig sein könnte.

Physik kann ich abgucken, klar, darauf achten wie Licht fällt oder sich Materialeigenschaften abbilden lassen. Metall glänzt, Wolle nicht, um das einfach zu umschreiben. Das ist aber dann ein abbildener Vorgang und keine Gestaltung oder Interpretation dessen was ich sehe. Es ist sehr passiv.

Ich erinnere mich vage an meine abgebrochene Umschulung (Reinzeichnung, da war ich 19), wo wir so langweilige ßbungen machen mußten wie helle Kreise auf dunkle Flächen zu malen und umgekehrt. Furchtbar, die Dozentin wanderte mit ihrer Lupe herum und motzte über jeden "Popel", den wir fabriziert haben, und redete was von Kontrastwirkung... :lol:

Setze ich ein kleines a in graziler Serifenschrift neben ein fettes Futura A, dann ist das ein solches Gestaltmittel. Und mir ist nicht klar warum meine Umsetzungen damals nie gut genug waren, lach, entweder habe ich das nie wahrgenommen, nehme anders wahr oder habe das einfach nur nicht kapiert was die Dozentin meinte.

So trivial kann es nicht sein zu entscheiden, welche Perspektive oder welche Farben ich wähle. Gut, für dich vielleicht, weil dir die Regeln bekannt sind. Für mich ist das ein Buch mit sieben Siegeln.

Gibt es da vielleicht Bücher zu, die anfängerfreundlich sind?

LG,
Ellie :)

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Beitrag von digitaldecoy » 20. Jun 2006, 13:38

@ Ellie:

Bücher zum Thema Perspektive findest Du leicht, Du musst nur bei Amazon stöbern. Ich habe Perspektive mit dem Buch von Henk Rotgans gelernt, aber es die anderen sind bestimmt alle auch hilfreich, denn es gibt bei dem Thema wenig Geheimnisse. Mit anderen Worten: es steht überall das gleiche drin.

Und das meine ich, für bestimmte Dinge gibt es einfach eindeutige Quellen. Um die Perspektive in einem Bild richtig hinzubekommen, muss man keine genialen Ideen haben. Das heißt natürlich nicht, dass ich die Fähigkeit, die Perspektive zu beherrschen für minderwertig halte, ganz im Gegenteil, aber man braucht keine "Ideen" um die Perspektive zu beherrschen, nur ßbung.

Tatsächlich ist es gar nicht so einfach zu bestimmen, wo die trivialen Probleme aufhören und die kreativen Probleme anfangen. Mancher wird sagen, die Ausleuchtung einer Szene ist ein kreatives Problem, während andere es nur als systematische Tüftelaufgabe betrachten. Viele sind sicher der Ansicht, das Ausdenken einer Pose und deren Gestaltung ist hochgradig kreativ, die andere Sichtweise könnte sein, dass hier nur anatomische und schauspielerische Regeln umgesetzt werden müssen.

Man kann jede Aufgabe bis zu einem gewissen Grad systematisieren und muss dies sogar auch tun, um komplexe Aufgaben abarbeiten zu können. Interessant wird es ab dem Punkt, wo man seine Fähigkeiten soweit ausgebildet hat, dass man aufhört bewusst zu arbeiten und sich dem Einfluß des Unterbewußtseins zu öffnen. Wir haben schon an anderer Stelle über den Flow gesprochen, in den man beim zeichnen und malen geraten kann. Ich habe mich für das Thema näher interessiert und lese zur Zeit das Buch von Mihaly Csikszentmihalyi, der diesen Begriff geprägt hat. Darin geht es darum, wie Flow entsteht, welche Mechanismen wirken und welche Auswirkungen das auf die Fähigkeiten und die Motivation des Menschen hat. Ich bin noch nicht besonders weit, aber es bahnen sich da einige sehr ergiebige Erkenntnisse an.

Wir haben den Flow an anderer Stelle als den idealen Zustand beim Zeichnen angenommen und ich denke, mit dieser Einschätzung liegt man richtig. An dieser Stelle darf man allerdings nicht versucht sein, die systematische Arbeit zu verteufeln und den Flow als Allheilmittel anzunehmen. Flow entsteht nämlich nur dann, wenn die Fähikeiten des Menschen in einem genau passenden Verhältnis zu den Anforderungen der Aufgabe steht - ist die Aufgabe zu leicht, langweilen wir uns, ist sie zu schwer, fühlen wir uns unter Druck gesetzt. Der Flow wird nur erreicht, wenn wir eine Aufgabe grundsätzlich beherrschen und er hilft uns dann, diese Fähigkeit zum Maximum auszureizen. Das notwendige Grundniveau einer Fähigkeit erreicht man dabei über systematische Arbeit, die virtuose Anusreizung der Fähigkeit jedoch nur im Flow.

Entschuldigt bitte diesen kleinen Exkurs zum Flow, aber es fügte sich irgendwie gerade gut an, auch wenn ich mich jetzt etwas weit abgeschlagen fühle.

Wenn man den Flow als Geisteszustand während der Arbeit jetzt bewerten wollte, dann würde ich es momentan so sehen, dass der Flow einem substanziell nichts neues bringt, sondern lediglich das Qualitätsniveau einer bestimmten Fähigkeit anhebt. Die Grundidee oder die Intention zu einer Arbeit wird dadurch nicht ersetzt.

Wobei die Intention zu einem Artwork jetzt auch nicht unbedingt lauten muss "ich will das Ausgeliefertsein der menschlichen Existenz in der freien Natur zeigen", sondern es kann auch etwas ganz einfaches sein. Wenn man sich z.B. vornimmt, eine ganze Seite Scribbles nur zum Thema "fett" zu machen, dann hat man seinen ersten Anhaltspunkt und alle folgenden ßberlegungen oder auch spontanen Assoziationen ordnen sich dem unter.

Ich sehe halt immer diese typischen Skizzenseiten - habe sie selber auch schon gemacht - wo ein Sammelsurium aus den verschiedensten Motiven, Themenbezügen und Assoziationen drauf zu sehen ist. Die haben ganz klar ihren Reiz, aber im Grunde lassen sie keine Intention erkennen, bleiben also rein visuelle Spielerei. Gut, sie lassen dem Betrachter Freiraum, seine eigenen Bezüge herzustellen und vielleicht sind die deshalb auch beliebt. Vielleicht kann man in dem Fall sogar sagen, die Intention des Künstlers ist es, "dem Betrachter ein unverknüpftes Sammelsurium an Motiven zu geben, in dem er eigene assoziative Verknüpfungen vornehmen soll". Wenn ich allerdings als Künstler ganz klar dieses Ziel verfolge, wird zwangsläufig eine Auswahl stattfinden und man wird sich vielleicht überlegen, welche Motive man kombiniert um den Betrachter geschickt in eine Richtung zu locken oder ihn extra vollständig zu verwirren. Durch das bewusstewerden dieser Intention wird die Qualität einer solchen freien Skizzenseite direkt angehoben, weil der Künstler dann über Strukturen nachdenken kann, die den Effekt seines Werkes vergrößern.

Wie viele Speedpaintings oder Concept Artworks würden deutlich dadurch gewinnen, wenn sie wirklich mit einer anfänglichen Intention im Hinterkopf ausgeführt würden? Wenn der Künstler sich eben nicht überraschen lassen würde, was für ein Motiv da gleich aus dem Klecksgewirr auftaucht und es dann lediglich ausarbeitet sondern wenn er sich ganz zu Anfang ein Ziel setzen und sich dann darauf konzentrieren würde, dieses zu erreichen! Wie viel ergiebiger man kritisieren könnte, wenn man als Betrachter nur einen kleinen Anhaltspunkt wie "ich wollte das Gefühl von Geschwindigkeit rüberbringen" hätte!

Vielleicht gelingt es uns ja, diese Kultur langsam hier einzuführen. Ich will da jetzt auch keinen großen Aktionismus draus machen, aber vielleicht werde ich selbst Mal in Zukunft verstärkt darauf achten, jeden Bildbeitrag mit einer Intention zu verknüpfen. Ich glaube, im Endeffekt profitieren alle davon.
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Beitrag von Sisyphos » 20. Jun 2006, 14:30

Ich habe ein regelrechtes Durcheinander der beschriebenen Schritte kennengelernt. Ich bin zwar begeistert von allen Ausdrucksmöglichkeiten, würde am liebsten alles auf einmal beherrschen, Kunst, Musik, Literatur, und verbinden können, um sie meinen hochtrabenden Ideen zu unterwerfen (die mir schlussendlich am wichtigsten sind), aber dann mangelt es am konkreten Handwerkszeug. Es wäre herrlich einfach, sich als verkannt zu empfinden und über all jene zu schimpfen, die dies (angeblich oder nicht) zu verantworten haben, aber man will doch verstanden werden. Die richtigen Ideen zu haben ist fein, aber richtige Ideen hatten schon unzählige Leute, oft ohne Erfolg - so make 'em count. Mit diesem Satz fasse ich für mich den "Flow" zusammen ;) Einen wichtigen Gedanken unzureichend zu vermitteln ist ebenso tragisch wie das technisch perfekte Plagiat. Na, ich denke nur laut :)
Wichtig ist, wie schon gesagt wurde, die richtige Mischung. Schön, diese hier noch einmal so einleuchtend formuliert zu sehen, "Understanding Comics" werde ich mir demnächst wohl einmal zu Gemüte führen müssen. Sehr interessante Diskussion :)
Weiter!

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Beitrag von Amanda » 20. Jun 2006, 14:43

Hallo digitaldecoy,

ich meinte nicht Perspektive (also Physik) zu lernen, dafür habe ich hier drei Bücher und lese sie auch, lach, vielleicht verstehe ich es auch eines Tages.

Gestaltmittel in der Bildwirkung, da muß es Gesetzmäßigkeiten geben oder eine Art Duden. Ich wüsste dafür momentan keinen korrekten Begriff.

Flow oder auch Hyperfokussieren ist mir ein Begriff und gut bekannt. Der Zustand ist recht einfach zu erreichen: Formuliere ein Ziel, möglichst genau, lass diese Intention sacken und warte ab, bis dein Unterbewußtsein das gut gemischt zurückwirft. Das ist dann der Moment, wo Du dich an deinen Computer setzt und einfach tust ohne viel nachzudenken oder zu beeinflussen. Es passiert scheinbar alleine und ist sehr angenehm, weil alles bereits da ist und "nur noch" raus muß.

Als Anusreizung habe ich das allerdings noch nicht empfunden *gröhl*, aber ich bin hyperaktiv, mich juckt es ständig irgendwo.

Ich denke, wenn die Leute, die hier "nur" irgendetwas zeigen um es eben zu zeigen, wirklich wüssten welche Mittel es gibt und wie sie grob benutzt werden können, würde es von alleine dazu kommen das sich Intention einschleicht. Meine Behauptung ist: die meisten Menschen, die sich mit Malen oder Kunst im weitesten Sinne beschäftigen, haben keinen blassen Schimmer (über die physikalischen Gesetzmäßigkeiten hinausgehend), wie sie ihrer Idee Ausdruck verleihen können.

Es ist nicht Unfähigkeit, sondern Unwissenheit.

Du hast hier irgendwo sehr gut veranschaulicht was die simple Form eines Kreises anhand solcher Gestaltmittel darstellen kann. Dramaturgie - Gegenlichtsituation. Mystik - gleichbleibende, nebelartige, dunklere Tonwerte. Und das suche ich in Bezug auf noch einfachere Dinge, nicht wie korrekt ein Schatten oder Lichtstrahl zu zeichnen ist.

Ab wann wirkt ein Kreis in einem Rechteck mystisch, bedrohlich, vergänglich, humorvoll... wenn er rechts unten in der Ecke platziert ist? Wenn er heller ist, ganz klein, ganz groß, umgekehrt das Rechteck im Kreis blablabla.

Male ich einen großen Kreis und daneben einen ganz kleinen Kreis, welche Gesetzmäßigkeiten kann ich wie wirken lassen, ohne auf Physik zurückzugreifen oder spezielle Formen.

Ich suche die Nullen und Einsen :).

LG,
Ellie

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Beitrag von digitaldecoy » 20. Jun 2006, 15:13

Die Dinge die Du suchst, sind mir persönlich eher immer sporadisch über den Weg gelaufen. Ein Standard-Werk in dem Sinne fällt mir jetzt nicht ein. Am ehesten dürfte für Dich in diesem Zusammenhang Creative Illustration by Andrew Loomis interessant sein. Der schneidet viele Themen an und geht bei manchen auch stärker ins Detail. Ansonsten geht das ja auch in Richtung Kommunikationsdesign, wozu es sicher eine Menge Literatur gibt.
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Beitrag von Line » 20. Jun 2006, 17:52

*mal kurz Ellie beiseite spring*

Ich nehm an, du meinst, das Wissen, wann welche Perspektive welche Gefühle etc. vermittelt, richtig? Oder welche Lichtsituation jetzt passend ist, um dieses oder jenes auszudrücken.
Ich hoffe, das stimmt so. ;)

Ansonsten les ich hier einfach mal weiter interessiert mit :)

edit, oki, da hätte ich vielleicht vor dem Posten aktualisieren sollen... :wink:

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Beitrag von Amanda » 20. Jun 2006, 18:30

Hallo Line,

noch viel einfacher, nimm einen Kreis und ein Rechteck, was lässt sich jetzt bezüglich:

- der Proportion der Formen zueinander

- der Position, wo sich was befindet

ausdrücken. Ich erinnere mich leider nur sehr schwach daran, mit dem Thema in Berührung gekommen zu sein. Im Bereich Typografie wird gerne mit Text und Wirkung gespielt, man nimmt ein Wort wie z.B. "stark" und sucht dann eine entsprechende Schriftart heraus und platziert sie innerhalb eines Raumes so, das es eben auch starkt ausdrückt.

Farbe, Lichtsituation etc. erklären sich noch relativ einfach finde ich. Aber auch sie geben Form und heben entweder hervor oder lassen Dinge in den Hintergrund treten. Perspektive als Mittel z.B. einen Charakter stärker oder schwächer oder eine Situation gefährlich wirken zu lassen ist auch noch leicht nachvollziehbar.

Das geht aber auch mit ganz einfachen Formen. Vielleicht befinde ich mich gedanklich auch am Ende der Wissenskette, keine Ahnung, das ist eine Idee von mir den ßberblick zu bekommen was ich wie einsetzen kann, wie ich eben lernen kann auch einfache Dinge gestalterisch zu benutzen.

LG,
Ellie

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digitaldecoy
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Beitrag von digitaldecoy » 20. Jun 2006, 19:49

Ich denke, mit der Frage, wie der Einsatz von bestimmten Gestaltungsmitteln sich auf die Bildaussage/-wirkung auswirkt, bewegst Du Dich schon sehr stark im Gebiet der Interpretation. Sicher, einige Gestaltungsmittel sind in ihrer Wirkung "erprobt" und populäre Beispiele wie die Froschperspektive, die den Bösewicht bedrohlicher wirken lässt oder der Einsatz von Blautönen, um ein Gefühl der Kälte zu vermitteln, finden sich immer wieder Mal am Rande anderer Betrachtungen. Und ich denke, dort muss man auch suchen. Ein gesammeltes Werk, in dem man diese Dinge findet, ist mir nicht bekannt, man muss sie wohl einfach "am Wegesrand auflesen" und gut irgendwo verstauen. In der Beziehung ist es vielleicht auch einfach eine gute Idee, fremde Artworks aufmerksam zu studieren und zu schauen, wie dort mit Gestaltungsmitteln umgegangen wird.
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Beitrag von artvandeley » 20. Jun 2006, 20:32

Ich halte mich ja meistens ( na gut, immer) aus diesen Diskussionen raus, weil ich sie letztendlich auch nicht verstehe.Ich hab auch keine Bücher zu den Themen, weil ich immer bestrebt bin mir die Geheimnisse der " Schöpfung" selbst anzueignen. Dauert eben länger..nunja, nicht unbedingt empfehlenswert.
Aber Daniels Satz "
Und erst, wenn man an diesem Punkt angekommen ist, kann man letztendlich wohl seine Kunst richtig herum aufbauen. Dann führt einen die Idee oder die Intention automatisch zur Form. Dann merkt man, welchen Stil man benötigt, welche Struktur einem am besten dient und welche Techniken man einsetzen muss. Und ganz am Ende ergibt sich ganz natürlich und automatisch das Erscheinungsbild. Und zwar als Träger einer Intention und nicht als Selbstzweck.
summiert mein Bestreben in sehr dichter Weise.
Das war mir bisher nur vom Gefühl her klar. Ich sollte wohl in Zukunft diese Themen genauer mitlesen :)

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Beitrag von Big_O » 20. Jun 2006, 23:03

Ein gesammeltes Werk, in dem man diese Dinge findet, ist mir nicht bekannt, man muss sie wohl einfach "am Wegesrand auflesen"
Das wäre aber auch ein monströses Werk, denn immerhin beschäftigen Diese Dinge einen ganzen Zweig der Geisteswissenschaften:)

Ich setz mich ab aus dieser Diskussion. Ich denke, wesentliche Anhaltspunkte sind gesagt und meine anfängliche Kritik bezüglich der Ein- und Engstirnigkeit von Duras Statement zu Beginn ist mittlerweile durch eine ausreichende Diversifizierung entsprochen.

Kleiner Schlußsatz zu Daniels Erläuterung weiter oben: Ich habe Scott McClouds Gedanken zum Thema auch als sehr inspirierend empfunden, allerdings hat gerade er sich mit dem zweiten Band der Comic-Reihe in meinen Augen selbst disqualifiziert....
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Beitrag von Duracel » 21. Jun 2006, 02:05

@Daniel
Du hast vollkommen Recht, dass mein Ansatz den Begriff "Idee" so weit zu fächern ungünstig ist und es sinnvoll ist nicht alles Idee zu nennen - aber genaugenommen habe ich den Begriff ja nur übernommen. Wenn der Fragesteller sagt, "ich habe keine Ideen", dann würdest du sagen "brauchst du auch erstmal nicht, fang erstmal mit dem Handwerk an" - ich habe allerdings gesagt "Was für Ideen meinst du? Was du vorallendingen erstmal brauchst sind handwerkliche Ideen".
Genau dasselbe Dilemma wie bei "Farbe", im Volksmund werden Dinge mit grundlegenden Unterschieden gerne in einen Topf geworfen. Und genau das ist es ja, worauf ich im Ausgangspost aufmerksam machen wollte.



Du und McCloud gehen etwas zusehr von einem insich abgeschlossenen System aus. Da spielt die Idee(Idee im folgenden immer nach eurem Sinne, also die philosophische Intention) eine elementare Rolle. Wenn man vor dem weißen Blatt Papier steht und "irgendwas" macht/machen will, das am Ende mehr als nur eine ßbungsfunktion einnehmen soll, dann braucht es - und da stimme ich dir zu - erstmal eine Zielvorgabe, eine Grundidee, der man dann auch Aufmerksamkeit widmen sollte; ganz nach unserer Erfahrung, dass ab einer gewissen Qualität jedes Overpaint nichtnur besser macht sondern vorallem auch "anders" in der Wirkung, und ohne klare Intention kann man das Bild allein mit Technik eben auch nicht auf den Punkt bringen.


Ich würde aber als Illustrator und Designer eher von "Problemstellungen" ausgehen wollen die gegeben sind und die garnicht kreativ erdacht werden müssen(allerhöchstens muß man sie "sehen" können), und dann bleibt eben nur das Handwerk mit entsprechenden "handwerkliche Ideen" übrig, und da kommt man eben nicht weit, wenn man sich mit Ideen auseinandersetzt statt mit dem Handwerk. Das aber tuen viel zu viele anfangs(anders als McCloud denke ich nicht, dass jeder Anfänger immer mit dem Erscheinungsbild startet - Comicfans mögen das tun - sehr viele starten aber mit ihrer eigenen Idee um überfordert dann doch erstmal "falschrum" mit 6. anzufangen; Leute wie OrcOYoyo verlieren auch nie den Bezug zur Idee)
Und es ist doch ein Irrglaube, dass man in der Branche für seine Ideen bezahlt würde - man wird dafür bezahlt die erstmal wertlosen Ideen der anderen Leute zu visualisieren, also mithilfe "handwerklichen Ideen/Formideen" umzusetzen, und somit im Sinne Big_O's glücklich zu werden.
Und die Ideen lauten idR. eher sowas wie "wir brauchen eine neue elegante Kaffeemaschine" und nicht "wir brauchen Stoff für einen neuen Hollywoodblockbuster".
Aber die Leute wollen oftmals zeigen, wie unheimlich kreativ sie sind, indem sie nicht etwa kombinieren, sondern philosophieren; sie demonstrieren, wie "abgefahren" und "verrückt" sie sind, oder halt was sie sonst für tolle Ideen haben, ohne zu merken, dass sie über das Ziel hinausschießen.
Und das Ziel ist eben nicht der Geschichtenerfinder, sondern der Geschichtenerzähler.

Wobei ich auch durchaus dazu tendiere, auch das ersinnen von Ideen als "gedankliches Handwerk" zu bezeichnen. Also das was du sagst, "wo hören triviale Probleme auf und werden zu kreativen Problemen".
Ich würde behaupten wollen, im Grund lässt sich alles auf triviale Grundprinzipien reduzieren. Und in dem Moment gibt es nur simple Formideen die nur komplex genug verstrickt werden müssen und dann spielen "Ideen" eben auch garkeine Rolle, weil sich alles was man braucht logisch ableiten lässt.
Und dann ist die Schwierigkeit nur, eine stimmige Komplexität zu erreichen, und dafür geht man vielleicht garnicht von Punkt 1. nach Punkt 6. - auch nicht andersherum, man fängt auch nicht mit der Lineart an, sondern "pendelt" zwischen all den Komponenten - idealerweise.



Ellie hat geschrieben: Komplexe Systeme, ich würde Kunst eindeutig als komplexes System bezeichnen wollen, folgen auch logischen Beziehungen zueinander. Nur wird es ab einem gewissen Moment einfach zuviel um noch unter Kontrolle zu sein.
Und genau DAS ist Chaos.
Abgesehen davon ist das Gehirn nicht chaotisch sondern folgt Regeln, ebenfalls höchst komplex aber eben gesittet und geordnet.
Du gehst hier offensichtlich von einer landläufigen Vorstellung von Chaos aus. Das mathematische Chaos folgt klaren Regeln und im Chaos zeigen sich auch immer wieder Ordnungen(oder anders gesagt, das Chaos wechselt sich mit der Ordnung ab).
Chaos und Ordnung gehen Hand in Hand; Chaos existiert nicht etwa getrennt von der Ordnung; dein Argument, dass etwas nicht chaotisch sein könne, weil ihm klare Regeln zugrundeliegen zeigt leider dein totales Unwissen über die Chaostheorie.


PS: Was ist AD(H)S? Es ist immer schlecht, wenn man von den Leuten erwartet, dass irgendwelche Abkürzungen geläufig sind.
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Beitrag von SickToy » 21. Jun 2006, 08:41

[OT] Einfach nur mal doof im google eingegeben .. ADHS - Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom - Hyperaktivität. [/OT]
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Amanda
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Beitrag von Amanda » 21. Jun 2006, 08:45

Hallo Duracel,

AD(H)S - Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, das sind die kleinen Zappelkinder, die im Fernsehen so gerne als schwer erziehbar und gestört beschrieben werden. Ich habe mich aufgrund meiner Diagnose sehr viel mit Informationsverarbeitung und Aufmerksamkeitssteuerung auseinandergesetzt, u.a. Anfang des Jahres mit Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Arbeiten.

Sonst würde mich dieser Bereich wohl nicht die Bohne interessieren. Nur kann ich mir dieses Wissen in so ziemlich jedem Bereich nutzbar machen, habe ich festgestellt. Ich habe dazu sogar ein kleines Buch geschrieben und verlegt für Betroffene. Das ließ sich leider nicht malen... musste ich also schreiben und ging in einem Flow-Zustand ;). Das hat gezwickt und wollte raus, ich konnte nicht eher an diesem Tag aufhören, bis ich fertig war.

Nochmal zur Chaostheorie, sie kann bislang nicht nutzbar gemacht werden, sie beschreibt Vorgänge und versucht sie in Formeln zu packen, aber ihren Sinn Prognosen zu erstellen die zuverlässig sind ist bislang nicht möglich und ich denke, das liegt in der Natur der Zukunft das dies nie geschehen wird.

Dörner zeigt in seinen Studien auf, daß es sehr wohl möglich ist Fehlerquellen in komplexen Systemen aufzudecken. Und hier wird es auch für die Erstellung eines Bildes interessant. Eine Fehlentscheidung zu Beginn kann eine Idee zunichte machen. Wie ein Dominoeffekt eben, stimmt vorne was nicht, potenziert es sich nach hinten. Dörner ist Psychologe und nicht Mathematiker, ich finde es aber sehr interessant wie er aufdeckt, daß wir Menschen uns die meisten Probleme selbst bereiten, weil wir unser Ego und unsere Bedürfnisse zu sehr in den Vordergrund stellen.

Aber eine Formel um Ideen zu produzieren? Autsch, es gibt zwei Wege und einen beschreibst Du ja auch richtig:

- schrittweises Abklappern bekannter Zusammenhänge. Nimm zwei Informationen wie Grün und Auto und Du kannst selbstverständlich alle dir bewußten Ideen dazu abklappern. Das ist wichtig und macht Ideenfindung effizienter, da schneller.

- oder Du fütterst dein Unterbewußtsein mit diesen Informationen, spielst locker ein paar Begriffe oder Objekte zu diesen beiden Wörtern durch und wartest ab, was dein Gehirn ausspuckt.

Bei der ersteren Vorgehensweise befindest Du dich in Phase Zwei deiner ursprünglichen Ausführung. Bei der letzten Möglichkeit überlässt Du es "dem Zufall" und lieferst dich deinem Gehirn aus. Ich meine, daß der erste Weg zuverlässig aber eher alte Ideen produziert und der letzte Weg erst wirklich neue Ideen entstehen lässt. Eben weil es uns denkt und das viel schneller als würdest Du bewußt Zugriff nehmen und alls systematisch abklappern.

Vielleicht empfindest Du deshalb auch Dinge als zeitaufwändig, weil Du die erste Methode bevorzugst, vielleicht die zweite Methode als zu unsicher einstufst. Ich weiß nicht einmal, ob Du das so siehst, meinst alles wäre berechenbar.

Berufsleben und Ideen.

Du kennst sicherlich die Hornbach-Werbung mit dem "Herzblut" das ein Heimwerker in seine Machenschaften steckt. Die Kampagne ging nach hinten los, zwar erinnern sich sehr viele Menschen daran, daß es sie gibt, diese Bilder sind aber sehr eklig und die meisten Menschen verziehen das Gesicht, wenn sie daran erinnert werden. Dummerweise bleibt Hornbach in den Köpfen weniger stark hängen, daher war es ein Misserfolg trotz einer guten Grundidee.

Ehrmann, ich meine gelesen zu haben, daß es ursprünglich eine kleine italienische Agentur war, die auf die Idee kam einem Menschen den "Geschmack in den Mund zu legen" und das wörtlich. Diese Kampagne ist derartig erfolgreich, obwohl hier auch ein Ekelfaktor vorhanden ist. Und egal wen ich frage, jeder denkt an Ehrmann und weniger an die Erdbeerzunge.

Eine wie ich finde geniale wie einfache Idee hatte, glaube ich, Renault mit den Crashtests. Es erfordert aber ein hohes Maß an Aufmerksamkeit auf die Sinnzusammenhänge. Das mit der aufprallenden und platzenden Weisswurst deutsche Automarken gemeint sind, ist nicht für jeden offensichtlich. Das elegante Baguette (Franzosen haben den Längsten, lol) das den Aufprall elegant abfedert finde ich super. Aber auch die einfache Botschaft das französische Autos sicherer sind, die dann wieder fast jeder Mensch erfasst, reicht aus um sich wenigstens einzuprägen, daß sie sicherer sind als andere Ländermarken. Als Kernidee würde ich formulieren: "Sicherheit und Eleganz".

Um solche Ideen zu produzieren braucht es vielleicht wirklich nur ein Abklappern der Konkurrenz und bekannten Dingen, trotzdem haben alle drei Werbekampagnen das gewisse Etwas, das sie mehr oder weniger erfolgreich bzw. bekannt macht. Und alle verbindet eine sehr simple Aussage, die dann umgesetzt wurde.

Nur dieser Funke, der eine Idee zu etwas Besonderem werden lässt, der ist Magie und nicht vorhersehbar. Mit dem Rest deiner Gedanken kann ich mich gut anfreunden, es sind immer die einfachen Dinge im Leben, die gut wirken und ankommen.

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Beitrag von IronCalf » 21. Jun 2006, 09:10

kurz OT: Ich finde die Erdbeerzunge sowas von GEIL!!! Oh Gott....
Vergesst niemals, dass sich auch der stärkste Mann aufs Kreuz legen lässt. Diesen Fehler machte Gott, als er auf die Erde kam.

Art must be "A" work or its not art. Art won't shine your shoes, fuel your car, or feed your cat.
Therefore: ART HAS NO REASON TO EXIST, OTHER THAN THAT IT BE WELL MADE. - Stapleton Kearns
If you work to make excellent things your style will develop on its own. - Stape, again

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Beitrag von Amanda » 21. Jun 2006, 11:23

Ha! Input!

Da habe ich doch etwas gefunden, das in die Richtung geht, die ich meine:

http://de.wikipedia.org/wiki/Gestaltgesetze

Ha! Noch was:

http://www.informatik.uni-bremen.de/~fm ... setze.html

Und von Anfang an:
http://www.informatik.uni-bremen.de/~fm ... nhalt.html

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Beitrag von digitaldecoy » 24. Jun 2006, 14:11

@ Duracel:

Nun, die meisten Differenzen in unseren Ansichten haben sich ja nun auf einem gemeinsamen Nenner eingependelt, was ich auch nicht anders erwartet hatte, denn im Grunde ließ sich das ja auf eine Definitionsfrage reduzieren.

In einem Punkt würde ich Deiner Sichtweise jedoch noch etwas entgegnen wollen. Wenn wir über die 6 Stufen sprechen, deren erste die Ausarbeitun der Idee ist, dann teile ich nicht Deine Ansicht, dass man sich als Illustrator den Punkt 1. einfach sparen kann, weil er von anderen bereits erledigt wurde. Man hat die Idee nicht ein Mal formuliert und geht dann weiter und arbeitet die Liste ab. Ich denke vielmehr, dass man immer wieder auf die Idee zurückkommt, egal wo man sich im Prozess gerade befindet. Wenn man an der Struktur oder sogar an einzelnen Formentscheidungen arbeitet, dann bezieht man sich immer wieder auf die Idee, die ursprünglich den Anstoß gegeben hat und die das gesamte Regelwerk beinhaltet, auf dem spätere Entscheidungen basieren. Daher denke ich auch nicht, dass man einfach die Idee eines anderen nehmen kann und dann nur noch handwerkliche Probleme lösen muss. Viel mehr muss man die fremde Idee zu seiner eigenen machen und sie entsprechend erweitern.

Erhalte ich z.B. den Auftrag, einen Character zu gestalten, dann lautet die Idee des Auftraggebers z.B. "es ist ein Waldelf, mit einer goldenen Rüstung und zwei asiatisch anmutenden Schwertern". Diese Zusammenfassung liefert mir doch erst einen Startpunkt, auf dem ich jetzt mein eigenes Ideenkonstrukt aufsetzen muss. Ich überlege mir, wie ich die elfische Herkunft des Charakters transportiere, welche Form ich seiner Rüstung gebe, dass sie trotz des schweren Materials leicht und graziel aussieht. Ich überlege, welche Pose seinen Charakter am besten rüberbringt und ßberlegungen zum Hintergrund und dem Farbschema werde ich auch anstellen.

Jetzt könnte man, wie Du, natürlich so argumentieren, dass an diesem Ideenfindungsprozess nichts übermäßig kreatives dran ist, weil diese Entscheidungen sich ja alle logisch herleiten lassen. Man filtert gewisse Formmerkmale raus, die gemeinhin mit dem Attribut "Elf" assoziiert werden, man wählt gezielt Designs für die Rüstung, die Leichtigkeit und Dynamik ausdrücken (fließende Formen, pflanzenartiges Dekor etc.) und auch für Farbentscheidungen kann man auf Konventionen zurückgreifen, die nicht viel Phantasie erfordern sondern nur etwas Wissen über Farbtheorie. Ich würde Dir auch zustimmen, dass man viele Punkte dieses "Ideen-Konzepts" auf einer logischen Ebene lösen kann.

Dies funktioniert aber nur in den Fällen, wo einem Konventionen zur Verfügung stehen. Gerät man an ein Motiv, in welchem es verschiede differenzierte Gefühle auszudrücken gilt, wird man sich unweigerlich auf seinen Bauch verlassen müssen. Und das ist dann der Punkt, wo das rationale Denken durch das kreative oder assoziative Denken abgelöst werden muss. Dein Beispiel mit der Kaffee-Maschine ist gar nicht so übel, denn wie z.B. gestaltet man eine Kaffee-Maschine, die "freundlich", "frech", "standfest" und "zuverlässig" zugleich wirken soll. Klar gibt es die Möglichkeit, diese Eigenschaften durch ein Formdesign auszudrücken, aber tut man das auf einer rationalen Ebene? Folgt man da nicht eher Impulsen, probiert aus und lässt sich überraschen? Die Instanz, die man dann immer wieder zu Rate ziehen muss um zu überprüfen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist, ist die Idee.

Was ich halt meine ist, dass man den Punkt 1. in dem Prozess nicht abhakt und danach nur noch logische handwerkliche Entscheidungen fallen, sondern das Punkt 1. ein zentraler Punkt ist, von dem - etwa sternförmig - die anderen fünf Punkte ausgehen, sich immer weiter vom Rationalen entfernen, bis man quasi assoziativ arbeitet und zur Verifizierung seiner Entscheidungen immer wieder zur Idee zurückkehrt.

Ich denke, dass die Schwäche der meisten Arbeiten, die man im Netz sieht oder die man auch selbst anfertigt darin liegt, dass man zwar bereits in der Lage ist, eine Menge handwerklicher Möglichkeiten auszuschöpfen, nur dies meist auf Grundlage einer seichten Zielsetzung tut und deshalb keine vernünftige Feedbackschleife hat, die einem sagt, ob die eigenen Assoziationen einen in die richtige Richtung gelenkt haben. Ich kenne das gut, meine Platte ist voll mit Bildern, die ich irgendwie angefangen habe, wo dann vielleicht durch Zufall eine Form zustande gekommen ist, die ich dann unter dem Aspekt dass es "gut aussehen" soll irgendwie ausgearbeitet habe und wo im Endeffekt nichts vernünftiges bei rumgekommen ist. "Es soll gut aussehen" ist nämlich eine schlechte Zielsetzung, wenn sie alleine steht, denn dann tendiert man dazu, das Motiv nur als Erfüllungsgehilfen für die Anwendung technischer Spitzfindigkeiten zu mißbrauchen und was dabei rumkommt ist reiner Eyecandy, der meistens dann auch noch überzuckert ist.

unter dem Aspekt sehe ich folgende Aussage von Dir auch recht kritisch:
Ich würde behaupten wollen, im Grund lässt sich alles auf triviale Grundprinzipien reduzieren. Und in dem Moment gibt es nur simple Formideen die nur komplex genug verstrickt werden müssen und dann spielen "Ideen" eben auch garkeine Rolle, weil sich alles was man braucht logisch ableiten lässt.
Entweder unterschätzt Du deine unterbewussten und assoziativen Denkprozesse oder Du überschätzt deutlich Deine logischen Fähigkeiten oder beides. Ich schätze, Du bist derzeit stark durch Deine Speedpaintings beeinflusst, wo die Problemlösung sich auf eine kurze Zeitdauer konzentriert und die Motive in der Regel nicht komplex sind. Wenn Du Dich an Deine aufwendigeren Bilder erinnerst (und damit meine ich nicht jene, die einfach aufwendiger gerendert wurden, sondern jene, die komplexere Szenen darstellten), wirst Du sicher auf Erfahrungen stoßen, in denen einen die Logik verlassen hat und man darauf angewiesen war, seinem Bauch zu folgen.
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