Zeichnenlernen durch Bücher

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Steven
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Zeichnenlernen durch Bücher

Beitrag von Steven » 23. Jun 2007, 14:31

Angestoßen vom Austausch über die Eigenheiten verschiedener Anatomiebücher im "Druckwerk"-Thread zerbreche ich mir jetzt seit geraumer Zeit den Kopf darüber, wieviel Information man eigentlich als "Anfänger" brauch(te) und inwieweit dieser Bedarf durch die zugänglichen Bücher gedeckt wird/wurde. Was war denn das erste Buch das man in die Hände bekam als man sich bewusst entschied, mehr als nur Mondgesichter zu zeichnen und Asterixe durch blaues Pauspapier zu kopieren. Und hat einem dieses Buch geholfen? Wie hat es einem geholfen. Hätte es besser sein können. Wie hätte es besser sein können. Was hat gefehlt, was war vorhanden. ...

So war mein erstes Buch dass ich bewusst mir anschaffte um "Zeichnen zu lernen" der Klassiker "How to draw Comics the marvel way" von StanLee und JohnBuscema. Ich kannte Illustrationen nur aus Comics, war und bin Comicfan und stolperte über Erwähnungen in den Leserbriefseiten der Panini-Marvel Comics über diesen Titel glaube ich. Das müsste so vor 8-9 Jahren gewesen sein.
Ich besitze das Buch heute nicht mehr weil mich vor 6-7 Jahren ein Freundin einer Freundin fragte ob ich mir mal ihre Sachen anschauen und ihr was dazu sagen könnte. Sie kam vorbei, zeigte mir ihre Sachen und ich gab ihr mehrere Bücher mit weil sie wissen wollte wie sie sich verbessern könnte. Ich gab ihr also das Marvel-Comic Buch mit und offensichtlich gefiel es ihr, denn ich bekams nie wieder. Würde ich es ihr heute wieder mitgeben, heute da ich mehr Literatur zu dem Thema kenne als eine Hand voll sehr Comic bezogener Titel. Ich bin mir gar nicht so sicher. Spontan würde ich sagen: Nein natürlich nicht, jetzt da Loomis neu aufgelegt wurde ist das die bessere Wahl. Eindeutig.
Aber... "How to draw Comics the Marvel Way" bezauberte mich und viele andere für lange Zeit. Zumindest solange ich es besaß nahm ich es immer wieder in die Hände und folgte den Übungen darin. Zeichnete Stickfigures und ähnliches weil ich glaubte dass das richtig sei. Und ich mache es noch heute. Wenn ich merke dass Zeichnungen außer Kontrolle geraten zeichne ich Stickfigures um mir die zugrunde liegenden Dinge wieder vor Augen zu führen. Kann das denn Loomis' "figürliches Zeichnen" in gleicher Weise. Loomis nimmt in seiner Abgeklärtheit ein wenig die Mystik aus dem Zeichnen. Sein stringentes Vorgehen, der dargestellte Prozess zwischen Stickfigure und ausmodellierter Zeichnung verdeutlicht einem dass dem Zeichnen ein linear nachbearbeitbarer Bauplan zugrunde liegt. Es zeigt dass jeder es lernen kann und zeigt einen weg auf, wie dieser Weg des Lernens aussehen kann. Es verdeutlicht, dass es nichts mystisches, nichts magisches, nichts geheimes daran gibt. Und das ist doch gut. Oder vielleicht auch nicht.
Im Grunde ist "How to draw Comics the marvel way" eine reduzierte Version des "Das figürliche Zeichnen"-Buches. Dieses Offene das in JohnBuscemas Buch mir als Jugendlicher immer wieder "wie macht er das"-Fragen in den Kopf setzte, finde ich bei Loomis nur noch in der Sicherheit seiner Linie und dem Charme seiner aufwändigen Zeichnungen. War und ist der offenere Ansatz besser für Anfänger geeignet oder doch das umfassendere, ausführlichere. Muss man differenzieren zwischen versch. "Anfängern"? Sind "How to draw Manga"-Bücher vielleicht der beste Einstieg für Manga Fans, John Buscemas Buch für Marvel Fans und Loomis' Buch für Anfänger mit Blick auf den kommerziellen Illustrationsmarkt?
Warum ist das eine Buch besser als das andere und für wen?

Und so komme ich nun nach einer ausufernden Einleitung die ich so eigentlich gar nicht geplant hatte, zu meinen eigentlichen Fragen. Nämlich:
Was war das erste Buch dass ihr euch bewusst angeschafft bzw. geschenkt/besorgt bekommen habt um "Zeichnen zu lernen"?
Was war gut daran? Was war nicht so gut daran?
Was war das zweite Buch und warum kam danach noch ein weiteres?

Ich hoffe auf reichlich Antworten.
sg,
Steven

HenrikFetz
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Beitrag von HenrikFetz » 23. Jun 2007, 14:57

Mein erstes Buch war "Die Gestalt des Menschen" von Gottfried Bammes. Hat mir mMn nicht sehr geholfen, im Gegenteil, seine Herangehensweise hat mich total verkrampft und endete in steifen, unbeholfenen überkonstruierten Zeichnungen....vor lauter Bäumen konnte ich den Wald nicht mehr sehen. Das "Wow to Draw the Marvel Way" hat mich da ein ganzes Stück herausholen können ( hab ich übrigens auch verliehen und nie wieder bekommen ;) ). Aber so richtig hat es erst viel später gefunkt ganz ohne Buch und Lehrer, wahrscheinlich weil ich dazu neige alle Anleitung viel zu genau zu nehmen und *nicht* auf die eigene Intuition zu vertrauen. Diese Gefahr sehe ich grundsätzlich bei allen angehenden Zeichnern/Künstlern die aus Büchern lernen wollen.
Zuletzt geändert von HenrikFetz am 23. Jun 2007, 20:20, insgesamt 2-mal geändert.

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Duracel
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Beitrag von Duracel » 23. Jun 2007, 18:45

Hmm, bei mir war es auch "die Gestalt des Menschen", allerdings kannte ich da diese Community schon (wenn auch erst ein halbes Jahr). Ich habe mich aber die erste Zeit wenig damit beschäftigt ... es war für mich eher so ein Buch im Hintergrund, anfangs waren die Inhalte mir noch zu fern um konkret damit zu arbeiten(sollte man tatsächlich die komplette Anatomie "ausweniglernen"??) ... und ich habs auch nicht wirklich versucht. Ich hab darin mehr gelesen wie in einem Lexikon als in einem Lehrbuch.
Ungefähr zeitgleich bin ich (auf einem Zivilehrgang in einer kleinen Kunstbibliothek) auf das BettyEdwars-Buch gestoßen und da stand für mich aber nichts wirklich weltbewegend neues drinn und die Aufgaben waren mir zu "streng" vorgegeben.
(Ich halte das Buch für sinnvoll, wenn man sich noch quasi garnicht mit Zeichnen beschäftigt hat.)

Allerdings war ich auch nie jemand, der sich streng an "Lehrpläne" gehalten hätte(bin ich immer noch nicht).

Ich glaube was am Anfang viel wichtiger ist, dass man einen Überblick über das Thema bekommt. Dass man weiß, was man alles lernen könnte ... dass man sieht, woran andere gerade arbeiten, und dass man selbst die Möglichkeiten entdeckt.

In diesem Sinne halte ich ein Forum wie dieses für goldwert.
Im Gegensatz zu Büchern sind Kritiken hier auch immer auf den einzelnen zugeschnitten. Das schwierige an Büchern ist stets das für einen relevante oder gerade angemessene "herauszufiltern". Und wenn man eh schon mit den ersten Schritten zu kämpfen hat, kann einen das schnell überfordern.


Aber im Grunde ist das alles auch ziemlich egal ... wichtig ist, dass man neugierig ist und bleibt.
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 23. Jun 2007, 18:54

Mein erstes Buch in der Richtung war der Klassiker "garantiert zeichnen lernen" von Betty Edwards. Mir hat das Buch sehr geholfen indem es mir das Selbstvertrauen gab auch selber zeichnen lernen zu können. Desswegen empfehle ich das Buch auch heute noch gerne jedem Einsteiger. Momentan habe ich es verliehen, bin aber noch zuversichtlich das ich wiederbekomme ;).
Das nächste Buch war dann eins von Hogarth: "Figurenzeichnen leichtgemacht". Ich glaube der Originaltitel ist "dynamic figure drawing". Was mir damals gut an dem Buch gefallen hat, ist das es nicht direkt zu überfordernd wirkt. Wenig Text, viele Bilder, da mag man sich auch als Anfänger mit auseinandersetzen. Hätte mir damals jemand den Bammes vorgelegt und gesagt "Das musst du lesen und abzeichnen um ein guter Illustrator zu werden" hätte ich mich wohl wieder mehr auf Programmieren und 3D Grafik konzentriert ;). Was bei dem Hogarth Buch nicht so gut ist, ist das es irgendwie unvollständig wirkt. Ich kann mir nicht vorstellen das jemand NUR mit dem Buch weit kommt.

Für mich war dieses Forum bissher auch das beste Lehrbuch.

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Amanda
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Beitrag von Amanda » 23. Jun 2007, 20:01

Moin,

ja, zuerst Betty Edwards, dann schenkte mir mein Freund ein Aktzeichenbuch von G. Kleber. Tja, dann weiß ich die Reihenfolge nicht mehr.

Wirklich hilfreich finde ich momentan Bücher zum Thema Zeichentechnik. Auch wenn es bescheuert klingen mag, mir war von alleine keinesfalls klar, welche technischen Dinge zu beachten sind. Angefangen bei der Stifthaltung (mein Handgelenkproblem ist weg, ich hielt die Stifte falsch! Kein Witz.) bis hin zu den verschiedenen Tricks in Sachen Shading und Rendering.

Ich hatte auch bisher in den Kursen immer gefragt: Wie mache ich dies und jenes? Und bekam selten hilfreiche Antworten. Da heißt es: arbeite die dunklen Bereiche aus... ja, aber wie genau? :D

Dieses "wie" kann ich durch den glücklichen Zufall, daß es bei uns in der Bücherei sehr viel Material zu eben diesem Thema gibt, langsam erarbeiten. Da es hier kein Einheitswerk zu benennen gibt, ich habe mir die jeweiligen Seiten zu den verschiedenen Stilen aus den Büchern kopiert und mir einen Ordner angelegt, kann ich auch schwerlich Titel nennen, habe sie mir auch nicht gemerkt. Und Übung ersetzt nur lesen natürlich auch nicht, logisch. ;)

Bridgeman mag ich als Anatomiebuch, Bammes ist mir auch zu unflexibel und statisch, wenn auch gut für das Verständnis. Gut finde ich auch Itten zum Thema Farben und Formen. Zum Thema Perpektive kann man glaube ich nach der Vorliebe gehen, wie der Autor es erklärt.

LG,
Ellie

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Beitrag von digitaldecoy » 23. Jun 2007, 22:32

Mein erstes Buch in der Richtung war "Räumliches Zeichnen" von Henk Rotgans. Daraus habe ich gelernt, wie man Perspektiven konstruiert und welche Logik hinter Schatten und Spiegelungen steckt.

Wenn ich so recht drüber nachdenke, dann wäre ein ordentliches Buch über Perspektive auch das Einzige, was ich wirklich jedem uneingeschränkt für den Start empfehlen würde. An der Perspektive gibt es nichts zu deuteln und das auf dem Bereich notwendige Wissen ist überschaubar und nachvollziehbar.

Alle anderen Bücher setzen halt ganz bestimmte Schwerpunkte und prägen den Leser auf die ein oder andere Weise. Wer mit dem Bammes anfängt, wird zwangsläufig eine andere Entwicklung durchmachen als jemand, der als Erstes z.B. die Vilppu-DVDs in die Hände bekommt. Im Endeffekt sollte man vermutlich einfach so viel wie möglich lesen, um möglichst viel vom Spektrum mitzubekommen. Interessant ist sicher die Frage, ob es eventuell eine sinnvolle Reihenfolge gibt.

Ich würde jetzt spontan sagen, dass man am Anfang erst Mal alle Fakten sammeln sollte. Perspektive und Anatomie schon früh gelernt zu haben, kommt mir heute sehr gelegen auch wenn meine ersten Ergebniss dadurch noch eher uninspiriert ausfielen. Nach den ganzen Fakten, technischen Erwägungen und Diskussionen der letzten Jahre finde ich es jetzt gerade sehr angenehm, die "Softskills" stärker zu trainieren. Emotion, Intuition, Storytelling - das sind so die Dinge, die mittlerweile mehr Einzug in mein Denken finden. Das ist ein viel weiteres Feld als Anatomie oder Perspektive und es würde mich wirklich nerven, wenn ich jetzt noch ein Buch zu Perspektive durcharbeiten oder Anatomie pauken müsste. Ich denke, die theoretischen Themen sind eher was für die ungestümen Jugendjahre, in denen man viel Zeit und Energie hat. Allerdings ist gerade dann auch nichts schwieriger, als Disziplin für sowas aufzubringen. Na ja, vielleicht biege ich mir das gerade auch einfach so zurecht, dass mir meine eigene Vorgehensweise im Nachhinein als die richtige erscheint, also seht ruhig kritisch, was ich hier schreibe.
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