Raus aus der Hilflosigkeit

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digitaldecoy
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Beitrag von digitaldecoy » 30. Aug 2007, 20:59

Na, jetzt lass Mal den Kopf nicht hängen. Mit Leuten, die zu viel nachdenken und zu wenig machen könnten wir hier einen Club gründen, also mach Dir da Mal keine Sorgen.

Du leidest derzeit vermutlich einfach darunter, dass zu viele Eindrücke auf Dich einprasseln und Du nicht selektieren kannst, was für Dich wichtig ist und was nicht. Als ich das Internet entdeckt hatte, hat es mich quasi erschlagen und ich schätze mich heute glücklich, dass ich damals nicht mehr ganz am Anfang stand und etwas gezielter aus dem riesigen Angebot wählen konnte.

Bei all dem, was Du im Internet siehst, solltest Du generell unterscheiden zwischen den Elementen, die "Style" sind und jenen, die allgemeingültige Grundregeln darstellen. Grundlegende Elemente sind z.B. Fluchtpunktperspektive, Anatomie, Farbharmonie etc. Style kommt dann ins Spiel, wenn ein Artist z.B. bestimmte expressive Perspektiven benutzt, die Anatomie auf eine bestimmte Art und Weise interpretiert oder gewisse Farbkombinationen einsetzt.
Wenn Du weiterkommen willst, dann solltest Du die Grundlagen lernen und Dich dabei möglichst nicht von speziellen Stilelementen beeinflussen lassen. Lerne das perspektivische Zeichnen aus einen Lehrbuch (und nicht die immer gleichen krassen Perspektiven eines bestimmten Concept Artist), zeichne Anatomie nach Anatomiebüchern (und nicht z.B. nach einem bestimmten Comic-Artist, weil Du dadurch von seinen Erkenntnissen abhängig machst) und lerne Farbharmonie von Grund auf (und nicht bloß die coolen Farbkombinationen eines bestimmten Artists).

Darüber hinaus kann ich Dir leider auch nur sagen, dass es keine Abkürzungen gibt. Wenn Du ein guter Zeichner werden willst - und das ist die Grundlage eines jeden guten Artists - musst Du jahrelang üben. Da kommt man nicht drumrum.
Besuch mich doch Mal in meinem Personal Showroom! - http://www.digitalartforum.de/forum/vie ... php?t=1604

Chinasky
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Beitrag von Chinasky » 31. Aug 2007, 08:46

Daniel hat eigentlich alles Wichtige schon gesagt. :)
Zur konkreten Vorgehensweise vielleicht noch: Du schreibst, daß Du bisher nach dem Muster gearbeitet hast: "Frei aus dem Kopf zeichnen, wenn's mies wird, ab in den Papierkorb". Das war bisher Deine für Dich typische Arbeitsweise. Und von der ausgehend solltest Du überlegen, wie sie zu optimieren wäre. Ich würde jetzt mal spontan sagen, daß Du auch weiterhin mal erst frei aus dem Kopf zeichnen solltest. Aber dann, wenn's mies wird, eben nicht ab in den Papierkorb, sondern lieber analysieren, wo es hakt. Und dann, wenn Du herausgefunden hast, wo es hakt, kannst Du gezielt an das erkannte Defizit herangehen und es beheben.
Wenn Du nicht weißt, woran es hakt, dann mußt Du Dir eben Hilfe suchen. Entweder, indem Du guckst, wie andere Künstler Dein Problem gelöst haben (und dann versuchst, deren Lösung auf Deine momentane Zeichnung zu übertragen), oder indem Du Deine "verkorkste" Arbeit anderen Leuten präsentierst und diese danach fragst, was sie meinen, woran es hapert.
Dazu ist dieses Forum ja nun mal geradezu prädestiniert. Viele Leute machen den Fehler und zeigen nur Sachen, die sie selbst schon geil finden, sie posten, um gelobt zu werden oder um einfach nur etwas "rumzuposen". Das geht jedem mal so und ist auch gar nicht schlimm. Aber wesentlicher und hilfreicher ist es, die Arbeiten zu posten, an denen man selbst noch knabbert, die nicht hinhauen wollen, die eventuell richtig grottig schlecht sind, und bei denen man trotzdem nicht so richtig weiß, warum sie schlecht sind. Da haben dann andere Members einen konkreten Anhaltspunkt, wo sie helfen können.
Vielleicht heißt es ja auch, dass ich es vergessen kann, ich weiß es nicht.
Das ist garantiert Unsinn! Wenn man nicht weiterkommt, dann nicht, weil es keinen Weg nach vorn gibt, sondern höchstens, weil man ihn noch nicht gefunden hat. Und dafür, diesen Weg etwas leichter zu finden, gibt's die Community. Nur immer an das denken, was Daniel ganz richtig geschrieben hat und was er mal hätte fett markieren sollen:
Es gibt keine Abkürzungen, als guter Artist muß man jahrelang üben. Da kommt man nicht drumrum. :)
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.

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WhiteLady
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Beitrag von WhiteLady » 31. Aug 2007, 10:33

Hallo NevLou,

ich habe mich gerade sehr wiedererkannt in deinen Worten.

Ich denke auch, was Daniel und Chinasky geschrieben haben, trifft absolut zu. Was ich noch hinzufügen will ist:

Oft sieht ein Bild gar nicht mehr so schlecht aus, wenn man mal ne Nacht drüber schläft. Ich hab jedenfalls dauernd diesen Effekt. Ich mache abends den Rechner aus und denke: "Shit, das war ja mal wieder nix heute" Am nächsten Tag schaue ich es nochmal an, und sehe, dass es doch nicht soo schlecht war, was ich gemacht habe.

Man ist ja während des Zeichnens so in dem Bild drin, dass man den Abstand gar nicht mehr dazu hat und das Ganze irgendwann auch nicht mehr objektiv beurteilen kann. Da hilft es wirklich, erstmal abschalten und später nochmal dran. Oft war es gar nicht so schlecht, was man gemacht hat.

Ich hab das erst im Studium gelernt, wenn ein Prof mir immer wieder ein Layout etc. um die Ohren gehauen hat und ich nochmal neu dran musste. Man muss dranbleiben, und dann kommt auch oft etwas Gutes dabei heraus.

Da gibts einen Spruch von Samuel Beckett, den ich in diesem Zusammenhang sehr gut finde.
"Ever tried? Ever failed? No matter. Try again. Fail again. Fail better."
Sinngemäss: Hast du jemals etwas versucht und bist gescheitert? Egal. Versuch es noch einmal. Scheitere wieder. Scheitere besser."

Will sagen: Es gibt in jedem Fall eine Entwicklung, wenn du weitermachst. Es kann nur besser werden. Wenn du nächstes Mal scheiterst, scheiterst du auf einem höheren Niveau. Allerdings musst du beim neu versuchen die Möglichkeit im Hinterkopf behalten, dass du wieder scheitern könntest.

Ah, ich will nicht so sehr geschwollen daherreden. Jedenfalls: Kopf hoch! Weitermachen! ;-)

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marylou
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Beitrag von marylou » 31. Aug 2007, 10:51

Ich habe mir gut überlegt ob ich jetzt hier noch meinen Senf dazugeben muß oder nicht, sowohl Digitaldecoy als auch Chinasky haben beide sehr viele Punkte angesprochen. Auch was die Angebote im Web angeht, die vielen Tutorials usw. kann ich nur zustimmen...das es unerlässlich ist sich an die Grundlagen zuerst ranzumachen.
Das war bisher Deine für Dich typische Arbeitsweise. Und von der ausgehend solltest Du überlegen, wie sie zu optimieren wäre.
sagt Chinasky, dem möchte ich wiedersprechen:

Das Problem das du hast ist nicht neu, und mein gegenmittel heißt "locker zeichnen". Was ich darunter verstehe werde ich gleich mal versuchen kurz zu erläutern.

zB erstmal einen relativ einfachen Gegenstand mit Geometrisch weniger aufwändigen Formen suchen. (eine Flasche /// zwei elipsen ). Dann sich ein billiges Papier besorgen und wenns hilft ne gute Energiespendende Musik anmachen. Darauf hin sich für alles keine Zeit mehr nehmen sondern Ratz fatz eine Skizze nach der anderen. Wenns auf anhieb nich klappt Weg damit. Das funktioniert allerdings nicht nur bei Anfängern sondern auch Fortgeschritteneren leuten. (Warmzeichnen). Der Effekt der sich dabei einstellen sollte ist, das man lernt im Auge den Gegenstand zu Konstruieren - zu berhalten. Und mir ist noch keiner begegnet - der nach einer solchen Session behauptet hat, die letzte Zeichnung sei schlechter als die Erste.
Wenn man besser wird, kann man ja kompliziertere Gegenstände wählen.

Wichtig ist, sich für jedes Blatt 2 - 5 min. zu nehmen, dann weg damit.

Dieses locker Zeichnen, bewirkt außerdem das man alles nicht mehr so eng nimmt. Natürlich kann man sich alle Bücher kaufen, jede Technik erlernen, wir wissen jedoch alle das dadurch noch kein gutes bild entstanden ist. An Ideen mangelt es dir wohl nicht, und umso Intuitiver du mit Geometrischen Formen umgehen kannst, umso leichter könnte es dir fallen ein Raumschiff aus dem Kopf auf das Papier zu bringen.

Okay - Das war der Einspruch den ich einlegen wollte. Als Anmerkung möchte ich Beifügen, das zB für fortgeschrittene Zeichner im Studium o.ä. das Aktzeichen dem ähnelt. Ein aktmodell hält max. 20 min. für eine liegende Position, und 10 max. für eine stehende...
Viel Zeit bleibt da nich. Insofern ist das was ich oben erwähnt habe nicht irgendein Humbug, sondern nur eine kleine Abwandlung die sich bei manchen leuten als nützlich erwiesen hat. Und ich habe Menschen erlebt, die konnten vor solchen Sessions nichmal einen Bleistift halten, und haben danach akzeptable Ergebnisse präsentiert.

Zeichnen - kann jeder

Natürlich lernen es manche schneller und manche nicht, trotzdem finde ich nicht das du den Kopf hängen lassen solltest. Und wenn irgendwelche leute so wusch wusch mal eben eine tolle gebäudelandschaft dahinpflanzen, dann nur weil sie auch schon unzählbar oft den Stift in der Hand hatten.

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 31. Aug 2007, 11:45

@marylou: Ich gebe zu nicht ganz verstanden zu haben wie du das exakt meinst. Kannst du das vielleicht mal an nem Beispiel vormachen? Z.B. indem zu zeigst wie man sich mit der Technik an einen Mech rantastet?

.ch!cken
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Beitrag von .ch!cken » 31. Aug 2007, 11:51

Ich glaub er meint, dass man zum Zeichnen üben sich nen Gegenstand suchen soll und den immer und immer wieder zeichnen soll, immer nur 5Minuten oder so...
Wenn mans gut hinkriegt, dann den nächsten Gegenstand, immer etwas schwerer und irgendwann zeichneste dann halt auch nen Mech in 5Minuten ;-)

Hoffe das richtig verstanden zu haben...

->einfache Formen immer wieder üben und steigern, immer nur 5mins pro Skizze..!?

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marylou
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Beitrag von marylou » 31. Aug 2007, 12:29

ch!cken hats beschrieben, die technik kommt von alleine, natürlich fällt es leichter wenn jemand daneben steht und tips gibt, ich hatte jedoch nie einen, und es hat trotzdem funktioniert.

Eine Zeichnung nach der anderen, ratz fatz wusch wusch.

Später kann man dann immernoch shcraffur u.ä. techniken hinzufügen. Das räumliche erfassen von gegenständen ist jedoch die absolute grundvorraussetzung um proportional und locker "runterzeichnen" zu können

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Nachtwolf
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Beitrag von Nachtwolf » 31. Aug 2007, 12:46

@NavLou: Es gibt hier im Forum einen ganz hervorragenden Thread in dem 'Big_O' Anatomie- und Zeichenbücher vorstellt:

http://www.digitalartforum.de/forum/vie ... torder=asc

Als erste Orientierung würde ich dort mal stöbern ;-)

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 31. Aug 2007, 13:15

@marylou: Hmm, einfach so mal ganz viel "Husch Husch" zu zeichnen ist meiner Meinung nach nicht die effektivste Lernmethode. Da fehlt doch völlig die Reflektion und das gezielte einprägen von Handlungs-Mustern. Wenn man schon ein gewisses grund-KnowHow hat mag das funktionieren sich so in der klaren Darstellung von Räumlichkeit zu trainieren (das von dir genannte Aktzeichnen war da genau das richtige Beispiel), aber wenn ein totaler Anfänger sowas macht wird er meiner Meinung nach ein sehr festgefahrenes Darstellungssystem entwickeln (auch Stil genannt), was aber nicht heißen muss, das es gut aussieht.
Ich bin sicher kein Beispiel für einen guten Zeichner, aber meine malerischen Fortschritte basieren imho zu 90% auf Erkenntnissen und nicht auf Übung. Ich hab mich lange damit beschäftigt einfach nur gestalterische Probleme zu verstehen und daraus Informationen zu ziehen mit denen ich meine Denk- und Arbeitsweisen verbessern kann.
Heißt natürlich nicht, das das für jeden funktioniert. Und bei noch so viel theoretischer Arbeit wird man nicht besser, wenn man nicht malt und zeichnet um den Input zeitnah zu verarbeiten und zu festigen. Da ich das zu wenig mache wäre mein Lernprozess wiederrum wahrscheinlich am deutlichsten zu beschleunigen, wenn ich mehr üben würde.

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marylou
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Beitrag von marylou » 31. Aug 2007, 17:20

Martin, ich gebe dir recht das man dadurch alleine kein guter Zeichner wird. Wenn sich jemand in seiner Sache "festgefahren" hat, ist das eine sehr gute methode um sich locker zu machen von Farb und technik studien.

Ich habe das auch nicht aufs malen, sondern erstmal aufs Zeichnen bezogen. Jungen Zeichnern fällt es oft schwer locker zu lassen. herauskommen menschenköpfe bei denen versucht wurde eine linie ganz genau perfekt zu setzen.

Später als guter Zeichner ist das möglich weil die räumliche vorstellung im kopf zu der handbewegung perfektioniert wurde. Oben genannte übung hilft sich intuitiver ranzutasten.

Die korrekte haltung und bewegung aus dem ganzen arm wird dadurch geschult und tritt dann meistens von alleine ein.

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 31. Aug 2007, 21:23

Wenn man zu der Erkenntnis gelangt (sei es selbstständig, oder durch andere) das man
-zu zaghaft rumstrichelt,
-dadurch keine präzisen formaussagen trifft und
-nicht die motorische fähigkeit hat die gedachte Linie auf anhieb zu treffen,
dann ist das eine sehr sinnvolle Übung, genau wie das Aktzeichnen. Allerdings sind hier die Erkenntnis und das angehen des Problems, losgelöst von anderen Problemen (wie z.B. Licht, Schatten, Farbe, Proportion, Komposition etc.) meiner Meinung nach der zentrale Punkt.
Das heißt, dafür finde ich deine Übung zwar super, aber "einfach locker lassen" trifft für mich nicht den Kern der Sache. Es kann sehr fordernd sein und viel Konzentration erfordern eine festgefahrene Zeichenmethode zu durchbrechen. Ich hab genau das beim Aktzeichnen versucht und da über ein Semester für gebraucht. Die Leute denen ich in dem Kurs versucht habe diese Problematik, ihre Wichtigkeit und den Lösungsweg zu erklären, haben sich leider alle nicht darauf eingelassen mal isoliert ein einzelnes ihrer zeichnerischen Defizite anzugehen. Ich denke die hätten dann wohl auch Probleme wenn sie sich wie beschrieben einfach nur hinsetzen und Gegenstände schnell zeichnen. Zumindest würden sie nicht so schnell lernen, wie jemand der schon vorher weis was, wie und warum er da macht.
Just my 2 cents.

Chinasky
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Beitrag von Chinasky » 1. Sep 2007, 01:06

@Marylou: Deinen Einwand habe ich zur Kenntnis genommen, würde aber diesem wieder etwas einwenden. ;)
Ich denke, daß jeder, also auch NevLou, dort "abgeholt" werden sollte, wo er/sie steht. Das, was Du da beschreibst, ist die Methode, die bei Dir zum Erfolg führte. Ob sie auch bei NevLou zum Erfolg führt, ist nur eben die Frage... Seit ich mal vom wohl perfektesten Zeichner hier im Forum, von Henrik Fetz, gehört habe, daß er das Zeichnen fast ausschließlich nach dem Abzeichnen von Bildern (Comix, Fotos usw.) gelernt habe und so gut wie nie "life drawing" mache, bin ich allen "reinen Lehren" gegenüber skeptisch, denn bis dahin hätte ich Stein und Bein geschworen, daß nur derjenige gut zeichnen lernt, der nach der Natur zeichnet. Henrik Fetz ist der lebende Beweis dafür, daß ich mich da geirrt hatte.
Seitdem bin ich vorsichtig mit Ho-to-do-Anweisungen, auch, wenn sie mir persönlich extrem überzeugend vorkommen. Und aus diesem Grund meine ich, daß NevLou dort ansetzen sollte, wo er schon steht. Momentan scheint er etwas verwirrt zu sein ob des riesigen Angeobtes an Inspirationen, an Vorlagen, an Tutorials usw. Und nun legst Du ihm ein weiteres "Tutorial" vor, beglückst ihn mit einer weiteren sicherlich sehr effektiven Vorgehensmöglichkeit. Die Frage ist eben nur: Ist sie auch für ihn effektiv? Ich muß zugeben, ich bringe noch überhaupt keine Bilder mit ihm in Zusammenhang, vielleicht kennst Du ihn besser und weißt schon, wo seine konkreten Schwächen liegen. Ich kenne diese konkreten Schwächen noch nicht und daher bin ich lieber vorsichtig mit konkreten Tips.
Jemandem, der nicht weiterkommt, ist meistens (das ist aber nur eine subjektive Erfahrung meinerseits) wenig damit gedient, wenn man ihm vorschlägt: Mach doch mal alles total anders! Das ist m.M.n. eine falsche Aufforderung, denn sie unterschlägt, daß jeder Mensch eben anders ist und seinen eigenen Weg finden muß. Statt der vielen Schnellzeichnungen zum Warmzeichnen könnte NevLou auch das genaue Gegenteil weiterhelfen: Daß er sich auf eine Zeichnung konzentriert und solange mit radieren und ausbessern an ihr herumlaboriert, bis sie endlich stimmig ist. Wir wissen es nicht!

Es grüßt
der Hank
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.

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marylou
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Beitrag von marylou » 1. Sep 2007, 02:02

jo, hmmmm... was du beschreibst, kenne ich von mir auch gut. Farben studieren ec. sich das alles genau ankucken.

Ich bin dabei eher auf die grundanfänge der geometrisch und konstruktiven erfassung von gegenständen eingegangen wie man proportional sich später mal leichter tun kann.
Um malerische komposition ging es dabei eher weniger. Mir ist nur aufgefallen das späteinsteiger sich bei der "konstruktion" eher schwer tun.

Ich hab auch den bissigen "bold" hinweiß gesehen, und finde ihn ein wenig...unnötig, weil ich mir nie herausnehmen würde das zu verallgemeinern. Wage jedoch zu behaupten das wenn es jemand mal macht, sich von bild 1 - 30 eine verbesserung einstellt.

Als ich seinen Beitrag las, erschien es mir so als könne er momentan das was Ideentechnisch in seinem Kopf ist nicht aufs Blatt transportieren bzw. wäre von dem Ergebnis enttäuscht. (wenn ich das richtig verstanden habe).

Deswegen habe ich auch einen Vorschlag gemacht der nicht nur mir, sondern vielen anderen schon geholfen hat.

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Duracel
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Beitrag von Duracel » 1. Sep 2007, 02:33

Wissen wir es nicht? Oder ist es beliebig?

Wenn man nicht weiterkommt, dann hilft es nicht selten sich zu konzentrieren; ich würde behaupten das gilt in den allermeisten Fällen. Nur "worauf" konzentrieren, das mag von Standpunkt zu Standpunkt differieren oder auch manchesmal einfach eine Frage des "wann" sein; die Reihenfolge wann man was gelernt hat ist doch bei den meisten Artists ganz unterschiedlich und führt automatisch zu unterschiedlichen Ausprägungen.

Was "Lifedrawing" anbelangt würde ich behaupten, dass es das als objektiv klar abgegrenzte Methode garnicht gibt. Und die Elemente auf die es dabei im Kern ankommt, die kann man sicherlich auch anders Lernen.
Im Grunde geht es dabei doch um Sensibilisierung für verschiedenste Sachverhalte.


Sich "Lockermachen" ist auch so eine schwammige Formulierung die so wenig hilfreich ist.
Man geht nicht hin und "macht sich locker" man "wird locker".
Man redet auch gerne von "nicht so krampfhaft" oder "entspann dich". Defakto ist aber zeichnen nicht schlaff rumhängen.

Worauf man hinauswill ist doch, alles überflüssige auszuklammern.
Ein Virtuose an seinem Instrument scheint gleichsam mühelos über die Saiten zu schweben, denn er macht nicht mehr als nötig.
Aber bevor man soweit ist "genau das was nötig ist" zu machen, wird man immer entweder "zuviel" oder "zuwenig" tun. Ob man nun sein Leben lang unnötig verkrampft ist oder immerzu unkonzentriert und es sich jeweils nur gans langsam dem gewünschten Zustand annähert der nicht mehr ist als ein Grenzwert ... oder ob man ständig drumherumpendelt?
Spielt das wirklich so sehr die Rolle ob ich mich von einer Seite annäher oder ständig drumherumlaufe?

Wichtiger ist dann wohl eher, dass die Zielrichtung stets klar bleibt.
Ich denke weniger entscheidend, woran man im konkreten Fall arbeitet ist, dass einem möglichst klar sein sollte, worauf das alles hinausläuft.

Ich selbst habe die meisten Inhalte sehr unkonventionell gelernt; stets die unwichtigeren bin ich zuerst angegangen. Aus dieser vollkommenen Planlosigkeit und der Unwissenheit was von Bedeutung ist, habe ich aber einen nicht unwichtigen Vorteil gezogen. Ich habe aus der Not eine Tugend gemacht. Da mich kaum jemand auf die richtige Fährte gebracht hat, bin ich zu einem guten Spurensucher geworden.
Wo die meisten Leute immer schön die befestigte Wege entlangeschritten sind, bin ich ziemlich hilflos durchs Unterholz gekreucht. Lange verärgert keinen Führer zu haben und auf selten auftauchende und nicht selten irreführende Wegweiser angewiesen zu sein, bin ich nun mittlerweile selber zu einem Vertrauten der Wälder geworden. Heute gehe ich auch mehr und mehr die betretenen Wege, aber wo die meisten am Wegesrand nichts als Bäume sehen, kann ich zu jeder Zeit querfeldein zum Ziel gelangen oder bei belieben einen Abstecher machen um die Dinge zu finden, die nicht am Wegesrande auf einen warten.


Was rät man also dem Neuling? Den richtigen Weg?
Oder erzählt man ihm er müsse den ganzen Wald kennenlernen, auf dass er ob der völlig absurden Forderung gleich kehrt macht?
Und lernt er erstmal das Wegesnetz, wird er beizeiten wohl müde sein noch die versteckten Winkel und Abkürzungen zu erkunden, kommt er doch schließlich stets am Ziel an.

Ich würde dazu raten sich erstmal ein Teilstück herauszugreifen ... welches, da bleibt jedem die Qual der Wahl. Nimmt man sich zu beginn eines der Schwierigen, wie z.B. die menschliche Anatomie, dann ist man sein Leben lang froh, dieses schon zu beherrschen und stets dort utnerwegs sein zu können. Oder man bleibt vorerst in seiner Umgebung, und drückt sich möglichst lange vor dem dunklen tiefen Dickicht.
Solange man nicht stehen bleibt oder immer das selbe Stück gedankenverloren auf und ab geht ... da hat das Leben mehr zu bieten! :)
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

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Beitrag von Chinasky » 1. Sep 2007, 11:37

marylou hat geschrieben:Ich hab auch den bissigen "bold" hinweiß gesehen, und finde ihn ein wenig...unnötig, weil ich mir nie herausnehmen würde das zu verallgemeinern. .
Sorry, das war nicht bissig gemeint. Es könnte ja sein, daß Du schon NevLous Arbeiten kennst (ich kenne die ja eben nicht!) und dann wäre mein Einwand natürlich gegenstandslos, denn Dein Vorschlag wäre dann ja schon konkret auf NevLou "zugeschnitten" und nicht verallgemeindernd. Ich hatte das "weißt" nur deswegen fett geschrieben, weil dieser Punkt in meiner Argumentation eben wichtig war: Wenn Du weißt, woran NevLous Bilder kranken (da Du sie kennst), dann hätte ich unrecht mit meinen Ausführungen. Wenn Du es nicht weißt, dann wäre mein Einwand gerechtfertigt - auch wenn Du natürlich immer noch richtig geraten haben könntest, denn Dein Vorschlag, in vielen kleinen Scribbles die geometrisch-konstruktiven Basics anzugehen, ist ja nicht verkehrt - sondern für viele Leute zutreffend.

@Dura: Noch Tanzbär oder schon alter Trapper? ;)
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jaymo
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Beitrag von jaymo » 2. Sep 2007, 10:34

Es ist wichtiger den ersten Schritt zu tun, als genau zu wissen, ob es der richtige erste Schritt ist. Es ist nämlich jeder der richtige. Wie dura das ja schön umschrieben hat, geh endlich ein Stück in den Wald. Ob Du Dich der Reisegruppe oder dem Trapper anvertraust oder allein losziehst, ist erstmal nicht so wichtig. Du hast später immer noch Gelegenheiten, Dich umzuorientieren.

Was das berufliche angeht, so würde ich sagen, dass ein Studium in dem Bereich sicher eine gute Voraussetzung, aber kein Muss ist. Es gibt viele Quereinsteiger; ich selbst habe Jahre im grafischen Bereich professionell gearbeitet, bevor ich nach einer Insolvenz meines Arbeitgebers doch noch ein Studium Kommunikationsdesign begonnen habe. Den Großteil des Wissens, dass ich bei meiner Arbeit anwende, habe ich nicht im Studium erworben.

Was Dich am meisten von Deinen Zielen entfernt hält, ist Zaudern und Grübeln. Wie oft schon habe ich in dem Bestreben es genau richtig zu machen letztlich gar nichts gemacht. Befrei Dich davon so früh es geht! Es ist leichter einen Ansatz zu verwerfen und zu korrigieren als den ersten Schritt ohne Routine mit Perfektion vollführen zu wollen. Arbeite von Grob nach Fein in allen Bereichen, in denen das möglich ist.

Norgork
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Beitrag von Norgork » 2. Sep 2007, 12:11

Moin

Jetzt hab ich den Tread auch entdeckt - und schliesse mich mal denen an denen es genau so geht. Da ich selbst noch ganz am Anfang stehe, kann ich nur über meine bisherigen Erfahrungen berichten:


Am Anfang habe ich dieses Forum gefunden und habe erstmal gestaunt, was es hier alles gibt. Dann habe ich mir in den Kopf gesetzt auch "gut" zu werden.
Die erste Aktion: Den nächsten in Reichweite befindlichen Bleistift geschnappt, das nächste Blatt Papier geholt und angefangen. (Da war ich ca 14/15). Danach habe ich mir das Ganze angesehen und mich ernsthaft gefragt, ob ich mich geistig auf dem Niveau eines 5-Jährigen befinde.

Gut, nächster Schritt. Ich habe mir im Internet Unmengen an Tutorials angeschaut, u.A. die Videotutorials hier aus dem Forum. Mein Interesse am Zeichnen/Malen (besonders Fantasy und SF Motive ^^) ist hierbei wieder gestiegen. Ich habe während dieser Phase keinen Strich auf irgendein Papier gebracht, sondern nur geschaut, gelesen usw... Danach habe ich mich voller Vorfreude wieder hingesetzt, vor ein weisses Blatt Papier (oder vor Gimp?) und angefangen. Und es hatte sich so gut wie nichts geändert.

Jetzt war ich erstmal WIRKLICH frustriert, habe bestimmt ein 1/2 Jahr gar nichts mehr gemacht. Dann habe ich nochmal von vorne angefangen, weisses Blatt/Gimp, Stift/Wacom Tablet und losgelegt. Diesmal habe ich vor allem abgezeichnet(Papier). In Gimp habe ich mich auf einige Wenige Dinge beschränkt (Wobei mir wirklich einfach die Übung fehlt...), die man gröstenteils in meinem Personal Thread sehen kann. Ich habe hier einige hilfreiche Tips zum arbeiten bekommen, der wichtigste war: Zeichne soviel du kannst.

Gut, diesen habe ich beherzigt und angefangen abzuzeichnen. Im Unterricht (ähm... öhm.. natürlich in der Pause ;) ) Dinge aus meinem Mäppchen, daheim Bilder aus Büchern. (Das Hochelfen Armeebuch von Warhammer hat mir da sehr zugesagt ;) ) Die Anfänge waren natürlich grauenhaft, genau wie meine vorigen Versuche. Doch mit der Zeit hat sich dann ein anderer Zustand eingestellt.
Jetzt (mit 17 J ) kann ich noch lange nicht "gut" zeichnen, aber ich sehe langsam die Möglichkeit es zu lernen. Ich habe noch keine Vorstellung wie weit ich kommen werde oder wohin ich mich genau wenden werde, aber der Weg des Lernens ist klarer Geworden.

Und genau das ist es, was anfangs imho am wichtigsten ist. Mach so viel wie du kannst, fang einfach an. Wenn es schlecht aussieht dann mach erst recht weiter. Zeichne unterschiedlich, mal nach Gefühl, mal nach Konstruktion (da sind die Tutorials wieder nützlich :) ). Lege Konstruktionen über die nach Gefühl gezeichneten Sachen und du wirst bald Erfolg haben. nicht Erfolg in dem Sinne, dass du schnell ein Meisterzeichner wirst, sondern Erfolg in dem Sinne, dass sich der Weg dorthin etwas klarer abzeichnet.

Ich hoffe ich konnte meine Gedanken einigermassen klar ausdrücken.
Zuletzt geändert von Norgork am 2. Sep 2007, 13:00, insgesamt 1-mal geändert.
Die Kunst des Ausruhens ist Teil der Kunst des Arbeitens.

MartinH.
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Beitrag von MartinH. » 13. Sep 2007, 21:26

Arbeite von Grob nach Fein in allen Bereichen, in denen das möglich ist.
Wie unglaublich wichtig das ist, habe ich erst kürzlich in 2 Schlüsselerlebnissen ansatzweise angefangen zu begreifen. Aber ich kann jetzt schon sagen, das das absolut ein richtiger Weg ist.

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Ionflux
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Beitrag von Ionflux » 13. Sep 2007, 22:24

Hi NevLou, hab noch gar nicht bemerkt, dass du hier gepostet hast! :D

Wie meine Vorposter ja schon übereinstimmend angemerkt haben, sind diese Probleme uns allen (oder zumindest vielen) anscheinend nicht fremd.

Ich selbst kenne das Gefühl nur zu gut, dass ich mich gar nicht traue den Stift anzurühren, vor lauter Angst, es könne ja Murks herauskommen. Meist ist das ein Zeichen dafür, dass ich zu wenig mache, und die beste Abhilfe ist, einfach loszulegen.
Da hilft letzten Endes nur die Devise: Zeichne endlich! :)

Die zweite Frage ist die nach dem richtigen Weg. Nach meinen - noch nicht so umfangreichen - Erfahrungen ist eine der wichtigsten Lehren die man auf dem Weg ziehen kann, dass es keinen vorgeschriebenen Pfad gibt, und schon gar keinen "besten". Man muss sich letzten Endes die ganzen Grundlagen (Linie, Form, Farbe, Perspektive, Anatomie oO, Licht/Schatten…) aneignen, damit man sie instinktiv richtig und effizient einsetzen kann. Und man kommt in einer einzelnen Sache natürlich schneller zum Erfolg, wenn man sich ganz auf diese Sache konzentriert. Andererseits habe ich zumindest die Erfahrung gemacht, dass beim Malen alles voneinander abhängt. Ohne Verständnis von Linie, Form und Perspektive kann man z.B. keine Anatomiezeichnungen machen. Ohne Anatomiekenntnisse bleiben einem interessante Einsatzmöglichkeiten der technischen Grundlagen verwehrt. Kommt man in einem Aspekt ins Stocken, fehlt einem ein anderer für das Fortkommen. Und selbst das muss man erstmal erkennen.

Alles in allem kann ich mich gut mit den Leuten identifizieren, die das ganze als eine Art "Reise" bezeichnen und den abenteuerlichen Aspekt betonen. Man weiß nie so genau, was man als nächstes entdecken wird, und auf welchem Pfad man dorthin gelangen wird (und vor allem, wohin ;)). Es kommt dann alles wieder zurück zu Punkt 1. Zeichnen, damit man merkt, was das Problem ist. Um aber Probleme identifizieren zu können, ist es unerlässlich, die Augen offen zu halten. Beobachtungen in der Realität helfen dabei meiner Meinung nach am besten um festzustellen, wohin man eigentlich will. Beobachtungen bei anderen Künstlern können einem die entscheidenden Ideen geben, wie man das Gewünschte effizient realisieren kann. Und zu guter letzt kann einem die Community helfen, wenn man zu lange alleine vor sich hin gegrübelt oder gemalt hat.

In diesem Sinne, hab einfach Mut und trau dich auch, Fehler zu machen (ja, das Problem habe ich auch). Denn passieren werden sie sowieso, und jeder Fehler ist eine Gelegenheit, etwas Neues zu lernen. :)

(Ich hoffe das war nicht zu pathetisch, ich bin momentan selbst etwas frustriert und habe alle Mühe, mich zu motivieren. :/)
Arbeite von Grob nach Fein in allen Bereichen, in denen das möglich ist.
Das zitier ich auch gerne nochmal. Ich habe viel zu lange gebraucht um das rauszufinden, und wenn etwas Murks wird, liegt es erstaunlich oft an einer Form der Missachtung dieses Prinzips. :)
»The multiverse doesn't make sense, and it ain't supposed to.«
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