Naturalismus in CGI

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blue_lord
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Naturalismus in CGI

Beitrag von blue_lord » 10. Sep 2011, 09:33

Hallo,

manche Bilder, die aus CGI-Gegenständen, einem Foto als Backplate und einer HDR-Sphäre erstellt wurden sind von einem reinen Foto nicht zu unterscheiden. Andere Bilder hingegen sehen nicht naturalistisch aus, beim Betrachten stört etwas, das CGI-Objekt wirkt eingesetzt und als Fremdkörper. :?

An was kann das liegen? Bei Animationsfilmen und Computerspielen gibt es das Uncanny Valley. Gibt es so etwas auch für Einzelbilder ohne Lebewesen? Kennt ihr einen guten Text im Internet oder ein Buch über Naturalismus in CGI, und ggf. dessen Wahrnehmung durch den Menschen?

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jaymo
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Beitrag von jaymo » 10. Sep 2011, 15:50

IMO ist, wie Du schon angedeutet hast, eine realstische Beleuchtung der wichtigste Aspekt, da auch ein weniger attraktives Modell so real wirken kann. Dann sieht es eben aus wie ein echtes wenig attraktives Modell. ;) Je anspruchsvoller das Objekt in der realistischen Wiedergabe ist (man denke an Menschen, Haut, Haare, Bewegung, Schaum, Vegetation, vielschichtige Materialien wie echtes Fleisch etc.), desto schwieriger ist es, den Betrachter von der Echtheit zu überzeugen. Eine Vase aus Vollplastik in einer sterilen Küche im Bauhaus-Stil ist somit natürlich viel leichter fotorealistisch umsetzbar, als ein Auerhahn im Schlamm. Äh, ja.

Abgesehen davon macht HDR noch kein realistisches Bild, da man schließlich hierbei auch sehr viele Fehler machen kann. So muss allein schon das HDR genau zur Lichtsituation der Backplate passen, die Ausrichtung muss stimmen, die Lichtintensität gut angepasst sein. Ist das der Fall, so sieht das Objekt zumindest echt aus. Dann sieht's aber je nach Qualität des Models und der Shader aber eben immer noch im schlechteren Fall nach ner lieblos gebauten, aber real vorhandenen Puppe aus.

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jaymo
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Beitrag von jaymo » 10. Sep 2011, 16:00

Der hier fiel mir gerade dazu ein:

http://www.youtube.com/watch?v=CaoypChu ... 14&index=5


Der ist wirklich schon sehr gut und aufwändig gemacht. Sieht auch im finalen Rendering schon irgendwie "echt" aus. Aber halt doch eher wie ein echter, kranker, motorisch gestörter Greifvogel...

Uncanny Valley ist ein allgemeingültiger Effekt, denke ich. Sobald uns ein Aspekt nicht stimmig oder gesund vorkommt, so hat das ein Gefühl des Widerwillens zur Folge. Vermutlich eine Art Schutzreflex.

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blue_lord
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Beitrag von blue_lord » 11. Sep 2011, 19:03

jaymo hat geschrieben:Abgesehen davon macht HDR noch kein realistisches Bild, da man schließlich hierbei auch sehr viele Fehler machen kann. So muss allein schon das HDR genau zur Lichtsituation der Backplate passen, die Ausrichtung muss stimmen, die Lichtintensität gut angepasst sein. Ist das der Fall, so sieht das Objekt zumindest echt aus. Dann sieht's aber je nach Qualität des Models und der Shader aber eben immer noch im schlechteren Fall nach ner lieblos gebauten, aber real vorhandenen Puppe aus.
Dass Backplate und HDR-Sphäre zusammenpassen müssen ist klar, weswegen sie i.d.R. ja auch beide vor Ort aufgenommen werden. Das Störende im Bild müsste dann wohl durch den Shader oder eine schlechte Positionierung des CGI-Objektes vor dem Backplate entstehen.
Wie naturalistisch können Shader Metalle, Lack und Gummi darstellen; was können da für Schwierigkeiten/Probleme auftreten?
jaymo hat geschrieben:Der hier fiel mir gerade dazu ein:

http://www.youtube.com/watch?v=CaoypChu ... 14&index=5


Der ist wirklich schon sehr gut und aufwändig gemacht. Sieht auch im finalen Rendering schon irgendwie "echt" aus. Aber halt doch eher wie ein echter, kranker, motorisch gestörter Greifvogel...
Ja, der Vogel wirkt etwas steif, ungelenkig unter seinen Federn.

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jaymo
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Beitrag von jaymo » 11. Sep 2011, 22:24

blue_lord hat geschrieben:Das Störende im Bild müsste dann wohl durch den Shader oder eine schlechte Positionierung des CGI-Objektes vor dem Backplate entstehen.
Wie naturalistisch können Shader Metalle, Lack und Gummi darstellen; was können da für Schwierigkeiten/Probleme auftreten?
"Das Störende" kann jede Abweichung von der realen Entsprechung sein, sei es nun eine der Farbe, Materialeigenschaften, Beleuchtung, Anatomie, Detaildichte, Körnung, Perspektive, Bewegung, Farbtemperatur oder Linsenverzerrung etc. etc.

Deine Frage scheint den Materialien nach auf Visualisierung im Automotive Bereich abzuzielen. Wie fotorealistisch die Darstellung dieser Materialien möglich ist, kannst Du täglich in der Werbung sehen. Da werden schließlich mittlerweile vielfach keine echten Fahrzeuge mehr gezeigt. Ein darauf spezialisiertes deutsches Studio ist z.B. Mackevision in Stuttgart.

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Beitrag von JanSOLO » 11. Sep 2011, 22:55

Das sind meiner Meinung nach mehrere Dinge:

~Das Licht... Das Licht muss, wie schon gesagt wurde, wahnsinnig perfekt sein, um realistisch zu wirken.

~Belichtung... Bei der Belichtung sind die Erwartungen eher gering. Fast jedes Foto ist irgendwo unterbelichtet oder überbelichtet. Das kommt bei Renderings auch vor, alledings muss man da noch oft ein bisschen mit PP nachhelfen

~Reinheit/Perfektionismus... In der Natur ist nichts perfekt, sauber und ordentlich wie man es leicht mit 3D Grafik haben kann. Schon allein absolut parallel liegende Objekte können auffallen. Schmutz, abgenutzte Stellen, Staub und Kratzer muss ich da nicht extra erwähnen.

~Bildqualität... Fotos sind oft verrauscht, verwackelt oder unscharf in manchen Bereichen. Oder Farben werden in Fotos falsch dargestellt. Untersättigt, übersättigt usw. Das muss man zusätzlich in Renderings faken. Des weiteren ist der realistische Eindruck bei Renderings um so größer, je verrauschter dieser ist. Das merkt man bei so manchen unbiased Renderer. In den ersten 10 min beim Rendern sieht das Bild furchtbar realistisch aus. Wenn man über Nacht gerendert hat und am nächsten Tag das rauschfreie Ergebnis ansieht, dann fehlt bei so manchen Renderer der realistische Eindruck und man sagt sich, das hätte man auch mit den einfachen Scanlinerenderer so hinbekommen. Hier ergänzt das Gehirn fehlende Informationen zum Realismus im verrauschten Bild mit seiner Fantasie.

~Specular... Die meisten Renderer können nur fake-Speculares... d.h. die klatschen ein reflektierten Lichtpunkt auf das Objekt. Im Grunde gibt es keine Speculars. Speculars sind Spiegelungen von Lichtquellen. D.h. die Speculars müssen auch die Form und Farbe der Lichtquelle haben und nicht einfach ein scharfer oder matschiger runder heller Punkt auf dem Objekt.

~Materialien und Farbe... Diese Dinge sind nicht ganz so wichtig für den realistischen Eindruck. Man kann als geübter Künstler eine Goldstatue frei aus dem Kopf malen und malt das reflektierende Material so, wie es ungefähr sein könnte. Die verzehrten Spiegelungen auf der Figur können dabei wirklich grob daneben liegen und trotzdem kann man mit diesen Fehlern den Bildbetrachtern den Eindruck von echten Goldmaterial bieten. Und das nur, weil die Bildbetrachter selber nicht wissen, wie genau die ausgedachte Statue in Wirklich exakt spiegeln wird. Genauso kann auch die Farbe von Objekten ein bißchen daneben liegen.

~Tonwerte... Die darf man nicht verhauen wie z.B. die Farbe, um den realistischen Eindruck zu gewinnen. Wenn z.B. ein Objekt im Render vor einen Fotohintergrund nicht realistisch wirkt, dann kann die Ursache sein, dass das Objekt im Vergleich zum hintergrundfoto zu hell, zu dunkel, zu grau oder zu farbig wirkt. Genauso auch mit den Schatten des Objektes.

So... mehr fällt mir erstmal garnicht ein.

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Beitrag von jaymo » 12. Sep 2011, 06:58

JanSOLO hat geschrieben:~Belichtung... Bei der Belichtung sind die Erwartungen eher gering. Fast jedes Foto ist irgendwo unterbelichtet oder überbelichtet. Das kommt bei Renderings auch vor, alledings muss man da noch oft ein bisschen mit PP nachhelfen
Man kann in vielem stark vom Realen abweichen ohne die Glaubwürdigkeit des Bildes zu zerstören, man denke da nur an das extrem grüne Grading in Matrix. Wichtig ist dabei vorallem, dass das für Backplate und eingesetztes CGI-Objekt jeweils gleichermaßen geschieht. Egal wie verfremdet, beide müssen schließlich scheinbar mit ein und derselben Kamera im selben Moment aufgezeichnet wirken. Es muss simpel gesagt alles aus einem Guss sein. Gerade die Simulation der Mängel echter Aufnahmegeräte hilft hierbei oft Reales mit künstlichem zu verbinden (Lensflares, Vignettierung, Körnung, Überstrahlung, Bewegungsunschärfe). Auch räumliche Überschneidung ist da sehr hilfreich, so dass das CGI-Objekt scheinbar von einem echten teilweise überdeckt wird.

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Beitrag von Neox » 12. Sep 2011, 20:45

Welcher Renderer kann denn heutzutage keine Reflektionen rendern und ist gezwungen phong speculars zu rendern?
bonus vir semper tiro

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Beitrag von JanSOLO » 13. Sep 2011, 10:49

Neox hat geschrieben:Welcher Renderer kann denn heutzutage keine Reflektionen rendern und ist gezwungen phong speculars zu rendern?
Das willst du ja gar nicht wissen :P

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