Blender ... und dann?

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beazet
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Blender ... und dann?

Beitrag von beazet » 21. Jun 2011, 14:40

Seit rund eineinhalb Jahren kämpfe ich mich jetzt durch das Thema 3D, und wie vermutlich viele hier auch habe ich mich dabei auf Blender gestützt.

Inzwischen ärgere ich mich aber zunehmend über die kleinen Schrullen Blenders, die Open Source so mit sich zu bringen scheint, wie zum Beispiel die kommentarlos gekippte Kollisionserkennung für Haare, die es unter 2.4x schonmal gab, für die sich jetzt aber offenbar niemand mehr interessiert ... und die Tatsache, dass man, wenn man in der Community nachfragt, allenfalls unwilliges Murren erntet, meist aber einfach nur Schweigen.

Ich bin voller Respekt für die Entwicklungsleistung hinter Blender, aber mit der Haltung, mit der Software halt einfach das zu machen, was gerade geht, und sich im Ausprobieren von Features zu verlieren, die den Entwicklern gerade gefallen, ohne irgend eine Perspektive dafür zu bekommen, wann fundamentale Features vielleicht wieder verfügbar sein werden, kann ich nicht viel anfangen.

Die Frage ist: was dann?

Ich habe momentan keinen Vergleichsmasstab, weil ich mit Blender angefangen habe, und damit keine Ahnung, wie viel Frust über Bugs, Schwächen in der Doku und fehlende Features mich bei der Konkurrenz erwartet ... aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass zügiges, professionelles Arbeiten so ... experimentell aussehen kann, wie es Blender einem (im Moment?) abverlangt.
SideFX Houdini habe ich mir inzwischen in der HD-fähigen Apprentice-Version zugelegt, aber bisher den Aufwand gescheut, nochmal komplett bei Null anzufangen, und mich mühsam nochmal dahin vorzuarbeiten, wo ich mit Blender jetzt stehe. Messiah Studio habe ich ebenfalls, aber auch dort fehlt mir noch die Energie, wieder komplett neu einzusteigen. Das sind ja alles Riesen-Dinger, und die Einarbeitung kostet Monate, wenn nicht Jahre.

Die Autodesk-Produktpalette ist etabliert, und hat daher eine grosse Community, aber so wie ich es sehe, gibt es keine günstige Einstiegsoption für Leute, die keine Studenten mehr sind, deswegen fällt sie letztlich weg im Augenblick.

Was also tun, wenn man in Richtung Charakteranimation und Animationsfilm im allgemeinen möchte?
Houdini scheint ja auch in dem Bereich alles zu bieten, was man sich wünschen kann, von Autorigging-Features, Cloth, Hair bis zu Muskelsim ... aber wie heftig ist die Lernkurve?

Und wohin wird es mit Blender gehen?
Ist mein subjektiver Eindruck falsch, vielleicht nur meiner Unerfahrenheit geschuldet und wird daher bei der weiteren Arbeit mit Blender schwinden,, oder lohnt sich längerfristig der Umstieg auf ein anderes Paket doch, wenn man ... sagen wir, "zielgerichtet" arbeiten möchte?

Sind das Fragen, die die 3D-Fraktion unter euch auch beschäftigen?

Gorm
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Beitrag von Gorm » 21. Jun 2011, 18:16

Also wenn du "3D" in Blender beherrscht wirst du es auch in anderen Softwarepaketen beherrschen. Von Monaten oder gar Jahren der Einarbeitung kann da wirklich nicht die Rede sein. Nach ein paar Wochen Einarbeitungszeit hast du dein altes Niveau sicherlich so gut wie erreicht.
Und noch eine abschließende Binsenweisheit bezüglich der Softwarefrage: Jede Software hat ihre Vor- und Nachteile. Wenn Kollisionserkennung bei Hair für dich ein "fundamentales Feature" ist, dann mag Blender wirklich die falsche Software sein (auch wenn ich da gerade nicht up to date bin bezweifele ich aber mal, dass die wirklich kommentarlos gekippt wurde).
Es lohnt sich sowieso sich Kompetenzen zu erarbeiten die über eine 3D-Software hinausgehen. Es spricht ja auch nichts dagegen verschiedene Software zu kombinieren. Softwarenazis haben in der Regel die Kürzeren ;)
Also sich nicht ärgern, nicht lange rumgrübeln, einfach mal rumprobieren.

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Ionflux
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Beitrag von Ionflux » 21. Jun 2011, 21:12

Software ohne Kinken wirst du nicht finden. Bei Open Source hast du (IMO) wenigstens die Chance, dass deine Anliegen erhört werden bzw. kleine nervige Bugs zeitnah und ohne Kosten fürs Upgrade auf die nächste Version gefixt werden.

Bei kommerzieller Software bist du meistens aufgeschmissen, wenn etwas nicht funktioniert. (Ich lese hier und anderswo z.B. immer wieder von Photoshop-Abstürzen. Für mich käme es nicht in Frage mit einer Software stundenlang zu arbeiten, die ab und an einfach mal abstürzt.)

Letztlich ist die Frage, um welche Kinken du bereit bist "herumzuarbeiten", und welche für dich ein K.O. Kriterium sind. Wenn es dir um Feature Completeness im professionellen Sinne geht, wirst du wohl um eine teure Lösung nicht herumkommen.
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beazet
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Beitrag von beazet » 21. Jun 2011, 23:55

Um meine Zielsetzung etwas zu präzisieren:
ich hatte eigentlich mit der Einarbeitung angefangen, weil ich hoffte, zu meinen Comicprojekten irgendwann mal kleine Animationspendants schaffen zu können - nicht unbedingt sehr lange Clips, mehr "Ergänzungen" im Sinne eines Motion Comics. Der angepeilte Stil ... siehe hier: http://www.thalion-graphics.de/portfoli ... ts-web.jpg. Ich denke, es wird klar, warum ich mich über fehlende Haarkollisionen ärgere, nachdem ich nun ein Jahr lang an Muskelsystemen usw. rumgebastelt habe und naiverweise dachte, dass die schonmal dagewesenen Features irgendwann während meiner Arbeit schon wieder in der Realität aufschlagen würden, da 2.5 sich ja eigentlich nach Upgrade anhört. Nun bin ich langsam durch, habe eine Reihe aufwendig geriggter Charaktere, einige Environments und Ideen, und könnte anfangen zu animieren. Aber Blender erweist sich als unvorhersehbares Pflaster, und die Jungs machen lieber interessante neue Sachen wie Cycles und diverse VFX-Geschichten, statt die Characteranimation-Suite wieder auf den Stand von 2.49 zu bringen (obwohl "Durian" hier doch eigentlich etwas ganz anderes suggeriert hat), und ich darf anscheinend zurück auf Los, keine 4000 Euro einziehen und so weiter.
Es geht nicht nur um Skills, sondern auch um fertige Arbeit, die ich zumindest teilweise verliere, wenn ich die Software wechsle.
Das ist es, was mich frustriert - aber bin ich ja irgendwie auch selbst schuld.

Dass andere Lösungen genauso ihre Tücken haben werden, dachte ich mir (wie auch nicht, bei der Komplexität der Software). Bei Blender habe ich nur momentan das Gefühl, ständig auf ein bewegliches Ziel zu ballern. Das war während der Alphas und Betas von 2.5 okay, aber langsam sollte sich das meiner Meinung nach stabilisieren - wobei dieser Eindruck ja wie gesagt auch meiner Unerfahrenheit geschuldet sein kann. Vielleicht fühlt sich das Thema ja für einen Einsteiger immer wie ein bewegliches Ziel an, egal, welche Software man verwendet ...?

Vermutlich werde ich mich dieser Tage dazu durchringen, Houdini anzugehen. Lesen tut sich die Featureliste wirklich super. Nur verbaut man sich mit der Apprentice-Edition natürlich wieder jede Kommerzialisierung der Arbeitsergebnisse ...

@Gorm:
die Kollisionserkennung ist nicht gekippt im eigentlichen Sinn, aber bis auf weiteres verschoben - eine Roadmap dafür scheint im Moment nicht zu existieren, und wenn man in der Community nachfragt, herrscht Schweigen. Das gibt mir etwas zu denken ...

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Beitrag von Ionflux » 22. Jun 2011, 00:41

Naja, vielleicht hast du bei Blender 2.4 -> 2.5 auch wirklich einen ungünstigen Moment erwischt. Es war ja angekündigt, dass vieles von Grund auf neu gemacht wurde, zum Beispiel die UI und viele Modifier. Außerdem integriert es Python 3.2, d.h. alle Scripte die man z.B. für 2.4 geschrieben hat, funktionieren nicht mehr in 2.5.

Vielleicht ist es dann das beste, vor dem Umstieg abzuwarten, bis sich die neue Version ein wenig etabliert hat. Das Entwicklungstempo ist ja glücklicherweise bei Blender sehr hoch.
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Beitrag von beazet » 22. Jun 2011, 11:27

Dachte ich mir ja auch.
Aber momentan sehe ich immens viel Neuentwicklung (Cycles ...) und jede Menge Communityhype aussenrum, während sich die Anstrengungen bezüglich besagter 2.4x-Features sehr in Grenzen halten. Kann ich natürlich niemandem vorwerfen, aber mein momentaner Eindruck ist, dass es zu den Blender-Spezifika gehört, sich eher einem gewissen Flow zu überlassen und eben das zu machen, was gerade geht, als sich zielstrebig um die Perfektionierung eines bestimmten Bereiches zu kümmern (beispielsweise Characteranimation), mit der Wirkung, dass man sich eben nicht auf bestimmte Features verlassen kann, auch wenn sie in einer Blenderversion mal vorhanden waren, weil es sein kann, dass sie in der nächsten zugunsten irgendeines Experimentes deaktiviert werden.
Da der Teil der Community, der bestimmte Features einfach braucht, weil er zielgerichtet damit arbeitet, eher klein zu sein scheint, fürchte ich, dass das so bleiben wird ... und damit wird es für mich zu einer Art "strategischer" Entscheidung, mich umzuorientieren oder zumindest mehr 3D-Standbeine aufzubauen, auch wenn das mit deutlichem Aufwand verbunden ist.

Konkrete Frage:
hat eigentlich jemand von euch Erfahrung mit Houdini in Sachen Characteranimation sammeln können?

Und was mich da auch interessieren würde: an und für sich wäre "Procedural Modelling" ja ein idealer Ansatz, um Naturszenarien (Wälder, Gebirge usw.) zu simulieren. Hat in dem Bereich mal jemand von euch Houdini verwendet? Wie steil ist die Lernkurve, um den prozeduralen Ansatz so gut in den Griff zu bekommen, dass man damit halbwegs produktiv werden kann?

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Beitrag von Taros » 24. Jun 2011, 07:42

Hi beazet.

Du solltest Dir bewusst sein, in welche Richtung Du gehen willst und ob Du mit der 3D-Software Geld verdienen möchtest. Dir sollte klar sein, welchen Anteil diese Software in Deinem Arbeitsalltag haben soll und was Deine Ausrichtung ist.

Willst Du hauptsächlich animieren, solltest Du nach einer Software suchen, die sich darauf spezialisiert hat und entsprechende Features bietet, Houdini gehört sicher nicht zur ersten Wahl, zumindest wird es nicht in Sachen Charakteranimation genannt. Houdini ist für mich eine FX-Maschinerie. Willst Du die Software für Stills verwenden oder Print oder Architektur, dann solltest Du eher nach dem Zugang zu möglichst guten Renderern schauen.

Es gibt durchaus erschwingliche Programme, wie Cinema 4D oder aktuell Modo, das bei Designern immer mehr angesagt ist und immer stärker wird. Blender ist durchaus ausreichend, wenn man eine bestimmte Grenze nicht überschreitet. Abgesehen davon stimme ich Gorm zu, das man heute nicht nur mit einer Software auskommt.

Ich selber benutze seit Jahren Softimage, aber auch 3D Coat und habe auch schon sehr kurz in zBrush reingeschaut. Angefangen habe ich professionell mit 3DS Max, für mich war damals auch der Preis das Hauptargument für den Umstieg. Nur leider kostet SI heute auch nicht mehr 500 EUR... Der Bereich 3D gehört leider nicht zu den Erschwinglichsten, wenn man sich damit professionell auseinander setzen will.

Schau Dir verschiedene Lösungen an und frage in den jeweiligen Usergemeinden, wie die Erfahrung mit den Funktionen ist, die Du in Zukunft nutzen willst. Nimm Dir die Zeit, vor allem, wenn Du Dir die Software auch wirklich kaufen willst. Wenn Du Houdini magst und es schon erworben hast, dann ist es richtig sich damit stärker auseinanderzusetzen. Versuche alles rauszuholen, kommst Du an die Grenzen, dann schau was wo besser geht. Oder arbeite mit Menschen zusammen, die die jeweiligen Tools beherrschen. So sparst Du Zeit und kriegt gleich die richtigen Ergebnisse, von der Teamworkerfahrung ganz abgesehen.

Best wishes
Chris
--- Die Kunst beginnt, wo der Verstand endet ---

Freelance CG Artist | Offizieller Tutor für 3D Coat
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Beitrag von beazet » 26. Jun 2011, 11:33

Danke für den guten und ausführlichen Rat, Chris!

Momentan kann ich überhaupt nicht einschätzen, ob ich eine reelle Perspektive habe, mit 3D auch mal Geld zu verdienen - die Dinge sind da ein wenig im Fluss (auch in meinem Kopf). Ich sehe, dass der Weg steinig ist, und die Konkurrenz hart. :)
Wenn es sich tatsächlich so entwickeln sollte, wäre es wie schon gesagt die Animation in Film/Medien, die mich anziehen würde, und nicht beispielsweise Produkt- oder Architekturvisualisierung. Games sind nicht mein Ding, daher scheidet dieser Zweig auch mehr oder weniger aus.

Was die Zusammenarbeit mit anderen betrifft: der Rat ist gut (die Idee hatte ich auch schon), aber wenn man erst mal von der Uni weg ist, gar nicht mehr so einfach umzusetzen, weil die entsprechenden Netzwerke nicht mehr "einfach so" greifbar sind.

Na ja, demnächst habe ich ein wenig Zeit, wie es aussieht. Da geht es dann einfach mal los mit der Evaluiererei. :)

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