Hab leider grad keine Zeit für ein aufwendigeres OP - und mit wenigen Strichen ist da ja nicht wirklich was zu reissen.
Also nur rein textliche Anmerkungen. Oleg hat wichtige Punkte angesprochen, vor allem, was das ßberladene angeht. Du machst Dir die Sache selbst sehr schwer, indem Du extrem viele
unwichtige ßberschneidungen im Bild unterbringst. Als erstes, auch um Dir selbst die ßbersicht zu erlechtern, solltest Du die geblurrten Gitter-Konstruktionen im Vordergrund wegnehmen. Die kannste ja ganz zum Schluß noch wieder reinpacken, aber momentan stören sie nur beim Denken/Analysieren. Du hast haufenweise komplizierte Sachen da: Erstens vier verschiedene Lichtquellen:
1. Blauer Himmel, der durch's Fenster scheint
2. Helles, warmes Licht, daß vorn auf den Fußboden strahlt
3. und 4. die beiden Leuchter.
Allein zu entscheiden, wie weit sich das blaue Himmelslicht gegen das gelbe Vordergrundlicht dort durchsetzen soll, wo die Dinge im Schatten liegen, wäre für mich schon ein Job, der mich zur Verzweiflung treiben würde.
Dazu hast Du dann noch die Architektur: das runde Fenster und die runde "Arena" im Vordergrund. Dazwischen die eckigen Stufen, die geschwungen Füße der Leuchter, die eher ungemütlich hart wirkende Chaiselongue. Obendrein die stuckartigen Verzierungen um das Fenster herum, und noch Säulen und... Ach ja, die Gitter-Konstruktionen im Vordergrund.
Nicht nur diese Objekte überschneiden einander, Du hast auch noch harte Licht-und-Schatten-Formen, die selbst schon eine Art Objektcharakter bekommen, und die überschneiden sich dann auch nochmal. Im letzten Bild hast Du den Wächter und den Gefangenen weggelassen - die kommen also noch obendrauf, müssen Objekte überschneiden oder sich überschneiden lassen... Ach ja, das Fenster ist noch unterteilt, und die Unterteilungen werden auch wieder von der Frau und ihrem Sofa überschnitten - und so entstehen Hunderte von kleinen Einzelformen, die ja im Idealfall alle
gut aussehen sollten. Stichwort: Negativform.
Oleg hat schon mal eine sehr wichtige Vereinfachung vorgenommen: die beiden Leuchter/Kandelaber wurden entsorgt. Finde ich eine gute Idee, denn das bißchen Licht, was diese Funzeln eher verströpfelten als ausstrahlten, ist für die Bildwirkung völlig irrelevant.
Da sparst Du Dir dann ihre Auswirkungen auf die sie umgebende Architektur.
Dann hat er das leuchtende Fenster wirklich leuchtend gemacht. Dein letzter Post zeigt mir, daß Du wahrscheinlich nicht in diese Richtung gehen willst. Meine Einschätzung Deiner Absicht: Du möchtest, daß die Dame da in einem Dämmerlicht sitzt, nicht wirklich exakt zu erkennen, diffus, geheimnisvoll...
Aber dieses Geheimnisvolle und Diffuse paßt nicht damit zusammen, daß sie nun mal vor der zentralen Lichtquelle sitzt. Das ist ein Widerpruch, den Du nicht dadurch auflösen kannst, daß Du die Leuchtkraft des Fensters runterdimmst und den Raum dunkler und kontrastärmer machst. Wenn sie schwer auszumachen sein soll, dann muß sie vor einem Hintergrund sitzen, der sie verschwinden läßt, nicht einem, der sie nach vorne drängt.
Was mich noch stört - auch wenn es eher eine Frage des persönlichen Geschmacks ist - das ist die symmetrie des Ganzen. Der Fensterkreis sitzt genau mittig auf der vertikalen Bildachse, und entsprechend sind auch die Kandelaber, Säulen usw. usf. symmetrisch zu den Bildseiten. Durch das Arrangement der Frau und des Wächters (sowie der assymetrischen Licht-Form auf dem Boden) brichst Du die Symmetrie aber so gewaltig auf, daß sie unnötig wird.
Ich meine: Entweder hat man eine Symmetrie im Bild, die nur leicht gebrochen wird. Dann ist der Bruch der Symmetrie ein "point of interest", und die formale Symmetrie macht sozusagen inhaltlichen Sinn, weil sie den Blick dorthin focussiert.
Oder man vermeidet Symmetrie, weil sie immer langweilig ist.
Denn wenn man die Symmetrie stark bricht, dann hat die Symmetriebrechung keine blicklenkende Wirkung mehr. Insofern bekommt man bei der stark gebrochenen Symmtrie alle Nachteile (langweilige Gleichmäßigkeit), ohne die Vorteile (Blicklenkung) zu gewinnen.
p.s.: Hatte mir die ganzen Kommentare nicht durchgelesen, kann also sein, daß manches längst schon geklärt war.
Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muß auch unfähig sein, sie auszudrücken.