Selbstständige sollen mehr zahlen

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FastArt
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Selbstständige sollen mehr zahlen

Beitrag von FastArt » 14. Mai 2012, 11:07

Mal durchlesen und die Petition gegen die Reglung unterstützten:
Bericht

Man sollte sich auf jedenfall mal auf der Petitionen-Seite anmelden und sich auch mal so umschaun. Da sind sicher viele Dinge die einen noch interessieren:
Deutscher-Bundestag-Petition

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Duracel
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Beitrag von Duracel » 14. Mai 2012, 11:46

dies wäre der Direktlink https://epetitionen.bundestag.de/index. ... 35;sa=sign


Wobei anzumerken sei, dass dieser Gesetzesentwurf nicht Illustratoren betrifft, die über die KSK versichert sind.
Was nicht heißt, dass die Petition nicht ihre Berechtigung hat.
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

Steven
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Beitrag von Steven » 14. Mai 2012, 11:57

Und rein vorsorglich hier Links die erläutern wer eigentlich in die KSK muss/müsste
IO-Erläuterung
Das sagt das Künstlersozialversicherungsgesetz
Das sagt die Künstlersozialkasse

Picaresque
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Beitrag von Picaresque » 14. Mai 2012, 14:34

Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass die KSK dann sagt, dass sie auch auf einen Pauschalbetrag statt prozentual nach Einkommen umsattelt, oder? Könnte ich mir zumindest vorstellen...

Steven
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Beitrag von Steven » 14. Mai 2012, 15:30

Ja es ist generell möglich, dass auch für derzeit über die KSK in die gesetzlichen Krankenkassen- und Rentenversicherungsbeitragszahlende Selbstständige auf pauschalbeträge gewechselt wird. Es ist nur nicht ganz so einfach und es liegt nicht im Ermessen der KSK.
Die KSK stellt erstmal lediglich anhand der durch das KSVG gesetzten Richtlinien die Versicherungspflicht fest oder nicht.
Wird die Versicherungspflicht festgestellt berechnet die KSK anhand des im KSVG beschriebenen Schlüssels und den individuellen Angaben des zu Versicherten die Beitragshöhe.
Der Schlüssel im KSVG bezieht sich auf den allgemeinen Beitragssatz gesetzlicher Krankenversicherungen, der im Sozialgesetzbuch festgeschrieben ist.
Der allgemeine Beitragssatz kann nur durch den Gesetzgeber geändert werden.

Die KSK kann selbstständig keine Gesetzesänderung durchbringen, eine plötzliche Änderung der Beitragsbemessung ist also nicht zu erwarten.
Es ist aber möglich, dass die Parteien aus welchen Gründen auch immer im Zuge oder im Nachhinein dieses Entwurfes, eine Veränderung des Sozialgesetzbuches anstreben, die zur Folge haben könnte, dass für Selbstständige ohne Ausnahme, pauschale Beiträge gelten.

Möglich ist es.
Sollte es irgendwann dazu kommen werden vermutlich viele Selbstständige sich innerhalb kürzester Zeit zu Geschäftsführern einer GmbH machen, mit niedrigem Gehalt und damit niedrigen Sozialversicherungsabgaben.

Picaresque
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Beitrag von Picaresque » 14. Mai 2012, 16:45

ah okay, das ist zumindest zum Teil beruhigend.
Aber wer weiß, vielleicht denken sie irgendwann, es fehlt immer noch zu viel Geld in den Rentenkassen und dann ändern sie noch irgendwas. Aber mal schauen.

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Beitrag von beazet » 19. Jun 2012, 12:36

"Falls doch werden sich die Selbstständigen schon anpassen, was bleibt denen auch übrig."

Ist das jetzt die Naivität der Jugend, der Zynismus des Alters, oder einfach nur deutsche Obrigkeitshörigkeit? Ich komme nicht ganz umhin, jemandem, der sich so entspannt zu einem solchen Thema äussert, mal ein paar Schwierigkeiten an den Hals zu wünschen, in der Hoffnung, dass er eines Tages geläutert daraus hervorgehe ...

Wenn diese Regelung so kommt, wie sie angedacht ist, wird sie jede Menge Selbständiger in die Insolvenz treiben, und noch mehr in ihrer Handlungs- und Entscheidungsfreiheit einschränken ... warum soll man das einfach hinnehmen, zumal schon die VdLsche Begründung "Gerechtigkeitslücke" auf beiden Beinen hinkt, wenn das Rentensystem jedes Jahr durch massive Steuerzuschüsse mitfinanziert werden muss - also auch durch die Steuern der bösen, gesellschaftsschmarotzenden Selbständigen.

Es ist wirklich nicht (mehr) die Zeit, sich den Unsinn, den Politiker mit einem merkwürdigen Verständnis der Rolle, die sie in einer Demokratie eigentlich zu spielen haben, in einem fort ausbrüten, einfach mal so anzuhören und geschehen zu lassen.

Das sind nicht unsere Vorgesetzten, sondern unsere Angestellten!!!!

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Beitrag von WhiteLady » 20. Jun 2012, 09:15

Gut gesprochen, beazet! :thumb:

ErichSchreiner
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Beitrag von ErichSchreiner » 20. Jun 2012, 13:03

Eine GmbH ist ja auch eine echte Alternative
Genau, da freut sich der Durchschnitts-Kleine-Selbständige_Illustrator ganz besonders, wenn er jedes Jahr einen fetten Abschluss für die GmbH vom Steuerberater bezahlen darf. Weil das selber zu machen kann man vergessen. Das geht vielleicht gerade noch bei der EÜR, aber bestimmt nicht mehr bei der GmbH.

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Beitrag von beazet » 20. Jun 2012, 17:25

... na, ist doch toll: da werden also einige Branchen richtig aufblühen, wenn VdL zulangt: Steuerberater, Versicherer ...
Schon echt amüsant zu sehen, wer in der Diskussion welche Position bezieht. Bei Xing wird auch drüber geredet, zB hier, und - big surprise - irgendwie sind alle, die vehement auf sozialer Gerechtigkeit pochen und die Zwangsversicherung unbedingt sinnvoll finden, mit der Versicherungsbranche liiert.

Was für eine Banananrepublik.

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Beitrag von Tobias-M » 23. Jun 2012, 16:15

Ich bin ehrlich gesagt etwas zu blöde, das Gesetz und die Abwägungen dahinter im Detail zu verstehen, aber im größeren Kontext gesehen überraschen mich derartige Abgabenpläne wenig.

Wir leben in einem Land, das seit Jahrzehnten einen steigenden Schuldenstand, eine sinkende Bevölkerungszahl und immer älter werdenden Einwohner vorzuweisen hat.

Deutschland ist längst nicht so stark, wie es von vielen gemacht wird. Die Fassade schaut dank der Leistung vergangener Jahrzehnte und Schuldenmacherei von heute noch ganz nett aus, doch im Gebälk sitzt längst der Wurm, und das Fundament wird unterspült.

Ob man jetzt diese Petition unterzeichnet oder sich n Ei pellt wird daran wenig ändern. Langfristig wird die monetäre und demographische Dynamik uns alle erwischen und unsere Gesellschaft auf immer verändern.

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Beitrag von Kobar » 23. Jun 2012, 18:36

Spielverderber :doh:
"Ratschläge erhalten sie von Mikes Großvater, der aus dem Jenseits per Hologramm mit ihnen kommuniziert."

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Beitrag von buki » 24. Jun 2012, 01:36

Solange Euer sogenanntes Spiel Kapitalismus heißt, ist das ein Ehrenwerter Titel (::
Alle Farben für alle!

Thorsten
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Beitrag von Thorsten » 24. Jun 2012, 18:45

Tobias-M hat geschrieben:Wir leben in einem Land, das seit Jahrzehnten einen steigenden Schuldenstand, eine sinkende Bevölkerungszahl und immer älter werdenden Einwohner vorzuweisen hat.
Sorry, diese dumpfe Propaganda bekomme ich jetzt schon seit Jahrzehnten von den selbsternannten Qualitätsmedien eingetrichtert, und auch die öffentlich-rechtlichen Medien, die sich inzwischen praktisch völlig ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag verweigern, fallen seit einigen Jahren mit lautem Gekreische ein. Das brauch ich nicht hier auch noch.

Seit Jahren leidet Deutschland an einer sinkenden Bevölkerungszahl. In 50 Jahren ist Deutschland ausgestorben. Wissen wir. Die Zahl ist eine Konstante, die wohl mit dem Maya-Kalender zusammenhängt. Schon im Jahre 1930 wussten unsere Wissenschaftler, dass Deutschland bis zum Jahr 1980 ausgestorben ist. Eine Tatsache, die schon die Nazis für sich zu nutzen wissen. Schaun wir uns das mal an:

Bild

Da sieht man direkt, wir wir aussterben. Da, schon wieder einer tot.

Und wir werden immer älter? Ja klar, jedes Jahr um ein weiteres. Die Lebenserwartung ist nun wirklich nicht das Problem, selbst wenn man deren Steigen nicht wie ich anzweifelt (mal daran gedacht, dass Hartz4 die Lebenserwartung der Betroffenen bereits jetzt schon um Jahre gesenkt hat?; oder an die sinkende Qualität des Gesundheitssektors durch Kommerzialisierung?; oder, dass der Klimawandel vor allem die Jungen und die Alten treffen wird?).

Zum Vergleich mal ein paar Zahlen des statistischen Bundesamts: Der Anteil der 20-60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung betrug 2000 55,3 Prozent. Ebenso im Jahre 2009. Für das Jahr 2020 hat man einen Anteil von 52,4 % errechnet. Die weiteren Projektionen gehen bis ins Jahr 2060 bei einem Anteil von 45,1 Prozent - ups, sind wir da nicht ausgestorben? Das statistische Bundesamt schätzt die Bevölkerungszahl auf dann 70,1 Million. Natürlich ist das nur ein Rechenspielchen, aber stellen wir uns mal vor, dieser errechnete Anteil gelte schon für das Jahr 2020. Wäre das wirklich der Horror? Der Anteil der 20-60-Jährigen lag im Jahr 1970 übrigens noch bei exakt 50 Prozent.

Und kommt es wirklich darauf an, wie viele Bäcker den Kuchen backen? Oder nicht vielmehr, wie groß der Kuchen ist, von dem wir alle leben sollen. Schauen wir uns das Wachstum des Kuchens doch einfach mal an:

Bild

Der Kuchen ist verdammt groß geworden. Eigentlich sollte sich jeder davon fett und rund fressen können, selbst wenn die Reichen sich ihr ebenfalls entsprechend größer gewordenes Stück genehmigen würden. An Deiner Stelle würde ich mir mal die Frage stellen, warum für Dich, nachdem sich die Handvoll Superreichen ihren bescheidenen Anteil genommen haben, trotzdem nur noch ein paar Krümel übrigbleiben, um die Du Dich noch mit ein paar zig Millionen anderen balgen musst.

Und frage Dich einmal, wieso der deutsche Staatsapparat (nicht das superreiche Deutschland!) überhaupt verschuldet ist. Wäre es nicht sinnvoller, die Reichen mal wieder vernünftig zu besteuern, anstatt sich das Geld von ihnen gegen Zins und Zinseszins zu leihen?

Nein, Tobias, ich halte Dich nicht für etwas zu blöde, aber ich denke, Du lässt Dich für dumm verkaufen. Bitte wach auf. Es macht mir mittlerweile Angst, wie sehr Propaganda und Demagogie bereits in unserem Land das Denken verändert hat.

Steven
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Beitrag von Steven » 24. Jun 2012, 23:50

Danke Thorsten, ich hatte gestern mehrfach angefangen ähnliches zu schreiben, konnte mich jedoch bei weitem nicht so prägnant äußern und verlor schnell die Motivation es weiter zu versuchen.

Ich versuche seit geraumer Zeit für mich die Zusammenhänge zwischen BIP, Bevölkerungsentwicklung, Beschäftigungsentwicklung, Gini-Index, Staatsverschuldung und gesamtwirtschaftlichem Angebot zu entschlüsseln, bin damit aber definitiv überfordert - spätestens wenn ich versuche das bisschen das ich mir habe aufdröseln können, anderen zu vermitteln.
Konjunkturentwicklung und Gini-Index in Beziehung gesetzt z.B. wird offenbar, dass wohlhabende Personen in guten Konjukturjahren ihr Vermögen um ein vielfaches vergrößern können während geringe bis mittlere Einkommensschichten nur marginale Verbesserungen erreichen. Ist ja auch logisch, da die unteren Einkommensschichten ihr Vermögen großteilig zur Lebenserhaltung investieren müssen und nur theoretisch frei über ihr Vermögen verfügen. Interessant auch wie wenig Einfluss die Arbeitslosenquote auf die Exportquote hat. Und und und...

Über derartiges nach zu denken sowie die Verfolgung tagespolitischen Geschehens frustriert mich aber zunehmend. Ich bin nur noch ein Schulterzucken davon entfernt den Kopf in den Sand zu stecken.

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Duracel
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Beitrag von Duracel » 26. Jun 2012, 18:18

Ich verfolge die Beiträge mit viel Interesse!

Spannend finde ich auch - geht man nach den Medien, haben alle immer nur Schulden.
Die Griechen sind überschuldet, das Deutsche Volk zahlt auch jährlich Unsummen allein an den Zinsen irgendwelcher Schulden. Nur irgendwie scheint nie jemand dieses Geld zu bekommen. Schaut man genauer hin, tritt aufmal Deutschland als Gläubiger der Griechen auf; die Deutschen Staatsschulden tragen aber u.a. die diversen Banken aber deren Geld gehört ja wiederum nicht den Bänkern(bzw. nur ein Bruchteil), oder sind ominöse Auslandsschulden[http://www.staatsverschuldung.de/glaeubiger.htm] ... dieses Ausland hat dann aber wiederum Auslandsschulden in Deutschland und wir drehen uns im Kreis.

Wer steht also am Ende der Fahnenstange, wem fließt eigentlich das ganze Geld am Ende zu!?

Mein persönliches Verständnis/Fazit ist bisher: jeder Deutsche trägt im Schnitt über Staatsschulden eine Schuldenlast von ca. 20.000 Euro; wer demnach ein Privatvermögen von über 20.000 Euro besitzt, der schwimmt oben, der ist Gläubiger.
Steven gehört zu den Bösen, ich bin irgendwo auf der Kippe, und der Depp, der sich ein Auto auf Pump kauft, ist ein Grieche[im übertragenen Sinne].
Ziel ist, woran kein Weg vorbeiführt.

Thorsten
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Beitrag von Thorsten » 27. Jun 2012, 18:56

Die 20.000 EUR pro Kopf kommen hin. Und es ist tatsächlich faszinierend, wie sehr unsere Qualitätsjournaille es vermeidet, dem Soll das Haben gegenüber zu stellen. Als zuletzt im September letzten Jahres die Zahlen auf den Tisch kamen, war allerdings der Jubel groß. "Sparweltmeister Deutschland - Privates Geldvermögen steigt auf Rekordniveau" titelte zum Beispiel die FTD. Im Vokabular unserer Kanzlerin für Agitation und Propaganda nennt sich das "über unsere Verhältnisse gelebt". Die FAZ berichtete: "Das Geldvermögen der Deutschen ist 2010 abermals gestiegen und erreicht mit gut 60.000 Euro je Einwohner einen neuen Rekordwert. (...) Immobilienbesitz wird hiebei nicht berücksichtigt, sondern nur Vermögen in Wertpapieren, Versicherungen und auf Bankkonten." Interessant auch: "Auch die Einwohner von hochverschuldeten Staaten wie Belgien und Italien haben deutlich mehr Geldvermögen als ihre Staaten Schulden und sind zudem im Durchschnitt reicher als die Deutschen.". Noch reicher, möchte ich da hinzufügen.

Übrigens, auch nicht drin sind dabei die geschätzten 300 Milliarden EUR, die durch einen Wohnsitzwechsel mehr oder weniger legal ins Ausland geschafft worden sind. Ich möchte nicht wissen, wie viele Hochleistungsträger ein bescheidenes Leben in einem monegassischen Briefkasten fristen. Nicht drin sind auch die von gnadenloser Staatsverfolgung gestressten Gelder, die einen verdienten Erholungsurlaub in Paradiesen wie der Schweiz, Liechtenstein oder den Bahamas machen. Das sind, je nach Schätzung, 30 bis 100 Milliarden. Pro Jahr.

Ich möchte die Verhältnisse in Griechenland nicht schönreden. Das waren ziemlich widerliche Verbrecherbanden an der Spitze des Staates - die selben Verbrecherbanden übrigens, die nach wüsten Drohungen der EU, insbesondere von unserer Kanzlerine, wieder in Amt und Würden sind. Da hat der Kleber vom Heutejournal sich im Namen des gesamten Geldadels Europas den Schweiß von der Stirn gewischt: "Das Schlimmste wurde gerade noch abgewendet!" Das Schlimmste für wen?

Aber die Probleme und den extrem gestiegenen Schuldenstand hat Griechenland, da sind die Zahlen eindeutig, einzig und allein der Rettung der Banken zu verdanken. Und die hatten sofort das Blut gerochen. Wenn Deutschland sich mit 7 Prozent Jahreszins refinanzieren müsste, wäre es genauso bankrott. 7 Prozent wegen eines Risikos, das die Banken gar nicht tragen. Und wir wissen ja alle, 7 Prozent sind für Banken ja schon gar nicht mehr der Rede Wert, es müssen schon 25 Prozent per anno sein. Mit Zins und Zinseszins sind das eine Verdopplung des Einsatzes alle 2,8 Jahre. Alle 2,8 Jahre muss mehr rauskommen als alle Jahre zuvor zusammen. Absoluter Wahnsinn.

Und das erreicht man, indem man nicht nur das eigene Geld verwendet, sondern sich mit billig geliehenem Geld bis zum Rand aufpumpt. Die leihen sich das Geld billig von der EZB für 1 Prozent, und geben es Griechenland für 7 Prozent weiter. Jetzt darf man aber nicht fragen, warum die EZB nicht das Geld direkt für 1 Prozent an Griechenland weitergibt, die Mittler und Kriegsgewinnler ausschaltet und letztlich damit alle Probleme löst. Um Gottes Willen! Wissenschaftler haben festgestellt, dass dies zu schweren Erosionen in der Erdkruste führen würde, durch die dann Karl Marx, von einer Schwefelwolke getragen, aus dem Erdboden aufsteigen und dann als Untoter eine Schneise der Zerstörung hinter sich herziehen würde. Und das kann doch niemand wollen. Oder so ähnlich.

Stattdessen wird die Notlage ausgenutzt und Griechenland ausgeblutet. Geschächtet, sozusagen. Die Krise ist keine Naturkatastrophe. Sie ist von Menschen gemacht, und willentlich und bewusst herbeigeführt.

Ich muss die ganze Zeit an ein Buch denken, das die kanadische Journalistin Naomi Klein vor 5 Jahren geschrieben hat: "The Shock Doctrine". Die gehen wie nach dem Lehrbuch vor. Da geht es mir ähnlich wie Steven. Ich steh daneben und fühle mich so gottverdammt hilflos.

Tut mir leid, wenn ich etwas vom Thema abgewichen bin. Aber eigentlich bin ich das ja gar nicht. Es gehört einfach alles zusammen.

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coodle
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Beitrag von coodle » 27. Jun 2012, 22:58

Sehr interessanter Thread.
Mal zu Bevölkerung in D:
Ich kenne die Prognosen direkt von den Webseiten des Bundes zur demographischen Entwicklung und dort werden die von den Medien verbreiteten Ansagen bzgl. Bevölkerungsschwund und Überalterung wirklich so prognostiziert.
Ob das so eintreten wird usw. ist fraglich, aber die Medien verbreiten eigtl. ziemlich genau die Pressemitteilungen des Destatis.

Bzgl. Schulden/Kapitalismus/Staatsbankrott etc. kann ich euch in den meisten Punkten nur zustimmen. Allerdings ist das, neben den vielen anderen negativen Faktoren wie Umweltzerstörung und Schaffung von extremer Armut, der Preis für "ewiges" Wachstum. Was Gegenmittel betrifft: Christian Felbers Idee der Gemeinwohlökonomie find ich z.B. einen sehr interessanten Ansatz für mehr Nachhaltigkeit. Allerdings wird sich dieser noch in einer realen Wirtschaft sehr anpassen müssen, jedenfalls wenn es nach dem derzeitigen System geht.
viva la animacion

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schlummi
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Beitrag von schlummi » 30. Jun 2012, 02:28

Jetzt darf man aber nicht fragen, warum die EZB nicht das Geld direkt für 1 Prozent an Griechenland weitergibt, die Mittler und Kriegsgewinnler ausschaltet und letztlich damit alle Probleme löst.
Ach, so ein Quatsch! Sorry, diese dumpfe Propaganda finde ich genau so widerlich. Bevor die Griechen an Euro durften, zahlten sie 4-6% und waren permanent mit der Abwertung beschäftigt. Mitm Euro haben sie fast genau den deutschen Zinsensatz gekriegt. Rund die Hälfte damals. Haben sie sich bemüht die Situation zu Gemeinwohl zu nutzen? Die haben sich zu neuen Zinsen wie verrückt verschuldet bis sie jetzt nie mehr für Zinsen aufkommen können. Brauchen sie jetzt Geld um ihre Schulden zu tilgen? Wo denn, sie wollen zu niedrigerem Zinsensatz neue Schulden aufnehmen. Die Menschen haben die Eigenschaft ihre Realität sich selbst zusammenzuträumen bis es mit Wirklichkeit kollidiert. Nicht schlimm. Die beste menschliche Eigenschaft ist sich dann wiederum anpassen zu können. ;)
Und auf die Banken zu schimpfen finde ich auch bissl schäbig. Sie machen ihr Job. Kaufen sie die Staatsanleihen, verschulden sich die Staaten weiter und weiter. Kaufen sie keine Staatsanleihen, sind sie "die böse Märkte, die kein Verständnis für politische Notwendigkeiten" haben. Wer soll jetzt der Dumme sein? ;)
Du parkst doch auch Deine Kohle auf Tagesgeldkonto? Wo sollen alle die guten Zinsen her kommen? Ich möchte auch nix schönreden doch die Kapitalismuskritik geht an der Wirklichkeit vorbei, denn in einer kapitalistischer System kann jeder pleite gehen. Wird der Hirsch zu fett oder zu entspannt da freuen sich die Wölfe.
Man sollte sich ernsthafte sorgen wegen USA machen, weil ausgerechnet die Guten weichen ihre "kapitalistische" (Selbst)Kontrolle auf. Die Esso-tankstellen sind die klägliche Reste von Rokefellers systemrelevantem "Standard Oil". Wurde zu gross und wurde so zerlegt, dass es jetzt ruhig pleite gehen kann. Genau wie AT&T. Warum lassen sich die USA plötzlich von einer Branche erpressen hab ich noch nicht kapiert... :?

btw @GmbH ist ne geile Idee. Schliesslich hat ja jeder die putzige ~24k Euro rumliegen, die zu "Caution" hinterlegt werden sollen? Zzgl. stabilen Umsätzen, dass man monatlich sein eigenes Gehalt mitsamt Sozialbeiträgen locker überweisen kann. Ist ja nicht der Rede wert... :D

btw2 ...und wenn man weniger als gesetzliche Bemessungsgrenze von ~4,7k bezahlt, wird man auch noch gesetzlich pflichtversichert? yeeee... :D

beazet
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Beitrag von beazet » 1. Jul 2012, 12:32

Du parkst doch auch Deine Kohle auf Tagesgeldkonto? Wo sollen alle die guten Zinsen her kommen? Ich möchte auch nix schönreden doch die Kapitalismuskritik geht an der Wirklichkeit vorbei, denn in einer kapitalistischer System kann jeder pleite gehen. Wird der Hirsch zu fett oder zu entspannt da freuen sich die Wölfe.
Es ist aber wichtig, sich ab und zu dran zu erinnern, dass sich Gesellschaften ("Staaten") nicht gründen, um irgend einer Ideologie zu genügen, sondern um ihren Mitgliedern Vorteile zu bieten. Funktioniert das nicht mehr, ist es Zeit, über die Regeln nachzudenken, die diese Gesellschaften sich gegeben haben - sprich: wir sollten uns nicht für den Kapitalismus verbiegen, sondern den Kapitalismus zurechtbiegen, bis er passt!

Banken sind an der Misere nicht unschuldig und erfüllen nicht einfach ihre Pflicht, sondern treten als aktive Akteure auf, die massives Eigeninteresse mit der Vergabe von Krediten und dem Verkauf ihrer Finanzprodukte verfolgen - deren provisionsgetriebene Drückerei ist schon eindeutig mitschuldig am Umgang der "Kunden" mit dem Thema Verschuldung insgesamt (auch auf individueller Ebene).

Man muss auch irgendwann mal die Frage stellen, inwieweit es sinnvoll sein kann, Privatunternehmen zu erlauben, an jeder Form von Kapitaltransaktion mitzuverdienen, damit das staatliche Privileg der Steuererhebung quasi teilweise abzutreten und ihnen eine derartige systemische Bedeutung und Machtfülle zu erlauben, dass sie unbedingt "gerettet" werden müssen, wenn etwas schiefläuft.

Ich denke, dem Kapitalismus müssen ganz klar Zügel angelegt werden, und das endlose dogmatische Geschwurbel über die "Freiheit des Kapitals" und die "Intelligenz der Märkte" muss enden - nur so können die Bürger der Staaten ihre Selbstbestimmungsmöglichkeiten wieder zurückgewinnen (... allerdings muss eine Mehrheit erstmal kapieren, dass sie diese Möglichkeiten zunehmend abgibt, im Tausch gegen kreditbefriedigtes, dumpf-materielles "Haben-wollen").

Wir existieren doch nicht für die Wirtschaft! Sondern die existiert für uns, verdammt nochmal!

Tobias-M
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Beitrag von Tobias-M » 1. Jul 2012, 17:45

Hallo, Thorsten,

vielen Dank für Deinen Einwurf – ich habe mir die von Dir ins spiel gebrachten Statistiken genauer angesehen:

http://www.bpb.de/wissen/1KNBKW,0,0,Bev ... uktur.html

Darin sieht man, dass der Anteil der über Sechzigjährigen, also i.d.R. nicht mehr erwerbstätigen Rentner, die von den nachfolgenden Generationen unterhalten werden müssen, von 1960 bis heute von 17,4 auf heute 25% angewachsen ist. Projiziert wird ein weiterer Anstieg auf fast 40%.
Graphisch aufbereitet sieht das dann so aus:

https://www.destatis.de/bevoelkerungspyramide/

Man dank Drop-Down-Menü sehr gut, wie er "dicke Blob", also eine gewisse Masse der Bevölkerung, der in den 60ern noch im Bereich der Unter-Zehnjährigen lag, langsam aber sicher nach oben wandert, während unten immer weniger nachkommt.
Dieser dicke Blob wird in 10 Jahren im Schnitt 55 Jahre alt sein.
Mittelfristig bleibt also zwar tatsächlich wie Du sagst das Gros der Bevölkerung noch im Rahmen der Altersgruppe 20-60; qualitativ betrachtet muss man allerdings feststellen, dass diese Gruppe im Schnitt immer älter wird.
Ab ca. 55 Jahren steigen die Gesundheitskosten ziemlich rasch an. Die bei weitem höchsten Kosten entstehen im letzten Lebensjahr.

http://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnung ... keitsrente

Mit anderen Worten: In spätestens 15 Jahren werden die Kosten unseres Gesundheits-, Renten- und Pflegesystems rasch ansteigen, während zugleich weniger arbeitende Menschen zur Verfügung stehen, diese Kosten zu tragen.
Ich glaube nicht, dass dieses Problem lösen kann, indem man auf ein gestiegenes BIP hinweist. Das Problem als solches ist ja trotzdem da und geht auch nicht weg.

Es stellt sich die Frage, wie sich Deutschland als Volkswirtschaft strategisch verhalten wird.
Mögliche Optionen wären:

1 - Man erhöht die Versicherungskosten oder Steuern für die Erwerbstätigen – wie eben durch die Abgabe, die jetzt diskutiert wird. Problem: Geht nur bis zu einem gewissen Punkt, ohne die Erwerbstätigen auszubluten
2 - Man erhöht Steuern für angesammeltes Kapital (Renten, Grundbesitz, Aktien…). Problem: Es wird nachträglich etwas genommen, was die bürgerliche Mitte glaubte, erwirtschaftet zu haben. Unterminiert die Glaubwürdigkeit unseres Staates bei der ihn tragenden Schicht
3 - Man findet technologische Innovationen – Stichwort japanische Pflegeroboter. Problem: Energetisch sinnvoll? Psychologisch vertretbar?
4 - Man findet organisatorische Innovationen – Möglicherweise gibt es Pflegeeinrichtungen, die bei verringertem Mitteleinsatz dennoch ihre Qualität bewahren oder sogar steigern. (Beispiele: Alten-WGs? Deutsches Altenheim in Vietnam?)
5 - Man kürzt Renten- und Pflegeleistungen – Problem: Voraussichtlich sinkende durchschnittliche Lebenserwartung.
6 - Man schafft Initiativen für das Bevölkerungswachstum – siehe bezahlte Elternzeit wie jüngst eingeführt. Problem: Hilft wenn überhaupt nur sehr sehr langfristig.
7 - Man wirbt offensiv Menschen aus anderen Nationen an, um das mangelnde Bevölkerungswachstum auszugleichen. Problem: Soziale Verwerfungen.
8 - Man verändert die Zusammensetzung unserer Volkswirtschaft hin zu einem Modell, das von einer sinkenden Bevölkerungszahl eher unabhängig ist – die Briten haben z.B. einen internationalen Finanzsektor aufgebaut. Problem: Machbarkeit, langfristige Tragfähigkeit.
9- Man errichtet internationale Hilfsbündnisse – kurz: Andere Nationen helfen durch finanzielle Transfers, unsere Situation abzumildern. So könnte sich die EU als Transfer- und Fiskalunion sich als bedeutend herausstellen.

Ich liste hier nur auf, was ich als möglich und wahrscheinlich ansehe, ohne zu werten oder zwischen wünschenswerten oder gefährlichen Entwicklungen zu unterscheiden.
Ich gehe davon aus, dass es zu einer Kombination all dieser Schritte kommen wird. Insofern, ich wiederhole mich, überraschen mich Gesetzesinitiativen wie die obige nicht.

In jedem Fall wird es deutliche Folgen für unsere Gesellschaft haben.

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