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von digitaldecoy » 30. Aug 2007, 09:52
@ Makx:
Wirklich schöne Concepts und das Production Painting finde ich auch ziemlich cool (wirklich schade, dass es noch nicht fertig ist). Also Production Paintings im Sinne von "wie könnte ein Screenshot dieses Spieles aussehen" werden tatsächlich auch in der Industrie gemacht. Hab erst letztens wieder an einem gearbeitet, das ich leider noch nicht zeigen darf. Gerade in der Vorproduktionsphase, wenn noch Investoren gesucht werden, sind solche Production Paintings wirklich ein mächtiges Instrument.
Und ich würde erst Mal jede kleine Skizze als Concept Art bezeichnen, sobald sie irgendeinen Sachverhalt klären und nicht für sich alleine stehen soll.
@ *miNze*:
Ist ja vielleicht gar nicht schlecht, da ein klares Vorbild zu haben, weil man dann auch gezielt auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten kann. Aber man sollte auch die Schwächen seiner Vorbilder erkennen und versuchen, diese vielleicht nicht unbedingt zu übernehmen.
Was Du zum Thema "kreativer Spielraum" schreibst, ist auch durchaus richtig. Man kann natürlich gewisse Details demjenigen überlassen, der am Ende ein Set oder ein 3D-Modell gestaltet. Allerdings muss man sich dann dem Risiko bewusst sein, dass das Endergebnis vielleicht nicht so wird, wie man sich das vielleicht selbst vorgestellt hat. Beispiel: Wenn jetzt ein Set-Designer Dein Mauerkonzept ausarbeitet, dann sucht er sich für die "Metal Parts" vielleicht glänzendes Chrom aus, wohingegen Du Dir vielleicht patinierte Bronze oder oxidiertes Eisen vorgestellt hättest. Gut, vielleicht willst Du dem anderen Artist diese Freiheit einräumen aber ich finde, man kann z.B. Form von Material/Texturen nicht wirklich trennen. Das würde ich auch bei Makxs grauen Concepts bemängeln - dass man Form eigentlich nicht von Farbe, Textur u.s.w. trennen kann. Zumindest meiner Meinung nach, sollte man als Vorlage immer das Gesamtbild gestalten, wo es Sinn macht.
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Concept Art ist derzeit sehr beliebt, weil immer mehr Firmen mit externen Dienstleistern zusammenarbeiten (und Concept Art darüber hinaus auch zu einem beliebten Marketingmaterial avanciert ist). Viele Firmen können sich eigene vollausgestattete Art Departments nicht leisten und besonders in östlichen Ländern sitzen Dienstleister, die recht günstig Assets herstellen. Kritisch ist bei der Zusammenarbeit mit externen Kräften allerdings immer die Kommunikation. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie unglaublich aufwendig die Kommunikation für die Art Direction wird, wenn man eine Liste mit 3000 Assets hat und zu jedem Asset eine Kritik geschrieben werden muss und neue Versionen dann mit alten verglichen werden müssen und dann noch Mal Änderungen anstehen und das bei 20 Assets paralell, die gerade in der Pipeline stecken. Da kommt die Concept Art ins Spiel, denn wenn man ein gutes Concept hat, dann kann man einfach sagen "es soll genau so aussehen und wir nehmen es erst ab, wenn es exakt so aussieht!". Ein "gutes" Concepts ist in diesem Fall ein Concept, in dem alles berücksichtigt ist, aus dem ein 3D-Modeller alle Informationen zur Geometrie, zur Texturierung und zu den Shadern ziehen kann. Für Sacred2 habe ich z.B. schon Concepts für einzelne Shader gemacht (Shader Ball gemalt und alle Effekte beschrieben), damit man das einfach rausgeben kann und die Chance groß ist, ein entsprechendes Ergebnis zurückzubekommen. Wenn man besonders findige externe Dienstleister erwischt, dann kann man sich oft eine Menge Arbeit in der Concept Art sparen. Das merkt man in der Regel sehr schnell, wie viel man vorgeben muss, damit man ein gutes Ergebnis zurückbekommt. Aber gerade die günstigeren Dienstleister, denen man natürlich auch gerne sehr viele Assets aus die Brust drückt, brauchen in der Regel sehr detaillierte Concepts.
Und die Arbeit lohnt sich tatsächlich! Noch vor ein paar Jahren wurden Concepts eher zögerlich gemacht, weil die 3D Artists ja sowieso "inhouse" waren und man denen über die Schultern gucken konnte. Warum einen reinen Concept Artist hinsetzen, der Assets malt, wenn die danach sowieso von jemandem "richtig gebaut" werden. Aber heute leben wir in Zeiten, wo ein großes Projekt gleich mehrere Art Directors hat, die den kompletten Tag damit verbringen, Assets anzuschauen, Mails zu schreiben und sich heiser zu telefonieren. Und da ist es halt viel einfacher zu sagen "mach's wie im Concept!" als "Irgendwie trifft das noch nicht so genau die Richtung, die wir uns vorstellen, ich glaube, Du musst da noch Mal dran ... irgendwie."
Assets werden ja auch immer komplexer. Vor fünf Jahren war man ja froh, wenn der kleine Haufen Polygone da auf dem Bildschirm auch nur annähernd an den Hauptcharakter des Spieles (dessen Look dann eben über das Cover oder ein Bild im Handbuch transportiert wurde) erinnert. Heute kann eine Spielfigur einen unglaublichen Detailgrad erreichen und wenn die Polys alle sind, macht man halt in der Normal Map weiter. Nicht auszudenken, man würde einen 3D-Artist "einfach Mal machen lassen". Gute Game Assets sind heute bis auf die letzte Schraube durchgestyled. Man schaue sich Mal den "Nano Suit" von Crysis an oder diverse Monster/Characters aus japanischen Rollenspielen. Deren Detailgrad ist so groß, dass man sie rein von der Zeit her nur effektiv in 2D gestalten kann, denn dort ist man ziemlich flexibel und kann schnell Änderungen vornehmen. Ich bin gespannt, welche Rolle ZBrush und Konsorten da in der Zukunft einnehmen werden, denn auch die sind sehr flexibel im Vergleich zu traditionellen 3D-Programmen. Aber unterm Strich kann man wohl sagen, dass Concept Artists im Moment goldenen Zeiten entgegengehen und wer das 2D-Medium beherrscht, wird sicher keine Probleme haben andere Leute für seine Fähigkeiten zu interessieren.
Puh, viel geschrieben, aber ist halt auch ein heißes Thema.